Entscheidungsstichwort (Thema)
Unternehmereigenschaft eines Fleischzerlegers. Einkommensteuer 1999 und Umsatzsteuer 1999 und 2000
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Fleischzerleger, der nach außen hin als Unternehmer auftritt, indem er seine Leistungen den Auftraggebern gegenüber auf eigenen Rechnungsvordrucken mit gesondertem Ausweis der Umsatzsteuer abrechnet und hinsichtlich der erzielten Umsatzerlöse Umsatzsteuervoranmeldungen beim Finanzamt einreicht, und der im Innenverhältnis zu seinen Auftraggebern Unternehmerinitiative entfaltet und Unternehmerrisiko trägt, indem er unter anderem Werkverträge selbst abschließt, die Höhe seiner Vergütung durch die erbrachte Leistung selbst bestimmen kann und keine Vergütung für Ausfallzeiten erhält, ist umsatzsteuerlich als Unternehmer anzusehen.
2. Ein Fleischzerleger kann trotz seiner Tätigkeit in einer Kolonne als selbstständig angesehen werden.
Normenkette
UStG 1999 § 2 Abs. 1
Tenor
1. Die Bescheide über Umsatzsteuer 1999 und 2000 vom 1. Februar 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29. November 2001 werden dahingehend geändert, dass Umsatzsteuer für 1999 auf DM 12.984,80 und für 2000 auf 9.443,60 festgesetzt wird.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist für den Kläger hinsichtlich seiner Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 7/6 des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger Sicherheit in gleicher Höhe vor der Vollstreckung leistet.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger Unternehmer im umsatzsteuerlichen Sinne ist.
Der Kläger ist gelernter Metzger und seit dem 1. Juli 1995 als Fleischzerleger tätig. Um seine Tätigkeit ausüben zu können, begibt er sich zu den Zerlegebetrieben und führt dort die entsprechenden Arbeiten aus. Für die erbrachten Leistungen erstellt er unter dem Briefkopf „Ausbein- und Zerlegearbeiten Sch., USt-IdNr.: A)” Rechnungen mit offenem Ausweis der Umsatzsteuer – USt – (vgl. z. B. Rechnung vom 20. Dezember 2000, Blatt 35 der Umsatzsteuer – USt-Akte). Für die Umsätze meldete er beim Beklagten USt an und begehrte die Berücksichtigung von Vorsteuer. Zudem ließ er durch seinen steuerlichen Vertreter jeweils einen Jahresabschluss erstellen, in dem der Gewinn durch eine Einnahmeüberschussrechnung ermittelt wurde. Der Beklagte hatte im Jahre 1998 beim Kläger eine Betriebsnahe Veranlagung (BNV) für die Jahre 1995 und 1996 durchgeführt und in dem Prüfbericht vom 2. November 1998 unter Punkt 2 festgestellt, dass der Kläger Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt habe. Für den Prüfungszeitraum werde die Selbständigkeit bzw. Unternehmereigenschaft nicht beanstandet (Blatt 65 der Akten über die BNV). Der Kläger reichte am 20. November 2000 die USt-Erklärung 1999 ein und erklärte USt von DM 16.200,64 sowei Vorsteuern von DM 3.215,79. Am 6. Dezember 2000 erließ der Beklagte einen Abrechnungsbescheid über USt unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, in dem er DM 12.984,80 als USt 1999 festsetzte.
Der Beklagte setzte mit den Bescheiden vom 1. Februar 2001 die USt 1999 auf 16.012 DM und die USt 2000 auf 15.270 DM fest, da er den Kläger ab 1999 nicht mehr als Unternehmer ansah. Sowohl in dem nach § 164 Abs. 2 Abgabenordnung – AO – geänderten Bescheid für 1999 als auch in dem Bescheid für 2000 wurde die USt wegen der in Rechnungen unberechtigt ausgewiesenen Steuerbeträge nach § 14 Abs. 3 UStG festgesetzt. Für 1999 führte die Versagung des vorher gewährten Vorsteuerabzugs zu einem Nachzahlungsbetrag in Höhe von 3.027,20 DM; für 2000 ergab sich unter Berücksichtigung der geleisteten Vorauszahlungen ein Nachzahlungsbetrag in Höhe von 5.826,40 DM. Die gegen diese Bescheide eingelegten Einsprüche hat der Beklagte mit der zusammengefassten Einspruchsentscheidung vom 29. November 2001 als unbegründet zurückgewiesen, wogegen sich die vorliegende Klage richtet. Am 2. Mai 2002 reichte der Kläger die USt-Jahreserklärung für das Jahr 2000 ein, in welcher USt von DM 15.309,60 und Vorsteuern von DM 5.827,57 erklärt wurden.
Der Kläger macht geltend, unverändert als selbständiger Fleischzerleger tätig zu sein. Er sei in die Handwerksrolle bei der Handwerkskammer eingetragen. Im Durchschnitt habe er drei bis vier Großaufträge pro Jahr, für die er ca. drei Monate benötige. In den Jahren 1996 bis 1998 sei er an 12 verschiedenen Orten, u.a. in L., B., N., W., D., H., Sch., K. (Ö.) und C., S., M. (Ö.) sowie B. tätig gewesen. In den Streitjahren sei er bei der O.R. AG in Bl. im Januar, Juni bis September 1999 sowie im Januar bis März 2000 an insgesamt 133 Tagen tätig gewesen. Für die D. F. F. GmbH in Bg. sei er von Februar bis Mai 1999 72 Tage, für die H. K. GmbH & Co Fleischhandels KG in Bl. von Oktober bis Dezember 1999 60 Tage sowie für das Kl. Zentrallager in N. insgesamt 138 Tage gearbeitet (vgl. im Einzelnen Aufstellung vom 13. April 2002, Blatt 50 der Akte). Er habe einen größeren Teil seiner Rücklagen aufbrauchen müssen, da er in 2000 an 71 Werktagen nicht täti...