Rz. 81
§ 3 Abs. 4 AO enthält eine Legaldefinition der in zahlreichen Vorschriften genannten "steuerlichen Nebenleistungen". Die Aufzählung der steuerlichen Nebenleistungen ist mehrfach erweitert und durch das Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens v. 18.7.2016 im Interesse der Übersichtlichkeit klarer strukturiert worden. Eine materielle Änderung ist damit nicht verbunden. Die Aufzählung des Abs. 4 ist abschließend, sodass etwa Zuschläge nach § 16 Abs. 3 REITG nicht erfasst werden. Durch das Gesetz v. 18.7.2016 wurden Zinsen, die in anderen Steuergesetzen geregelt, auf die aber §§ 238 und 239 AO anzuwenden sind, in den Begriff der steuerlichen Nebenleistungen einbezogen. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs soll dies lediglich der Klarstellung dienen. Diese Ergänzung gilt nach Art. 97 § 1 Abs. 11 EGAO für alle bei Inkrafttreten des Gesetzes, dem 1.1.2017, anhängigen Verfahren. Die Anwendung der AO-Vorschriften auf steuerliche Vorschriften regelt § 1 Abs. 3 AO.
Rz. 81a
In § 3 Abs. 4 Nr. 1 AO wurde die Angabe in "§ 146 Abs. 2c AO" geändert. In § 3 Abs. 4 Nr. 3 AO wurde die Anwendung auf § 162 Abs. 4 und 4a AO ausgedehnt. Diese Vorschrift gilt für alle Besteuerungszeiträume nach dem 31.12.2021.
§ 3 Abs. 4 Nr. 3a und Nr. 10 AO wurde durch das Umsetzungsgesetz v. 20.12.2022 geändert, wobei § 3 Abs. 4 Nr. 3a AO gem. Art. 97 § 37 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 EGAO grundsätzlich auf alle nach dem 31.12.2024 entstehenden Steuern und Steuervergütungen anzuwenden ist. § 3 Abs. 4 Nr. 10 AO ist auf alle am 1.1.2023 anhängigen Verfahren anzuwenden.
§ 3 Abs. 4 Nr. 4 AO wurde durch das Gesetz zur Modernisierung der Entlastung von Abzugsteuern und der Bescheinigung der Kapitalertragsteuer geändert und erfasst jetzt auch die nach dem EU-Recht zu erstattenden Steuern.
§ 3 Abs. 4 Nr. 7 AO wurde durch das AbzStEntModG (a. a. O.) an die aktuelle Gesetzesfassung angepasst.
§ 3 Abs. 4 Nr. 8, 9 und 10 AO wurde durch das Umsetzungsgesetz v. 20.12.2022 (a. a. O.) geändert, wobei § 3 Abs. 4 Nr. 10 AO auf alle am 1.1.2023 anhängigen Verfahren anzuwenden ist.
Rz. 82
Die in Abs. 4 genannten steuerlichen Nebenleistungen sind keine Steuern i. S. d. § 3 Abs. 1 AO. Dies folgt, soweit diese als Druckmittel die Stpfl. zu einem bestimmten Verhalten anhalten sollen (so die Verzögerungs- und Verspätungsgelder, Verspätungs- und Säumniszuschläge sowie Zwangsgelder) aus der insoweit fehlenden Einnahmeerzielungsabsicht.
Rz. 83
Die steuerlichen Nebenleistungen gehören gem. § 37 Abs. 1 AO zu den Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis. Soweit Erstattungszinsen zu zahlen sind, handelt es sich zwar ebenfalls um steuerliche Nebenleistungen und Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis. Diese Zinsen sind schon deshalb keine Steuern, weil sie seitens des Gemeinwesens zu leisten und nicht zu beanspruchen sind.
Rz. 84
In den Katalog des Abs. 4 sind auch Zinsen i. S. d. UZK (bzw. – bis 30.4. 2016 – des ZK) auf Einfuhrabgaben i. S. d. Art. 5 Nr. 20 UZK und auf Ausfuhrabgaben i. S. d. Art. 5 Nr. 21 UZK einbezogen. Dies sind Verzugszinsen gem. Art. 114 UZK (vormals Säumniszinsen, Art. 232 Abs. 1 b ZK), Kreditzinsen gem. Art. 112 Abs. 2 UZK (vormals Kreditzinsen gem. Art. 229 Abs. 1 b ZK) und Erstattungszinsen gem. Art. 116 Abs. 6 UZK (vormals Art. 241 ZK).
Rz. 85
Auch Bußgelder und Geldstrafen gehören, schon weil sie in Abs. 4 nicht berücksichtigt sind, nicht zu den steuerlichen Nebenleistungen, auch wenn sie wegen Steuerordnungswidrigkeiten oder Steuerstraftaten festgesetzt worden sind. Sie sind keine Abgaben, da sie nicht der Einnahmeerzielung, sondern der Ahndung von Ordnungsunrecht bzw. Straftaten dienen.