Zinslauf bei Auflösung eines Investitionsabzugsbetrags

Wird nach Bildung eines Investitionsabzugsbetrags die Investition nicht bis zum Ablauf des 3-jährigen Investitionszeitraums durchgeführt, ist der Investitionsbetrag rückwirkend gewinnerhöhend aufzulösen.

Der Steuerbescheid, in dem der Abzugsbetrag gewinnmindernd erfasst wurde, wird nachträglich geändert. Das gilt selbst, wenn er bereits bestandskräftig geworden ist. § 7g Abs. 3 EStG enthält für diese Fälle eine eigenständige Korrekturvorschrift für Steuerbescheide. Problematisch ist, ab welchem Zeitpunkt Nachzahlungszinsen (§ 233a AO) bei rückwirkendem Wegfall der Voraussetzung für den Investitionsabzugsbetrag festgesetzt werden können und müssen.

Beispiel: A, dessen Wirtschaftsjahr mit dem Kalenderjahr übereinstimmt, hat nach § 7g Abs. 1 EStG zum 31.12.2010 einen Investitionsabzugsbetrag von 24.000 EUR für die geplante Anschaffung eines Lkw gebildet. Nachdem die Investition bis zum 31.12.2013 nicht erfolgt war, erließ das Finanzamt 2014 einen geänderten Einkommensteuerbescheid für 2010, in dem der Investitionsabzugsbetrag rückwirkend gewinnerhöhend aufgelöst wurde. Der geänderte Einkommensteuerbescheid 2010 erging am 25.6.2014. Das Finanzamt hat für die Steuernachforderung 2010 Zinsen für die Zeit des Zinslaufs vom 1.4.2012 bis einschließlich 31.5.2014 festgesetzt.

Beruht die Änderung eines Steuerbescheids nicht auf einem rückwirkenden Ereignis, gilt der allgemeine Zinslauf. Dieser beginnt nach § 233a Abs. 2 Satz 1 AO 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist. Die Zinsberechnung des Finanzamts wäre in Ordnung, wenn in der Nicht-Investition kein  rückwirkendes Ereignis nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu sehen ist.

Wird eine Steuer nachträglich aufgrund eines rückwirkenden Ereignisses festgesetzt, beginnt der Zinslauf nach § 233a Abs. 2a AO erst 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das Ereignis eingetreten ist. Beginn des Zinslaufs wäre der 1.4.2015, weil das Ereignis, d. h. die Nicht-Investition, am 31.12.2013 eingetreten ist. Sieht man darin ein rückwirkendes Ereignis, kommt es entgegen der Auffassung des Finanzamts nicht zu einer rückwirkenden Verzinsung ab 1.4.2012.

Der BFH hat entschieden, dass die Änderung des Einkommensteuerbescheids 2010 hier auf einem rückwirkenden Ereignis nach § 233a Abs. 2 AO beruht (Urteil v. 11.7.2013, IV R 9/12, BStBl 2014 II S. 609). Das hat zur Folge, dass der Zinslauf für die Nachzahlungszinsen erst 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahrs 2013, in dem das rückwirkende Ereignis eingetreten ist, beginnt und damit der nachträgliche Wegfall des Investitionsabzugsbetrags nicht zu einer Verzinsung Steuernachzahlungsbetrags 2010 führt.

Der Gesetzgeber hat als Reaktion darauf im AmtshilfeRLUmsG in die Vorschrift zum Investitionsabzugsbetrag einen neuen Satz eingefügt, durch den das für Unternehmer günstige Urteil ausgehebelt werden sollte. Nach § 7g Abs. 3 Satz 4 EStG ist § 233a Abs. 2a EStG ab dem Veranlagungszeitraum 2013 nicht mehr anzuwenden. Von Anfang an umstritten war, ob die Neuregelung rückwirkend auch für vor 2013 oder nur für ab 2013 in Anspruch genommene Investitionsabzugsbeträge gilt.

Praxistipp: Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist der neue § 7g Abs. 3 Satz 4 EStG nur für Investitionsabzugsbeträge anzuwenden, die für nach dem 31.12.2012 endende Wirtschaftsjahre erstmals in Anspruch genommen werden (BMF, Schreiben v. 15.8.2014, BStBl 2014 I S. 1174). Das bedeutet, dass die Steuernachforderung 2010 nicht zu verzinsen ist. Sollte ein Finanzamt bei der rückwirkenden Auflösung eines bis zum Jahr 2012 gebildeten Investitionsabzugsbetrags den Beginn der Verzinsung nach der neuen Rechtslage bestimmen, sollte dies nicht akzeptiert werden. Das gilt auch für die Fälle, in denen ein vor 2013 gebildeter  Investitionsabzugsbetrag vorzeitig, z. B. 2 Jahre nach Bildung, freiwillig wegen Aufgabe der Investitionsabsicht aufgelöst wird.


Schlagworte zum Thema:  Investitionsabzugsbetrag, Einkommensteuer