Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit des Verlustverrechnungsverbots gemäß § 15 Abs. 4 EStG
Leitsatz (redaktionell)
- Grds. kann ein Stpfl. die in einem Gewerbebetrieb entstandenen Verluste mit positiven anderen Einkünften ausgleichen oder im Wege des Verlustabzugs geltend machen.
- Davon ausgenommen sind Verluste aus gewerblicher Tierzucht oder gewerblicher Tierhaltung.
- Mit dem Ausgleichs- und Abzugsverbot des § 15 Abs. 4 EStG wird der Schutz der traditionellen Tierzucht und Tierhaltung auf ausreichenden landwirtschaftlichen Flächen bezweckt.
- Das Verlustverrechnungsverbot des § 15 Abs. 4 EStG ist verfassungsgemäß.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 4
Streitjahr(e)
1998
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob im Streitjahr 1998 aus gewerblicher Tierzucht bzw. Tierhaltung i. S. d. § 15 Abs. 4 EStG erzielte Verluste mit positiven Einkünften aus Gewerbebetrieb i. S. d. § 15 Abs. 1 verrechenbar sind.
Die verheirateten Kläger werden für das Kalenderjahr 1998 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist seit dem 01.07.1994 zu 66,13 % als Gesellschafter an der Firmengruppe A beteiligt, zu der verschiedene Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften gehören. Die Firmengruppe betreibt neben der Haltung von Zucht- und Mastputen auch Handel mit Puten, Putenküken, Bruteiern, sonstigen Putenerzeugnissen, Anlagen sowie Hilfs- und Verbrauchsstoffen für die Putenerzeugung und eine Putenbrüterei. Die Putenhaltung erfolgt durch Gesellschaften der Gruppe, die neben land- und forstwirtschaftlichen auch gewerbliche Einkünfte erzielen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Darstellung der Kläger im Schriftsatz vom 13.12.2007 (Bl. 15 ff. FGA) verwiesen.
Im Kalenderjahr 1998 war der Kläger u. a. Mitunternehmer i. S. d. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG der Firmen B oHG und C KG, jeweils ansässig in X. Aus seinen Beteiligungen erzielte der Kläger im Streitjahr Einkünfte aus Gewerbebetrieb i. S. d. § 15 Abs. 1 EStG in Höhe von 1.324.202 DM und Verluste aus gewerblicher Tierzucht bzw. Tierhaltung i. S. d. § 15 Abs. 4 EStG in Höhe von 1.593.987 DM (Anteil an der B oHG) und 877.928 DM (Anteil an der C KG), insgesamt einen Verlust in Höhe von 2.471.915 DM.
Die entsprechenden Bescheide über die einheitliche und gesonderte Feststellung sind bestandskräftig geworden. Einen Ausgleich der Verluste mit anderen positiven Einkünften beantragten die Kläger in der Einkommensteuererklärung nicht. Die Veranlagung erfolgte insoweit antragsgemäß. Aufgrund von Verlustvorträgen nach § 10d EStG setzte der Beklagte die Einkommensteuer mit Bescheid vom 05.07.2001 auf 0 € fest.
Nach einer Außenprüfung berücksichtigte der Beklagte lediglich geringere Verlustvorträge und änderte den Einkommensteuerbescheid 1998 durch Bescheid vom 19.07.2004. Gegen den geänderten Bescheid legten die Kläger Einspruch ein und begehrten den Ausgleich der gewerblichen Einkünfte mit den Verlusten aus § 15 Abs. 4 EStG. Der Beklagte wies den Einspruch nach weiteren Änderungen im Einspruchsverfahren, zuletzt durch Bescheid vom 07.12.2006, durch Entscheidung vom 18.10.2007 als unbegründet zurück.
Mit ihrer hiergegen erhobenen Klage begehren die Kläger weiterhin einen Verlustausgleich mit anderen positiven Einkünften. Zur Begründung tragen die Kläger im Wesentlichen vor, die Firmengruppe A, an der der Kläger beteiligt sei, erzeuge in der Hauptsache Eintagsküken für fremde Putenmäster und sei in geringem Umfang auch in eigener Putenmast tätig. Das Verbot der Verrechnung der Verluste aus der gewerblichen Tierhaltung sei grundrechtswidrig und besteuere den Kläger übermäßig. Das Verlustverrechnungsverbot sei im Jahr 1974 zum Schutz der deutschen Tierhaltung und der deutschen Landwirtschaft eingeführt worden. Sie sollte das Eindringen von Abschreibungsgesellschaften in den Zweig der Tierhaltung der Landwirtschaft verhindern, um so Wettbewerbsverzerrungen gegenüber der Landwirtschaft zu vermeiden. Diese Intention treffe im Fall der Firmengruppe des Klägers nicht zu, sondern verkehre sich ins Gegenteil. Betriebliches Ziel der Gruppe sei die Erzeugung von Elterntierhaltung zur Bruteiererzeugung, das Ausbrüten dieser Eier zu Mastküken, Verkauf der Mastküken und im eigenen Kapazitätsumfang die eigene Mast bis zur Schlachtreife. Die Gesamttätigkeit werde lediglich aufgrund betriebswirtschaftlicher Erfordernisse unter den verschiedenen Gesellschaften aufgeteilt. Dies zeige, dass die Firmengruppe nicht zu den Gesellschaften gehöre, die von § 15 Abs. 4 EStG erfasst werden sollten.
Demzufolge weise die gesetzliche Regelung eine Lücke auf, die unter Berücksichtigung des Gesetzeszwecks zu schließen sei. Folglich müsse im Streitfall eine Verlustverrechnung erfolgen.
Zudem sei im Hinblick auf die Rechtsprechung des BFH zur Verfassungsmäßigkeit der Mindestbesteuerung die Auslegung zu § 15 Abs. 4 EStG nicht gerechtfertigt. Die tatsächlichen Einkünfte des Klägers im Streitjahr 1998, die wirtschaftlich nur echte Verluste beinhalteten, hätten 1.018.115 DM betragen. Unter Berücksichtigung des Verre...