Erstattungszinsen in den sog. Bauträgerfällen
Wer schuldet die Umsatzsteuer?
Noch mal zur Erinnerung: Es geht um die Frage, wer die Umsatzsteuer für eine Bauleistung schuldet, die von einem Bauunternehmer (Bauleistender) an einen Bauträger (Leistungsempfänger) erbracht wird. Früher ging die Finanzverwaltung davon aus, dass der Bauträger als Leistungsempfänger die Umsatzsteuer nach § 13b UStG schuldet (Reverse-Charge-Verfahren). Diese Sichtweise wurde durch eine Entscheidung des BFH (Urteil v. 22.8.2013, V R 37/10) auf den Kopf gestellt. Jetzt schuldete regelmäßig der Bauleistende die Umsatzsteuer; die Finanzverwaltung schloss sich der BFH-Rechtsprechung an. Später wurde allerdings eine gesetzliche Regelung geschaffen, die die alte Rechtslage (weitestgehend) wieder herstellte.
Problematische Altfälle: Bauträger fordern Umsatzsteuer zurück
Problematisch waren jetzt die Fälle, in denen aufgrund der BFH-Rechtsprechung – anders als von den Beteiligten bei Vertragsabschluss angenommen – nun der Bauleistende die Umsatzsteuer schuldete. Für diese Fälle wurde im Rahmen der gesetzlichen Neuregelung mit § 27 Abs. 19 UStG eine Übergangsregelung eingeführt, die den Vertrauensschutz (§ 176 AO) aushebelt und dem Finanzamt dadurch eine rückwirkende Steuerfestsetzung gegen den Bauleistenden ermöglicht. Dies geschah auch vor dem Hintergrund, dass viele Bauträger die von ihnen gezahlte „§ 13b-Steuer“ vom Finanzamt zurückforderten (ggf. inklusive attraktiver Erstattungszinsen nach § 233a AO).
Umstrittene Übergangsregelung
Es war von Anfang an umstritten, ob § 27 Abs. 19 UStG verfassungsgemäß ist. Der BFH hatte im AdV-Beschluss vom 27.1.2016 (V B 87/15) eine analoge Anwendung von § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG ins Spiel gebracht. Die auf Umsatzsteuerrecht spezialisierte Kanzlei KMLZ aus München weist in ihrem Newsletter 15/2017 darauf hin, dass die Steuerfestsetzung gegen den Bauleistenden dann erst in dem Besteuerungszeitraum zulässig wäre, in dem der Bauleistende den Steuerbetrag vom Bauträger vereinnahmt. Dementsprechend hätte der Bauträger auch erst für diesen Besteuerungszeitraum Anspruch auf Erstattung der Umsatzsteuer vom Finanzamt und würde keine Erstattungszinsen erhalten.
Keine analoge Anwendung von § 17 UStG
In seiner am 5.4.2017 veröffentlichten Entscheidung (V R 16, 24/16) hat der BFH die Regelung des § 27 Abs 19 UStG grundsätzlich bestätigt. Allerdings setzt er voraus, dass der Bauleistende einen abtretbaren Anspruch auf Zahlung der gesetzlich entstandenen Umsatzsteuer gegen den Bauträger hat. Die noch im AdV-Verfahren vorgebrachte Idee einer analogen Anwendung von § 17 UStG verfolgt der BFH in der aktuellen Entscheidung nicht weiter ("Auf eine mögliche Anwendung von § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG [..] kommt es somit nicht an."). Ob es endgültig dabei bleibt, könnte sich im Revisionsverfahren V R 6/17 entscheiden.
Was passiert mit den Erstattungszinsen bei den Bauträgern?
Thomas Streit von der Kanzlei KMLZ rechnet damit, dass jetzt wieder Bewegung in die Rückabwicklung der Bauträgerfälle kommt. Die BFH-Entscheidung sei zwar auf Seite des Bauleistenden ergangen, lasse jedoch auch Rückschlüsse auf die Behandlung beim Bauträger zu. Wenn die Steuerfestsetzung für den Bauleistenden rückwirkend ins Jahr 2012 möglich ist, sei es systematisch stimmig, dem Bauträger einen Erstattungsanspruch auch rückwirkend für diesen Besteuerungszeitraum zuzuerkennen. In der Folge würde dem Bauträger neben der Steuererstattung auch eine Verzinsung zustehen, während beim Bauleistenden gem. BMF-Schreiben vom 31.7.2014 (Haufe Index 7186195) keine Zinsen anfallen. Streit rät daher den Bauträgern, an ihren Erstattungsanträgen festzuhalten.
Hinweis: Derzeit lehnt die Verwaltung allerdings Anträge von Bauträgern auf Zinsfestsetzung wg. Treu und Glauben als unbegründet ab (vgl. Bayerisches Landesamt für Steuern, Verfügung v. 23.2.2017, S 7279.1.1-21/70 St 33, nicht veröffentlicht, Tz. 2.2).
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