Die Berliner Koalitionspartner von Union und FDP haben ihren Steuerkompromiss gefunden - nun müssen sie den Rest des Landes davon überzeugen.

Viele Bürger hatten sich zuletzt skeptisch gezeigt, auch in den Ländern gab es Widerstand gegen Steuersenkungen.

Die Spitzengremien der Bundesparteien werden in ihren Sitzungen heute den Steuerkompromiss der Regierungskoalition unter die Lupe nehmen. CDU, CSU und FDP hatten am Sonntagabend nach zähem Ringen ein Gesamtpaket für mehr Wachstum und eine Steuerentlastung von sechs Milliarden Euro beschlossen. Sie sind bei der Umsetzung aber auf die Unterstützung der Länder angewiesen

Mehrere CDU-Ministerpräsidenten hatten im Vorfeld Widerstand gegen Steuersenkungen angekündigt. Die SPD drohte mit einem Gang zum Verfassungsgericht. Die Schuldenbremse sehe vor, dass konjunkturell bedingte Steuermehreinnahmen zur Reduzierung des Staatsdefizits verwendet werden müssten, argumentierte Parteichef Sigmar Gabriel in der "Bild am Sonntag".

Nach den Beschlüssen der schwarz-gelben Koalition sollen Steuerfreibeträge in zwei Stufen angehoben werden, um gezielt Arbeitnehmern mit geringem Einkommen finanziell mehr Luft zu verschaffen. Ab 2013 soll der steuerliche Grundfreibetrag (Existenzminimum) angehoben werden - das müsste die Regierung aber ohnehin bis 2014 tun. Dies kostet Bund und Länder jeweils zwei Milliarden Euro.

Bei der Abmilderung der "kalten Progression" - Lohnerhöhungen werden bei starker Inflation vom Fiskus größtenteils wieder aufgefressen - will der Bund 2,2 Milliarden Euro alleine tragen. Hier ist offen, ob die Länder im Bundesrat mitziehen werden.

Der Beitrag zur Pflegeversicherung soll 2013 um 0,1 Prozentpunkte angehoben werden. Dies bringt rund 1,1 Milliarden Euro mehr in die Kasse. Bislang liegt der Beitragssatz bei 1,95 Prozent, für Kinderlose sind es 2,2 Prozent. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) betonte, das Geld solle insbesondere für die Versorgung von Demenzkranken verwendet werden. Für die künftige Vorsorge im Pflegefall sollen die Versicherten freiwillig individuell nach dem Modell der Riester-Rente sparen. Die FDP-Forderung nach einer obligatorischen Zusatzversicherung ist damit vom Tisch.

Gegen den Willen der Liberalen drückte die CSU das im Koalitionsvertrag bereits vorgesehene Betreuungsgeld für Eltern durch, die für ihre Kleinkinder keine Krippe in Anspruch nehmen und sie selbst betreuen. Ab 2013 erhalten sie monatlich 100 Euro im zweiten Lebensjahr des Kindes. Ab 2014 gibt es 150 Euro für das zweite und dritte Lebensjahr des Kindes.

Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) erhält schon im nächsten Jahr eine Milliarde Euro mehr für die Verkehrsinfrastruktur. Bei der Zuwanderung wird die Einkommensgrenze von 66.000 auf 48.000 Euro gesenkt, um mehr ausländische Experten zur Bekämpfung des Fachkräftemangels ins Land zu holen.

Vor dem Hintergrund der Euro-Schuldenkrise und größerer Risiken für das Wachstum betonte Merkel, Deutschland müsse Stabilitätsanker in Europa bleiben. Sie unterstrich, dass die Sanierung der Haushalte Vorrang habe und die Schuldenbremse im Grundgesetz eingehalten werde. Unter dem Strich lasse die Koalition "ein Stück weit mehr Gerechtigkeit walten" - insbesondere bei den Steuern.