Rz. 3
Nach § 132 Abs. 2 BewG unterbleibt die gesonderte Feststellung eines Einheitswerts 1935 für Grundstücke im Beitrittsgebiet wenn es sich um Mietwohngrundstücke i.S. des weiter anzuwendenden § 132 Abs. 1 Nr. 1 RBewDV oder Einfamilienhäuser handelt und der Einheitswert nur für die Festsetzung der Grundsteuer erforderlich wäre (siehe zu § 32 RBewDV § 129 BewG Rz. 96 ff.).
Für diese Grundstücke wird der Einheitswert nachträglich festgestellt, wenn er erstmals für die Festsetzung anderer Steuern als der Grundsteuern erforderlich ist.
Rz. 4
Die Festsetzung des Einheitswert für ein im Beitrittsgebiet gelegenes Mietwohngrundstück oder Einfamilienhaus ist für die Festsetzung anderer Steuern als für die Grundsteuer geboten, wenn beispielsweise ein für die Festsetzung der anderen Steuer zuständiges Finanzamt um die Festsetzung nachsucht, um den Kürzungsbetrag nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG berechnen zu können.
Rz. 5
Das anfordernde und nicht das Lagefinanzamt (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 AO) entscheidet, ob die Feststellung des Einheitswerts als Grundlage für die Steuerfestsetzung erforderlich ist, und zwar nicht durch eine selbständig anfechtbaren Verwaltungsakt, sondern durch den verwaltungsinternen Vorgang der Anforderung der Einheitswertfeststellung beim Lagefinanzamt. Wird das Lagefinanzamt zur Einheitswertfeststellung aufgefordert, kann und muss es regelmäßig ohne weitere Prüfung davon ausgehen, dass die Feststellung des Einheitswerts i.S. des § 132 Abs. 2 Satz 2 BewG erforderlich ist. Anders kann es sich allenfalls dann verhalten, wenn die Anforderung der Einheitswertfeststellung "vollkommen aus der Luft gegriffen und damit willkürlich" ist.
Rz. 6
Aus den gleichlautenden Erlassen der Länder Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen vom 20.11.1990 folgt nichts Gegenteiliges. Nach dem dortigen Abschnitt 3.1.2 Abs. 3 sind zwar für Mietwohngrundstücke und Einfamilienhäuser von Wohnungsunternehmen trotz der Zurechnung zum Betriebsvermögen – von wenigen Ausnahmen abgesehen – keine Einheitswerte nachträglich festzustellen. In den Erlassen wird dazu unter anderem darauf hingewiesen, dass bei der Gewerbeertragssteuer statt der Kürzung von 1,2 % des Einheitswerts der Betriebsgrundstücke auf Antrag der Teil des Gewerbeertrags von der Steuerpflicht ausgenommen wird, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt (§ 9 Nr. 1 Satz 3 ff. GewStG). Die Erlasse gehen aber nicht auf den Fall ein, dass die Voraussetzung dieser Vorschrift nicht erfüllt sind oder der Steuerpflichtige den darin vorgeschriebenen Antrag nicht stellt, daher die Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG vorzunehmen ist und das für die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags zuständige Finanzamt deshalb das Lagefinanzamt zur Feststellung des Einheitswertes auffordert. Die Finanzverwaltung hat dazu später bestimmt, dass die Bemessungsgrundlage für die Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG nur im Vorgriff auf die Ermittlung des Einheitswerts geschätzt werden darf., dass mit anderen Worten also der Einheitswert als Grundlage für die Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG festgestellt werden muss.
Rz. 7
Eine Nachfeststellung der Einheitswerte ist auch vorzunehmen, wenn bei den Mietwohngrundstücken oder Einfamilienhäusern die Voraussetzungen wegfallen, die eine Erhebung der Grundsteuern nach der Ersatzbemessungsgrundlage nach § 42 GrStG rechtfertigt. Diese Situation kann eintreten, wenn sich die bauliche Gestaltung oder Nutzung so ändert, dass das Grundstück nicht mehr als Mitwohngrundstück oder Einfamilienhaus zu werten ist. Dann ist das Grundstück als Geschäftsgrundstück, gemischt genutztes Grundstück oder sonstiges bebautes Grundstück zu bewerten. Im Abrissfall ist das Grundstück dann als unbebautes Grundstück zu bewerten.
Rz. 8
Nach § 32 RBewDV, der im Rahmen der Einheitsbewertung für Grundbesitz im Beitrittsgebiet weiter gilt (§ 129 Abs. 2 Nr. 2; s. § 129 BewG Rz. 96 ff.), genügt es, wenn mehr als 80 % des Gebäudes Wohnzwecken dient.