Sonderausgabenabzug nach Ende der Kirchensteuerpflicht

Als Sonderausgaben abzugsfähig ist nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG die "gezahlte Kirchensteuer". Die Regelung wird durch § 10b Abs. 4 Satz 3 EStG ergänzt, wonach erstatte Kirchensteuer, die zu einem Erstattungsüberhang führt, dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzuzurechnen ist. Gilt dies nach Beendigung der Kirchensteuerpflicht?

Beendigung der Kirchensteuerpflicht: Fall des Hessischen FG

In einem aktuellen Fall des Hessischen FG wurde der Kläger im Streitjahr 2019 gemeinsam mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger war bereits seit dem 1.3.1997 nicht mehr kirchensteuerpflichtig, seine Ehefrau seit dem 1.9.2018. Das Finanzamt zog gleichwohl aufgrund einer Einzugsermächtigung bis zum 1. Quartal 2019 vierteljährliche Kirchensteuervorauszahlungen ein.

Am 7.6.2019 erstattete das Finanzamt dem Kläger und seiner Ehefrau die beiden letzten Vorauszahlungen. Am 1.7.2019 erfolgte eine weitere Kirchensteuererstattung. Diese resultierte aus dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2018. Das Finanzamt gelangte zu einem Erstattungsüberhang aus Kirchensteuer von 280 EUR, den es dem zu versteuernden Einkommen des Klägers und seiner Ehefrau hinzurechnete. Der Steuerpflichtige brachte dagegen vor, dass es nicht sein könne, dass Rückzahlungen von Kirchensteuervorauszahlungen für nicht kirchensteuerpflichtige Zeiträume als steuerpflichtige Kirchensteuerrückzahlungen angesetzt würden.

FG bestätigt den Erstattungsüberhang

Das Hessische FG hat die Auffassung des Finanzamts bestätigt, dass ein Erstattungsüberhang vorliegt (Urteil v. 10.3.2021, 9 K 1505/20). Es weist darauf hin, dass es zu einem anderen Ergebnis käme, wenn man die Zahlungen bzw. Erstattungen nach Beendigung der Kirchensteuerpflicht (das betrifft u. a. alle Zahlungen bzw. Erstattungen im Streitjahr 2019) unbeachtet lässt.

So habe das FG Münster (Urteil v 23.1.1990, VI 8163/87 E, EFG 1990 S. 422) geurteilt , dass ein Abzug von Kirchensteuer als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG, auch wenn der Zahlung ein Vorauszahlungsbescheid zugrunde liegt, nicht in Betracht komme, wenn die Festsetzung bei Anzeige des Kirchenaustritts durch den Steuerpflichtigen nicht erfolgt wäre.

Das Hessische FG folgt dieser Ansicht jedoch nicht. Sie widerspreche dem Grundsatz der Rechtsklarheit, denn solange der Kirchensteuervorauszahlungsbescheid wirksam sei (d. h. weder nichtig noch berichtigt), sei der Steuerpflichtige verpflichtet, die Vorauszahlungen zu leisten. Eine wirtschaftliche Belastung könne deshalb nicht verneint werden. Im Übrigen sei das Urteil des FG Münster ohnehin als überholt zu betrachten, da es vor der Einführung der nunmehr in § 10 Abs. 4b EStG vorgesehenen Möglichkeit der Verrechnung von Zahlungen und Erstattungen erging.

Durch Vorauszahlungsbescheid angeforderte Zahlungen als Kirchensteuer abziehbar

Folgt man der (zweifelhaften) Ansicht des Hessischen FG, sind auch nach Beendigung der Kirchensteuerpflicht geleistete – durch einen Vorauszahlungsbescheid  angeforderte – Kirchensteuerzahlungen als Sonderausgaben abziehbar.


Schlagworte zum Thema:  Kirchensteuer, Sonderausgaben, Einkommensteuer