Rz. 19
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Mit der Beschränkung der Steuerbefreiung auf privatrechtliche Einrichtungen ohne systematische Gewinnerzielungsabsicht machte der nationale Gesetzgeber zulässigerweise von der in Art. 133 Abs. 1 Buchst a. MwStSystRL eingeräumten Möglichkeit Gebrauch. Gewinnorientierte privatrechtliche Einrichtungen sind daher weder nach nationalen Recht steuerbefreit noch können sie sich auf Unionsrecht berufen (vgl. Gomes, UR 2022, 241).
Rz. 20
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Fraglich ist, ob zum Unternehmen des Trägers der Einrichtung noch andere Unternehmensbereiche gehören dürfen, die nicht begünstigt sind. Nach der Gesetzesbegründung "sind sämtliche Tätigkeiten dieses Unternehmers zu berücksichtigen" (vgl. BT-Drucks. 19/13436, 148). Nach Abschn. 4.18.1. Abs. 7 S. 2 UStAE "sind sämtliche Tätigkeiten desselben Unternehmers zu berücksichtigen".
Der BFH (Urteil vom 01.12.2010, Az: XI R 46/08, UR 2011, 348) hatte dagegen bei einem Verein, der mehrere Einrichtungen unterhielt, von denen nur einzelne als Einrichtungen mit sozialem Charakter anzuerkennen waren, die Steuerfreiheit insofern teilweise bejaht.
Auch in der Literatur wird es für möglich gehalten, dass ein Unternehmer als Träger der Einrichtung noch andere, nicht begünstigte Unternehmensbereiche unterhalten kann (vgl. Lippross, Umsatzsteuer, 25. Aufl. 2022, 777; Liegmann in Wäger, UStG, § 4 Nr. 18, Rn. 19 ff.).
Das Niedersächsische FG hat in seinem Urteil vom 05.09.2022 (Az: 11 K 56/22, EFG 2023, 516) dagegen sämtliche Tätigkeiten eines Unternehmers berücksichtigt und die Steuerfreiheit für die Schuldnerberatung eines Rechtsanwalts im Hinblick auf dessen daneben bestehender, auf systematische Gewinnerzielung gerichteter Rechtsanwaltstätigkeit abgelehnt.
Vgl. zum Ganzen auch Flad, UR 2023, 74 (79 f.).
Rz. 21
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Eine Einrichtung ohne Gewinnstreben kann auch vorliegen, wenn sie systematisch danach strebt, Überschüsse zu erwirtschaften, die sie anschließend für die Durchführung ihrer sozialen Leistungen verwendet (vgl. BT-Drucks. 19/13436, 148 mit Verweis auf EuGH vom 21.03.2002, Rs. C 174/00, Kennemer Golf & Country Club, UR 2022, 320; vgl. auch Hüttemann/Schauhoff, DStR 2019, 1601 sowie Abschn. 4.18.1. Abs. 7 S. 3 UStAE).
Rz. 22
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Werden i. R. d. Betriebs der Einrichtung trotzdem Gewinne erzielt, dann dürfen diese nicht verteilt werden, sondern müssen gem. § 4 Nr. 18 S. 2 UStG zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwendet werden.
Angaben zur konkreten Ausgestaltung vor allem in zeitlicher Hinsicht enthält das Gesetz nicht. Insbesondere wird nicht explizit auf das nationale Gemeinnützigkeitsrecht, vor allem die § 55 Abs. 1, 58, 62 AO, verwiesen (vgl. hierzu auch Liegmann in Wäger, UStG, § 4 Nr. 18, Rn. 27 f.). Im Hinblick auf eine dauerhafte Sicherstellung der Erbringung entsprechender sozialer Leistungen erscheint m. E. zumindest eine entsprechende Heranziehung von § 55 Abs. 1 AO und auch § 62 AO (Rücklagenbildung) unproblematisch. Dagegen dürfte eine an sich nach § 58 AO steuerlich unschädliche Verwendung von Gewinnen für andere Zwecke angesichts des klaren Wortlauts des § 4 Nr. 18 S. 2 UStG selbst dann die Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 18 UStG ausschließen, wenn diese anderen Zwecke aus anderen Gründen umsatzsteuerfrei wären.