Dipl.-Finw. (FH) Gerhard Bruschke
A. Inhalt der Vorschrift
Rz. 1
Die Vorschrift des § 161 BewG, die durch das Erbschaftsteuerreformgesetz neu in das Bewertungsgesetz eingefügt worden ist, bestimmt den Bewertungsstichtag für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb, ohne in Abs. 1 konkret auf einen bestimmten Zeitpunkt abzustellen. Lediglich in Abs. 2 wird ein genauer Zeitpunkt der Bewertung genannt.
Rz. 2
Im gleich lautenden Erlass der obersten Finanzbehörden der Länder zur Umsetzung des Gesetzes zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts v. 1.4.2009 und R B 161 ErbStR 2019 sind jedoch Hinweise auf die Bestimmung des Stichtages enthalten. Hieraus ist ersichtlich, dass sich der Bewertungsstichtag nach den Regelungen des ErbStG richtet.
Rz. 3
Der Zweck der Vorschrift ist darin zu sehen, einen für alle Bewertungsfälle einheitlich geregelten Stichtag zu bestimmen, auf den die Grundbesitzwerte festzustellen sind (§§ 151 Abs. 1 Nr. 1, 157 Abs. 1 BewG). Allerdings ist dies im § 161 BewG nicht umfassend gelungen; bei forstwirtschaftlichen Nutzungen oder bei gärtnerischen Nutzungen sind nämlich abweichende Bestimmungen in den §§ 172 und 174 BewG enthalten. Dies lässt sich allerdings aus den Besonderheiten dieser Bewirtschaftungsarten erklären.
Rz. 4– 6
Einstweilen frei.
B. Allgemeiner Bewertungsstichtag
Rz. 7
Nach § 161 Abs. 1 BewG sind für die Größe des Betriebs, für den Umfang und den Zustand der Gebäude sowie für die stehenden Betriebsmittel die Verhältnisse am Bewertungsstichtag maßgebend. Der Bewertungsstichtag bestimmt sich dabei nach dem Zeitpunkt der Entstehung der Erbschaft- oder Schenkungsteuer. Dies ergibt sich eindeutig aus § 11 ErbStG. Die Entstehung der Erbschaft- oder Schenkungsteuer wiederum ergibt sich aus den §§ 9 und 12 Abs. 3 ErbStG.
Rz. 8
Die Erbschaft- oder Schenkungsteuer entsteht zu dem in § 9 ErbStG bestimmten Zeitpunkt. Bei einem Erwerb von Todes wegen ist dies im Regelfall der Tag des Todes des Erblassers. Bei einer Schenkung unter Lebenden entsteht die Steuer regelmäßig mit dem Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung. Eine Zuwendung gilt als ausgeführt, wenn Besitz, Nutzen und Lasten auf den Empfänger der Zuwendung übergegangen sind. Bezüglich der Besonderheiten wird auf die Kommentierung zu § 9 ErbStG verwiesen.
Rz. 9
Im Ergebnis entspricht dieses Verfahren den Regelungen zur bis zum 31.12.2008 auch für die Erbschaft- und Schenkungsteuer maßgebenden Bedarfsbewertung (vgl. dazu § 142 BewG Rz. 48 f., die sich wiederum sinngemäß an den Regelungen zur Einheitsbewertung (vgl. § 35 BewG) orientiert.
Rz. 10– 12
Einstweilen frei.
C. Besonderer Bewertungsstichtag
Rz. 13
§ 161 Abs. 2 BewG bestimmt den besonderen Bewertungsstichtag bei umlaufenden Betriebsmitteln (§§ 158 Abs. 3 Nr. 4, 170 BewG). Abweichend von der Regelung des § 161 Abs. 1 BewG wird dabei auf die Bestände zum Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres abgestellt. Auch diese Regelung entspricht der bei der Bedarfsbewertung und der Einheitsbewertung anzuwendenden Rechtslage.
Rz. 14
Der Sinn der Regelung ist darin zu sehen, dass am Schluss des dem Bewertungsstichtag vorangegangenen Wirtschaftsjahres in der Regel nur solche umlaufenden Betriebsmittel vorhanden sind, die zur ordnungsgemäßen Bewirtschaftung benötigt werden. Dies erleichtert die Ermittlung der umlaufenden Betriebsmittel und die Abgrenzung der Überbestände.
Rz. 15
Allerdings setzt auch die Vorschrift des § 161 Abs. 2 BewG voraus, dass zuvor der reguläre Bewertungsstichtag nach Abs. 1 ermittelt wird. Dieser bestimmt dann das Wirtschaftsjahr, dessen Endbestände für die Bewertung maßgebend sind.
Rz. 16
Da die Vorschrift als zwingendes Recht ausgebildet ist, besteht hier kein Wahlrecht. Folglich kann auch dann kein abweichender Wert angesetzt werden, wenn sich seit dem Ende des maßgebenden Wirtschaftsjahres der Bestand an umlaufenden Betriebsmitteln verringert hat.
Rz. 17
Die Bestimmung des Wirtschaftsjahres richtet sich nach den ertragsteuerlichen Regelungen und damit nach der Art der Bewirtschaftung. ...