Interview Achim Hardekopf: Prozessberatung ist Win-Win

Die Digitalisierung bringt neue Lösungen und veränderte Prozesse mit sich. Dies führt automatisch zu einem Beratungsbedarf. Kanzlei-Chef Achim Hardekopf hat die Entwicklung frühzeitig erkannt und übernimmt seit fünf Jahren mit seiner Steuerkanzlei auch die Prozessberatung für seine Mandanten.

Effiziente Prozesse sparen Zeit und Geld

Herr Hardekopf, ist die Prozessberatung ein gutes Geschäftsfeld für Steuerberater?

Achim Hardekopf: Eine Prozessberatung ist eine Win-Win-Situation für Mandant und Steuerberater. Der Mandant spart durch effiziente Prozesse Zeit und Ressourcen und muss zum Beispiel auch Betriebsprüfungen nicht länger fürchten, wenn er dank der Beratung GoBD-konform agieren kann.

Achim Hardekopf

Auf der anderen Seite kann sich eine Steuerkanzlei durch die Prozessberatung ein zusätzliches wirtschaftliches Standbein erschließen. Der Bedarf wächst und es liegen viele Potenziale brach. Aber Menschen sind Gewohnheitstiere, entsprechend geben Unternehmen nur ungern alte Prozesse auf. Hier ist noch viel Aufklärungsarbeit nötig.


Problematisch ist, dass insbesondere kleine Firmen die kaufmännischen Prozesse als solches vernachlässigen, und sich erst damit befassen, wenn ein Prozess nicht mehr funktioniert.


Welche Prozesse bereiten den Unternehmen die größten Probleme?

Wir fokussieren uns in der Beratung auf die kaufmännischen Prozessen. Das Forderungsmanagement, das Liquiditätsmanagement oder auch die Kassenführung stellen viele Firmen vor Probleme. Eine Hauptproblem lässt sich dabei nicht ausmachen, dies ist in jedem Unternehmen spezifisch. Problematisch ist jedoch, das insbesondere kleine Firmen die kaufmännischen Prozesse als solches vernachlässigen, und sich erst damit befassen, wenn ein Prozess nicht mehr funktioniert. Ruft dann ein Mandant bei uns an, ist es eigentlich schon zu spät. Wir wollen die Ursachen der Probleme des Mandanten beseitigen und nicht nur die plötzlich auftretenden Symptome.

Ziel: GoBD-Konformität

Insbesondere die GoBD stellt hohe Anforderungen an Unternehmen. Wie ist Ihre Erfahrung – wird sie schon überall umgesetzt?

Nein, leider nicht. Aber für einige Unternehmen ist genau dies der Grund, ihre Prozesse zu überdenken und zu verändern. Sie fürchten, dass ihre Prozesse bei einer Betriebsprüfung beanstandet werden könnten und lassen sich beraten. Wenn die Beratung zur Digitalisierung und Automatisierung der Prozesse erfolgreich durchlaufen wurde, ist das Ergebnis ein GoBD-konformes Arbeiten des Mandanten.


Als Steuerkanzlei kann man jedoch nicht für jedes Mandantensystem internes Know-how aufbauen. Um einen umfassenden Überblick zu erhalten, arbeiten wir daher bei Bedarf mit einem externen IT-Spezialisten zusammen.


Wie läuft eine Prozessberatung in der Praxis ab?

Wir lassen uns zunächst die Prozesse beim Mandanten vor Ort zeigen. Dort schauen wir uns die verschiedenen kaufmännischen Prozesse an und arbeiten einen Fragenkatalog ab, um erste Potenziale auszuloten. Welche kaufmännischen Systeme nutzt der Mandant, wo sieht er selbst Schwachstellen, was funktioniert nicht reibungslos. Anschließend betrachten wir Einzelbereiche näher, beispielsweise das System für die Ausgangsrechnungen – zuerst aus kaufmännischer Sicht und bei Bedarf auch aus technischer Sicht. Während der Vor-Ort-Analyse wird schnell klar, wo das größte Potenzial liegt. Und genau da setzen wir an und können dem Mandanten Handlungsempfehlungen geben.

Viele Systemfunktionen bleiben ungenutzt

Aber es gibt so viele verschiedene Softwarelösungen. Das setzt Know-how voraus, auch technisches …

Das ist richtig. Als Steuerkanzlei kann man jedoch nicht für jedes Mandantensystem internes Know-how aufbauen. Um einen umfassenden Überblick zu erhalten, arbeiten wir daher bei Bedarf mit einem externen IT-Spezialisten und einem Wirtschaftsberatungs- und Buchhaltungsbüro zusammen. Mit diesem Dreiklang aus interner Steuerkompetenz und externer Wirtschafts- und IT-Kompetenz können wir alle wichtigen Anforderungen für eine Prozessoptimierung sehr gut abbilden.


Was sind typische Erkenntnisse Ihrer Prozessberatungen? Wo hapert es in den Abläufen?

Oft werden Funktionen von Systemen nicht genutzt, weil sie nicht bekannt sind. Mitunter werden sogar Dokumente ausgedruckt und in separaten Excel-Tabellen Punkte abgehakt, obwohl das vorhandene Rechnungsprogramm dies in einem Schritt digital erledigen kann. Häufig werden Module auch nicht genutzt, obwohl sie für die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Steuerberater hilfreich wären. So verfügen manche Mandantensysteme über Schnittstellen zu unseren Lösungen, ohne dass die Mandanten davon wussten. Wenn man Einblick in die kaufmännischen Prozesse des Mandanten erhält, sie analysiert und die richtigen Handlungen ableitet, lässt sich die Zusammenarbeit mit der Steuerkanzlei auf eine neue Effizienzstufe heben – und davon profitieren beide Seiten, der Mandant und der Steuerberater.


„Ein Digitalisierungsprojekt muss von der gesamten Kanzlei getragen werden.“ Warum das Zusammenspiel zwischen Mensch & Technologie so wichtig ist, erfahren Sie hier im Interview.

Liquiditätssituation verbessern

Sind die Ergebnisse einer Prozessoptimierung für den Mandanten in Euro messbar?

Wir können nicht den Umsatz eines Unternehmens erhöhen – das ist auch gar nicht der Fokus unserer Beratung. Aber wir können zum Beispiel die Liquiditätssituation eines Unternehmens verbessern, indem wir den Mahnprozess optimieren. Ein Ergebnis, dass deutlich spürbar ist und einer Firma neue finanzielle Spielräume eröffnen kann. Auch die Zeit, die durch automatisierte Prozesse gespart wird, lässt sich exakt beziffern und monetär umrechnen. Saubere Prozesse sind die Grundlage für Ertragsplanungen und Zielsetzungen. Ein weiterer, nicht zu vernachlässigender Aspekt ist, dass im Zuge einer Beratung auch Prozesse aufgedeckt werden, die analog bereits fehlerhaft aufgesetzt wurden. Oft wird ein schräger Prozess erst erkannt, wenn man versucht, ihn zu digitalisieren.


Wie kann man als Steuerberater vorgehen, um sich die Prozessberatung als zusätzliches Geschäftsfeld zu erschließen? Haben Sie Tipps?

Wir beispielsweise versuchen es auf zwei Wegen. Zum einen rücken wir das Thema bei der Annahme neuer Mandanten in den Fokus. Insbesondere junge Unternehmen stehen digitalen und automatisierten Prozessen sehr aufgeschlossen gegenüber. Zum anderen versuchen wir auch die Mehrwerte für den Mandanten deutlich zu kommunizieren. Hier ist es hilfreich, dem Mandanten mögliche Einsparungen auch an konkreten Beispielen durchzurechnen. Wer beispielsweise mit einem automatisierten Mahnwesen statt vier Stunden nur noch zwei Stunden pro Monat für seine Mahnungen einplanen muss, spart kostbare Arbeitszeit und Geld.


Die Schnittstellen zwischen Steuerberatung und Unternehmen werden vielfältiger, die Digitalisierung ist in vollem Gange.


Welche Trends sehen Sie im Bereich der Prozesse und der Prozessoptimierung?

Es erscheinen immer neue Player im Markt, wie zum Beispiel die Neo-Banken. Und mit den neuen Playern werden weitere, neue Prozesse eingeführt, die es zu beherrschen und zu optimieren gilt. Die Schnittstellen zwischen Steuerberatung und Unternehmen werden vielfältiger, die Digitalisierung ist in vollem Gange. Das hat auch Auswirkungen auf die Berufsbilder. So wird der klassische Buchhalter sich zum Controller weiterentwickeln. Gleichzeitig dürfte die GoBD-konforme Verfahrensdokumentation in Zukunft stärker thematisiert und geprüft werden – mit den entsprechenden Auswirkungen auf althergebrachte Prozesse.


Welchen Stellenwert wird die Prozessberatung für Ihre Steuerkanzlei künftig einnehmen?

Noch ist es für unsere Kanzlei ein vergleichsweise kleiner Beratungsbereich, aber die Nachfrage wächst. Die Praxis zeigt, dass im Rahmen von Betriebsprüfungen die Einhaltung der GoBD auch bei kleineren Betrieben zunehmend geprüft wird. Insbesondere dort gibt es noch viel Beratungsbedarf. Parallel wird die zunehmende Digitalisierung, die durch die Corona-Pandemie nochmals beschleunigt wurde, der Entwicklung zusätzlichen Schwung verleihen.


Zur Person:

Achim Hardekopf ist gelernter Bankkaufmann, hat BWL studiert und danach in der Versicherungswirtschaft, in der Wirtschaftsprüfung und in der Industrie gearbeitet. Vor zehn Jahren ist er in die Steuerberatung gewechselt. Heute steht er als Fachberater für Controlling & Finanzen (DStV e.V.) an der Spitze seiner sechsköpfigen Steuerkanzlei im niedersächsischen Bückeburg und berät seine Mandanten unter anderem zur Optimierung kaufmännischer Prozesse.

Schlagworte zum Thema:  Beratung, Prozessmanagement, Steuerberatung