Durch die Corona-Pandemie waren zahlreiche Steuerkanzleien von einem auf den nächsten Tag dazu gezwungen, digital zu arbeiten. Was konkret digitale Transformation 4.0 für Unternehmen und Kanzleien bedeutet, welche Rolle dabei die Unternehmenskultur spielt und wie Sie Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für Transformationsprozesse gewinnen, erfahren Sie in diesem Artikel.
Das ist die digitale Transformation 4.0
Die digitale Transformation 4.0 betrifft alle Branchen und Unternehmen und schließt damit Steuerkanzleien und Industrieunternehmen gleichermaßen mit ein. Denn die Wirtschaft entwickelt sich in einem Tempo und Ausmaß, wie es zuletzt in der Industrialisierung der Fall war. Nach Dampfmaschine, Fließband und Computer sind vernetzte Fabriken und Datenräume nun die vierte industrielle und damit die digitale Revolution.
Häufig im Kontext der digitalen Transformation 4.0 genannt ist der Begriff Industrie 4.0. Damit sind intelligent vernetzte Prozesse rund um Mensch und Maschine gemeint. Neben der Produktion gehören auch Mobilität, Gesundheitswesen, Klima und Energie zu wichtigen Anwendungsfeldern. Beispiele sind Anlagen, die ihre eigene Reparatur veranlassen, 3D-Drucker, selbstfahrende Autos oder Roboter bei Operationen.
In der Steuerkanzlei meint digitale Transformation zukunftsweisende Prozesse basierend auf dem Begriff Industrie 4.0. Dazu gehören neue Tools, automatisierte Routinearbeiten oder neu angebotene Beratungsleistungen, die den Mandantinnen und Mandanten zur Verfügung stehen.
Wichtig dabei ist es, den Blick nicht nur auf einzelne Digitalisierungsprojekte zu richten – wie den viel zitierten Pendelordner, der durch eine digitale Akte ersetzt wurde. Die digitale Transformation ist mehr als reine Digitalisierung. Auch wenn eine prozessorientierte Herangehensweise ein guter Anfang ist, so endet die digitale Transformation nicht nach Einführung digitaler Technik. Vielmehr braucht es einen tiefgehenden Wandel und die Fähigkeit, diesem Wandel immer wieder aufgeschlossen zu begegnen.
Wie Sie sich nicht in einzelnen Digitalisierungsprojekten verlieren, sondern stattdessen die digitale Transformation ganzheitlich betrachten, lesen Sie hier.
Beispiele für die digitale Transformation 4.0 in Unternehmen
Im Zusammenhang mit einer verpassten Digitalisierung wird wohl am häufigsten das Unternehmen KODAK genannt. KODAK zählte in den 1980er Jahren zu den bedeutendsten Herstellern von Fotoausrüstung und Filmen. KODAK hatte wenig Handlungsbedarf, das Unternehmen innovativ weiterzuentwickeln, weil es hervorragende Umsätze einfuhr und Filme und Kameras sich weltweit verkauften. Daher hat das Unternehmen den Sprung ins digitale Zeitalter nicht geschafft, heutzutage spielt KODAK in der digitalen Fotografie nur eine Nebenrolle. Ähnlich ging es auch anderen ehemaligen Markführern wie dem finnischen Handykonzern Nokia oder dem deutschen Versandhaus Quelle.
Aber natürlich gibt es auch zahlreiche gelungene Beispiele für digitale Transformationen und damit sind nicht nur internationale Digitalunternehmen wie Netflix und der Weg von der Online-Videothek zum Streaming-Giganten gemeint. Beispielsweise kombinierte die Supermarktkette Rewe bereits 2011 als erster Lebensmitteleinzelhändler Deutschlands ihren Online-Shop mit einem Abhol- und Lieferservice für das komplette Supermarktsortiment. Konkurrent Edeka dagegen sprang erst 10 Jahre später auf diesen Zug auf, nachdem zahlreiche Bring- und Lieferdienste wie Gorillas, Flink oder Getir gegründet wurden, die via App bestellte Lebensmittel und Non-Food-Artikel aus dem firmeneigenen Warenlager direkt an die Haustür bringen.
Aber auch im deutschen Mittelstand und insbesondere in der Industrie gibt es zahlreiche 4.0 Projekte. Laut Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz zeigen bereits über 400 Anwendungsbeispiele aus der Praxis, dass Unternehmen und Forschungseinrichtungen Industrie 4.0 bereits heute entwickeln und umsetzen. Sie nutzen innovative Prozesse, die Anlagentechnik, IT-Systeme und betriebswirtschaftliche Modelle stärker vernetzen. Bundesweit fördert das Ministerium außerdem zahlreiche 4.0 Kompetenzzentren, die mittelständischen Unternehmen umfangreiche Sensibilisierungs-, Informations-, Erprobungs- und Schulungsangebote zu Industrie 4.0-Anwendungen anbieten. Damit unterstützen sie den Mittelstand aktiv auf dem Weg ins digitale Zeitalter.
Diese Unternehmen verbinden allerdings nicht nur eine digitale Vision und innovative Ziele. Entscheidend für den erfolgreichen Wandel ist die richtige Unternehmenskultur.
Ein Beispiel aus der Steuerberaterpraxis ist die Steuerkanzlei von Henning Blank. Wie er seine Kanzlei „behutsam transformiert“, lesen Sie im Interview.
Unternehmenskultur in der digitalen Transformation gestalten
Jedes Unternehmen hat eine eigene, spezifische Unternehmenskultur. Diese ergibt sich durch geteilte Werte, Normen, Vereinbarungen, aber auch Leitbilder. Je nach Organisation wurde die Unternehmenskultur durch Change Initiativen bewusst entwickelt und gefördert, teilweise hat sie sich ergeben.
Die digitale Transformation verändert nicht nur Technologien oder Prozesse, sondern auch unsere Art zu arbeiten grundlegend. Um nachhaltig „digital“ zu werden, reicht es also nicht aus, einfach nur neue Software einzuführen. Ein Kulturwandel ist nötig, um mit den neuen Entwicklungen Schritt halten zu können. Dabei ist vor allem die Art der Zusammenarbeit in einem Unternehmen entscheidend, unter den Mitarbeitenden, aber auch mit Kunden und Kundinnen oder Geschäftskontakten.
Die Unternehmenskultur nimmt in digitalen Transformationsprozessen eine Schlüsselrolle ein: Letztlich ist die Kultur entscheidend, ob neue Prozesse, Strukturen und Strategien nicht nur erfolgreich im Unternehmen implementiert werden, sondern diese auch von allen Ebenen angenommen und gelebt werden. Hier verharren viele Unternehmen in alten Denkmustern: Hierarchie, Silos, bürokratische Strukturen und homogene Entscheidungen sind an der Tagesordnung.
Um die Unternehmenskultur aktiv zu gestalten, sollte daher die gesamte Organisation durch transparente Kommunikation in den Change Management Prozess aktiv einbezogen werden.
Wie Projekte rund um digitale Transformation in Steuerkanzleien gelingen können, lesen Sie hier.
Mit Kommunikation Mitarbeiter für die digitale Transformation gewinnen
Wenn Projekte in Unternehmen scheitern, liegt das häufig an mangelhafter Kommunikation. Das ist bei der digitalen Transformation nicht anders. Oftmals fühlen sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gerade bei Transformations- und Digitalisierungsprozessen nicht abgeholt. Dabei spielen auch Ängste, den eigenen Arbeitsplatz zu verlieren oder mit den neuen Entwicklungen nicht Schritt halten zu können, eine Rolle. Es sollte nicht vergessen werden, dass sich nicht alle Mitarbeitenden auf demselben Stand befinden.
Transparenz ist daher ein entscheidender Punkt für erfolgreiche Transformationsprozesse. Gefragt ist Kommunikation, die nicht top-down verläuft, sondern beiden Seiten genügend Raum für Fragen, aber auch für etwaige Sorgen und Ängste bietet.
Warum hierarchische Kanzleistrukturen und Top-Down-Management heutzutage nicht mehr der Schlüssel zum Erfolg sind, lesen Sie hier.
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollten die Möglichkeiten haben, Bedenken gegenüber dem Management zu äußern und das Management sollte diese Sorgen ernst nehmen und alle Beteiligten von Beginn an einbeziehen. Grundsätzlich gilt, wer sich gehört und verstanden fühlt, ist viel eher bereit, den Wandel als Chance wahrzunehmen und kann sich stärker mit Zielen und Visionen identifizieren.
Für eine Vorbereitung auf den digitalen Wandel und einen erfolgreichen Austausch mit der Belegschaft können intern aufgebaute Change Manager die Lösung sein. Mehr dazu lesen Sie hier.
Steuerkanzleien und digitale Transformation
Steuerkanzleien betrifft der digitale Wandel auf verschiedenen Ebenen. Zum einen geht es darum, selbst aktiv zu werden und den eigenen Weg in die Zukunft zu gestalten. Steuerberaterinnen und Steuerberater können in modernen Kanzleien zum Beispiel ihre Beratung umfassender gestalten. Beispielsweise können sie in agilen Arbeitsprozessen Unternehmen als Sparringspartner dienen, Entscheidungen hinterfragen oder Unternehmen betriebswirtschaftlich beraten.
Zum anderen geht es um ein verändertes Beratungsverhältnis zu bereits digitalisierten Mandantinnen und Mandanten. Denn im Zuge der Digitalisierung verändern sich die Geschäftsmodelle und Arbeitsmethoden auch auf Mandantenseite. Automatisierte Prozesse eröffnen neue Wege. Die Ansprüche der Mandantinnen und Mandanten an die Steuerberatung 4.0 ändern sich.
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