Dietrich Weilbach, Birthe Kramer
Rz. 4
Die §§ 5 und 6 GrEStG enthalten Steuerbefreiungen für Rechtsvorgänge, die auf den Übergang eines Grundstücks zwischen einer Gesamthand und den an der Gesamthand beteiligten Personen gerichtet sind. Für Erwerbsvorgänge von oder durch juristische Personen sind die Befreiungsvorschriften der §§ 5 und 6 GrEStG nicht anwendbar (BFH v. 15.12019, II R 39/16 BFH/PR 2019, 195, auch BFH v. 25.9.2013, BFH NV 2014, 275; zu verfassungsrechtlichen Belangen siehe BFH v. 9.4.2008, II R 32/06, BFH/NV 2009, 1526).
Die Anwendung des § 5 GrEStG ist nicht nur auf den Übergang eines Grundstücks auf eine Gesamthand beschränkt. Sie findet vielmehr ebenfalls Anwendung, wenn der Gesellschafter kein Grundstück, sondern mindestens 90 % der Anteile an einer grundbesitzenden (Kapital-)Gesellschaft in eine Personengesellschaft einbringt (vgl. BFH v. 16.1.2002, II R 52/00, BFH/NV 2002, 1053). Wegen § 1 Abs. 3 GrEStG gilt dies als Übertragung eines Grundstücks, d. h. als Rechtsträgerwechsel, obwohl dies nicht mit der zivilrechtlichen Einordnung korrespondiert; denn Eigentümerin des Grundstücks bleibt nach wie vor die Gesellschaft.
Gesellschafter A ist zu 98 % an der grundbesitzenden A-GmbH beteiligt und bringt diese in eine GmbH & Co. KG ein, an der er zu 100 % beteiligt ist. Der Vorgang unterliegt wegen § 5 Abs. 2 GrEStG nicht der Grunderwerbsteuer.
Nicht begünstigt ist hingegen der Erwerb, wenn lediglich eine mittelbare Zurechnung von Anteilen an einer Gesamthand erfolgt.
Die A-GmbH ist ausschließlich an der Tochter B-GmbH, diese an der grundbesitzenden (Enkelin) E-GmbH beteiligt. Bringt nunmehr die A-GmbH ihre Anteile an der B-GmbH in eine neue GmbH & Co. KG ein, findet § 5 Abs. 2 GrEStG keine Anwendung.
Keine Anwendung finden die Begünstigungsnormen, wenn eine Anteilsvereinigung gem. § 1 Abs. 3 Nr. 1 oder Nr. 2 GrEStG in Person einer Gesamthand vorliegt (BFH v. 2.4.2008, II R 53/06, BFH/NV 2008, 1268). Die Vorschriften in §§ 5, 6 GrEStG sind als Ausnahmeregelungen restriktiv auszulegen. Die übertragende Umwandlung kann nicht von §§ 5, 6 GrEStG (analog) begünstigt werden (BFH v. 9.4.2008, II R 32/06, BFH/NV 2008, 1526). Nicht begünstigt (nach § 5 Abs. 2 GrEStG) sind Umwandlungsvorgänge (Verschmelzung, Aufspaltungen, Abspaltungen) unter Beteiligung von Kapitalgesellschaften oder eingetragenen Genossenschaften als übertragende Rechtsträger und Personenhandelsgesellschaften (OHG, KG) als übernehmende Rechtsträger.
Die Begünstigung nach § 5 Abs. 1 und Abs. 2 GrEStG verlangt, dass der Gesamthand als Erwerber entweder ein an ihr beteiligter Miteigentümer (Abs. 1) oder ein an ihr beteiligter Alleineigentümer (Abs. 2) als Veräußerer gegenübersteht. Als veräußernde Miteigentümer kommen dabei sowohl natürliche, als auch juristische Personen in Betracht, nicht aber Gesamthandsgemeinschaften. Bei Gesamthandsgemeinschaften als veräußerernde Mit- oder Alleineigentümer findet § 5 Abs. 1 und 2 GrEStG keine Anwendung, weil ein Grundstücksübergang zwischen zwei Gesamthandsgemeinschaften ausschließlich nach § 6 Abs. 3 GrEStG zu beurteilen ist (vgl. BFH v. 24.9.1985, II R 65/83, BStBl II 1985, 714; siehe hierzu auch § 6 GrEStG Rz. 12ff.).
Rz. 5
Gesamthandseigentum liegt vor, wenn die Beteiligten in ihrer Gesamtheit die Berechtigten sind und über ihren Anteil an dem gemeinschaftlichen Gegenstand nicht verfügen können (§ 719 BGB).
Miteigentum nach Bruchteilen liegt dagegen vor, wenn jeder Berechtigte über seinen Bruchteil verfügen kann, während eine Verfügung über den gemeinschaftlichen Gegenstand im Ganzen nur durch die Berechtigten gemeinschaftlich erfolgen kann (§§ 741 ff., §§ 1008 ff. BGB).
Die §§ 5 und 6 GrEStG sind insbesondere für folgende Gesellschaften bzw. Gemeinschaften von Bedeutung (vgl. hierzu auch Rz. 2):
- Offene Handelsgesellschaft (§§ 105ff. HGB);
- Kommanditgesellschaft (§§ 161ff. HGB);
- Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (§§ 75ff. BGB);
- eheliche und fortgesetzte Gütergemeinschaft (§§ 1438, 1442, 1471 BGB);
- Erbengemeinschaft (§§ 2032ff. BGB);
Partnerschaftsgesellschaft (§ 1 PartGG).
Vorsicht geboten ist indes, wenn zur Körperschaftsbesteuerung optiert wird, was das KöMoG ermöglicht. Denn die Neuregelung in § 5 Abs. 1 GrEStG sieht für diese Fälle vor, dass die Begünstigung in diesen Fällen nicht zur Anwendung kommt, es sei denn, die Ausübung der Option liegt länger als 10 Jahre zurück und die jeweilige Beteiligung an der Gesmthand besteht ebenfalls länger als 10 Jahre. Das Gleiche gilt auch für den Anwendungsbereich von § 5 Abs. 2 GrEStG.
Zur Anwendung der §§ 5 und 6 GrEStG auf ausländische Gesellschaften siehe Rz. 1. Die Vergünstigungen des § 5 GrEStG sind auch auf ausländische Gesellschaften anzuwenden. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass es sich dabei um Gesellschaften handelt, die einer inländischen Gesamthand vergleichbar sind (vgl. Rz. 13).
Rz. 6
Der Übergang von Grundstücken zwischen den Gemeinschaften i. S. v. d (Gütergemeinschaft) und e (Erbengemeinschaft) und ihren Gemeinschaftern kann bereits nach § 3 ...