Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuerabzugsbeschränkung für auch privat genutztes Fahrzeug (hier: Jaguar), umsatzsteuerliche Anforderungen an ein „ordnungsgemäßes Fahrtenbuch” als Nachweis einer unter 5 % liegenden Privatnutzung
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Anwendung von § 15 Abs. 1b UStG 1999 – Beschränkung des Vorsteuerabzugs für auch privat verwendete Fahrzeuge – im Jahr 2002 ist nicht gemeinschaftsrechtswidrig.
2. Die Billigkeitsregelung der Finanzverwaltung, wonach die Vorsteuerabzugsbeschränkung bei einer nichtunternehmerischen Nutzung des Fahrzeugs von höchstens 5 % nicht anzuwenden war, kann vom Unternehmer nicht beansprucht werden, wenn er als Nachweis nur ein Fahrtenbuch vorlegt, das nicht den ertragsteuerlich geltenden Anforderungen an ein „ordnungsgemäßes Fahrtenbuch” genügt. Ein Fahrtenbuch ist nicht ordnungsgemäß, wenn z.B. Kunden oder Geschäftspartner nicht immer aufgezeichnet sind, der Gegenstand der Dienstreise vielfach nur ansatzweise zu erkennen ist oder Teilabschnitte einer einheitlichen beruflichen Reise nicht kenntlich gemacht sind.
3. Für die Frage, wie ein Fahrtenbuch für umsatzsteuerliche Zwecke eine sowohl privat als auch beruflich veranlasste Fahrt (gemischte Fahrtstrecken bzw. gemischte Zwecke) ausweisen muss, ist nicht auf § 12 Nr. 1 EStG abzustellen. Eine betrieblich/beruflich veranlasste Fahrt kann dann in vollem Umfang als nicht privat veranlasst in einem Fahrtenbuch aufgezeichnet werden, wenn lediglich beiläufig private Handlungen mitbesorgt werden (Beispiel: Kauf von Backwaren während einer betrieblichen Fahrt). Wird eine Fahrt jedoch unternommen, um betriebliche/berufliche und private Angelegenheiten gleichermaßen oder private Besorgungen vordringlich zu erledigen, muss zwangsläufig eine Aufteilung nach dem Grad der betrieblichen und privaten Veranlassung vorgenommen werden. Dies kann erforderlich sein, wenn der Fahrer (und Unternehmer) selbst private Angelegenheiten auf einer gemischten Fahrt besorgt. Es kann aber auch notwendig sein, wenn er Dritte für deren private Zwecke mitnimmt.
Normenkette
UStG 1999 § 15 Abs. 1b; EStG § 12 Nr. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Tatbestand
Umstritten ist, ob der Beklagte zu Recht für das Kalenderjahr 2002 auf der Grundlage des § 15 Abs. 1b des Umsatzsteuergesetzes 1999 in der damals geltenden Fassung lediglich 50 v. H. der Vorsteuer für den Pkw des Klägers (Marke Jaguar) anerkannt hat.
Der Kläger arbeitete im Kalenderjahr 2002 als Einzelunternehmer und firmierte unter „X”. Darüber hinaus war er als Unternehmensberater tätig. Bis Juni 2002 betrieb er nach eigenen Angaben sein Unternehmen am XX in A-Stadt. Geplant war, in der YY in B-Stadt ein Geschäftslokal anzumieten. Nach Angaben des Klägers durften die angemieteten Räumlichkeiten jedoch nicht gewerblich genutzt werden, so dass er lediglich Möbel in den Räumlichkeiten untergestellt hatte. Im Mai/Juni des Kalenderjahres 2002 zog der Kläger mit seiner Ehefrau nach C-Stadt um, um sein Geschäft vorwiegend vom privaten W ohnhaus zu betreiben.
Im Kalenderjahr 2002 war der Kläger vorwiegend mit der Beratung der Z-GmbH und der D-GmbH betraut, die ihren Geschäftssitz jeweils in der YYx und YYe in B-Stadt hatten. Daneben besuchte der Kläger an der X-Schule in D-Stadt und E-Stadt einen Studiengang für Psychotherapie.
Im Streitjahr 2002 verfügten der Kläger und seine Ehefrau über einen Pkw der Marke „Jaguar”. Über die Nutzung führte der Kläger Fahrtenbücher. Er legte insoweit ein Fahrtenbuch vor, das für die Zeit 11. Februar bis 27. Juli 2002 Angaben über den Km-Stand zu Beginn und am Ende einer Fahrt, die gefahrenen Kilometer, den Zweck der Fahrt sowie das Fahrtziel aufwies. Das weiter vorgelegte Fahrtenbuch vom 29. Juli 2002 bis 11. August 2003 enthält Angaben über den Km-Stand nach Fahrtende, die gefahrenen Kilometer sowie Ziel und Zweck der Fahrt. Neben den Fahrten zur X-Schule – die Ausbildungsmaßnahme erklärte der Kläger in seiner Steuererklärung 2002 als Sonderausgaben – finden sich in den Fahrtenbüchern kürzere Fahrten zur Bank, zur Post (50 bis 104 Km) oder zum Baustoffhändler in F-Stadt (zwischen 141 und 216 Km). Sämtliche in den Fahrtenbüchern enthaltenen Fahrten hat der Kläger als betriebliche Fahrten ausgewiesen.
Der Kläger erklärte in seiner Umsatzsteuererklärung für das Kalenderjahr 2001 im August 2003 lediglich Vorsteuern i. H. v. 8.857,79 Euro, mit berichtigter Erklärung vom 21. April 2004 hingegen Umsätze i. H. v. 28.635,50 Euro. Die Vorsteuern enthielten auch einen Betrag i.H.v. 5.435,60 Euro für den Pkw der Marke Jaguar.
Am 20. September 2004 erließ der Beklagte den Umsatzsteuerbescheid 2002, in dem er die Umsatzsteuer i. H. v. ./. 827,53 Euro festsetzte. Auf den Einspruch des Klägers erließ er am 9. August 2005 eine Einspruchsentscheidung, in der er nunmehr die Umsatzsteuer i. H. v. ./. 891,09 Euro festsetz...