Rz. 20
Darüber hinaus regelt § 90 Abs. 1 S. 2 AO die Art und Weise der Mitwirkung. Der Beteiligte erfüllt seine Mitwirkungspflicht insbesondere durch vollständige und wahrheitsgemäße Offenlegung des für die Besteuerung maßgeblichen Sachverhalts. Eine den Grundsätzen des § 85 AO genügende Besteuerung setzt voraus, dass die Finanzbehörde genaue Kenntnis von den gesetzesausfüllenden Sachverhalten hat. Die Erklärung über die steuerlichen Verhältnisse ist nur dann ideale und zweckentsprechende Mitwirkung, wenn sie zu einer materiell richtigen Besteuerung führt. Nach dem das Ertragssteuerrecht prägenden Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit setzt dies die Erfassung sämtlicher die Leistungsfähigkeit abbildender Verhältnisse voraus. Vollständig ist der Sachverhalt also nur, wenn er alle für die Besteuerung bedeutsamen Angaben enthält, die aus dem Erkenntnisbereich des Beteiligten stammen. Was hierzu gehört, hat der Beteiligte nach bestem Wissen und Gewissen zu beurteilen. Ist er sich nicht sicher, ob ein Lebenssachverhalt für die Besteuerung relevante Elemente enthält, so hat er ggf. nachzufragen.
Rz. 21
Das Gebot der vollständigen Offenlegung kann auch eine Ergänzungs- und Klarstellungspflicht auslösen, wenn sich im Nachhinein neue Tatsachen oder Zusammenhänge ergeben, die Einfluss auf die finanzbehördliche Entscheidung haben können. In welchem Umfang dies zu geschehen hat, entscheidet die Finanzbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen. Letztlich grenzt die Finanzbehörde im Rahmen ihres nach § 88 AO auszuschöpfenden Ermittlungsermessens den Umfang der mitzuteilenden Tatsachen ein. Diesen überschreitende Angaben sind überobligatorisch und nicht in Erfüllung der nach § 90 AO bestehenden Mitwirkungspflicht gemacht. Damit aber hat der Stpfl. selbst dann Angaben zum Sachverhalt zu machen, wenn diese bestimmt sind, eine von ihm als falsch angesehene Rechtsauffassung zu unterlegen.
Rz. 22
Der Beteiligte kommt seiner Mitwirkungspflicht nur nach, wenn er die steuererheblichen Tatsachen wahrheitsgemäß offen legt. Dies ist Ausdruck des im Steuerrecht allgemein geltenden Grundsatzes der Wahrheitspflicht. Spezieller normiert ist dieser Grundsatz u. a. in den §§ 93 Abs. 3 S. 1, 94 Abs. 1 S. 1, 95 Abs. 3 S. 2, 150 Abs. 2 S. 1 und § 154 AO. Wahrheitsgemäß ist die Angabe, wenn sie nach bestem Wissen und Gewissen des Beteiligten nichts Unwahres enthält, nichts Maßgebendes auslässt oder nichts Falsches dem Wahren hinzufügt. Die Wahrheitspflicht bezieht sich auf Tatsachen, nicht auf Rechtsauffassungen. Letztere können nicht wahr oder unwahr, sondern nur richtig oder falsch sein.