Erweiterte steuerliche Berichtigungspflicht (§ 153 Abs. 4 AO)

Seit 2025 bestehen neue Mitwirkungspflichten. Werden Feststellungen aus der Außenprüfung umgesetzt, müssen Steuerpflichtige prüfen, inwieweit sich Auswirkungen auf nicht geprüfte Steuerarten ergeben. Ggf. müssen Steuererklärungen korrigiert werden, um strafrechtliche Konsequenzen zu vermeiden.

Der Gesetzgeber hat die Berichtigungspflicht nach § 153 AO erweitert. Steuerpflichtige müssen nicht mehr nur Steuererklärungen berichtigen, wenn sie nachträglich erkennen, dass Erklärungen unrichtig oder unvollständig waren. Ab dem 1. Januar 2025 ist die erweiterte Berichtigungspflicht nach § 153 Abs. 4 Abgabenordnung anwendbar. Eingeführt wurde die neue Regelung durch das DAC7-UmsetzungsG. Sie bezweckt, Anschlussprüfungen zu beschleunigen (BT-Drs. 20/3436, S. 87), also die Betriebsprüfung zu entlasten – zu Lasten des Steuerpflichtigen.

Gemäß § 153 Abs. 4 AO müssen Steuererklärungen berichtigt werden, wenn nach einer Außenprüfung ein bestandskräftiger Steuerbescheid ergeht und der im Steuerbescheid berücksichtigte Sachverhalt aus der Außenprüfung Auswirkungen auf andere Besteuerungsgrundlagen hat. Das können andere, nicht geprüfte Steuerarten oder Feststellungen sein, aber auch Folgezeiträume von Steuerarten, die während der Außenprüfung geprüft wurden. Die Berichtigungspflicht gilt für Steuern und Steuervergütungen, die nach dem 31. Januar 2024 entstehen, und für Steuern, Steuervergütungen und gesonderte Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen, für die nach dem 31. Januar 2024 eine Prüfungsanordnungen bekanntgegeben wird.

Feststellungen mit Auswirkungen auf andere Besteuerungsgrundlagen

Nach § 153 Abs. 4 AO n.F. besteht die Anzeige- und Berichtigungspflicht nach Abs. 1 auch dann, wenn (1) Prüfungsfeststellungen einer Außenprüfung (2) unanfechtbar in einem Steuerbescheid umgesetzt worden sind und (3) die den Prüfungsfeststellungen zugrunde liegenden Sachverhalten auch in einer anderen Erklärung des Steuerpflichtigen, die nicht Gegenstand der Außenprüfung war, zu einer Änderung der Besteuerungsgrundlagen führt. Das heißt im Einzelnen:

Prüfungsfeststellungen infolge einer Außenprüfung enthält der Prüfungsbericht. In die Prüfungsfeststellungen fließen nicht nur steuerlich erhebliche Tatsachen ein („echte“ Fehler), sondern auch bereits abweichende Rechtsansichten des Betriebsprüfers. Ob die Auffassung des Prüfers rechtlich zutreffend ist oder nicht, hat auf das Entstehen der Berichtigungspflicht keinen Einfluss. Umgesetzt werden müssen die Prüfungsfeststellungen in einem Steuerbescheid (oder Bescheiden nach § 180 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und Abs. 1a AO), der bestandskräftig geworden ist. Weicht der Steuerbescheid von den Prüfungsfeststellungen ab, wurden sie nicht umgesetzt. Der Steuerpflichtige kann das erreichen, indem er gegen die Prüfungsfeststellungen Einwände erhebt, die im Steuerbescheid berücksichtigt werden, Einspruch einlegt oder Klage erhebt.

Die den Prüfungsfeststellungen zugrunde liegenden Sachverhalte müssen in einer anderen Erklärung des Steuerpflichtigen zu einer Änderung der Besteuerungsgrundlagen führen, und diese andere Erklärung darf nicht Gegenstand der Außenprüfung gewesen sein. Ein Sachverhalt muss sich also im Prüfungszeitraum und in Folgejahren auswirken. Dies gilt für Änderungen der Besteuerungsgrundlagen zulasten und zugunsten des Steuerpflichtigen.

Erhöhte Sanktionsrisiken

Ein Verstoß gegen die Berichtigungspflicht nach § 153 Abs. 1 AO ist als Steuerhinterziehung durch Unterlassen (§ 370 Abs. 2 Nr. AO) strafbar. Erfährt ein Steuerpflichtiger nachträglich etwa aus einem Prüfungsbericht, dass Steuererklärungen unrichtig oder unvollständig waren, ist die unterlassene Berichtigung strafbar. Ein Verstoß gegen die Nachforschungspflicht nach § 153 Abs. 4 AO, der zu Steuerverkürzungen oder nicht gerechtfertigten Steuervorteilen führt, kann als leichtfertige Steuerverkürzung (§ 378 AO) geahndet werden. Möglich kann im Einzelfall noch eine strafbefreiende Selbstanzeige (§ 371 AO) sein.

Handlungsempfehlungen für Unternehmen

Unternehmen sind verpflichtet, Prüfungsfeststellungen, die in einem bestandskräftigen Bescheid umgesetzt worden sind, auszuwerten, um die Berichtigungspflicht erfüllen zu können. Generell sollten schon aus allgemeinen Complianceerwägungen Prüfungsberichte analysiert werden, um Verbesserungsmöglichkeiten zu identifizieren.

Um zu verhindern, dass Prüfungsfeststellungen unanfechtbar in einem Bescheid umgesetzt werden, sollten in geeigneten Fällen Einwände gegen die Feststellungen erhoben werden. Des Weiteren sollte geprüft werden, ob es im Unternehmensinteresse ist, Einspruch einzulegen oder Klage zu erheben.


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