Umsatzsteuerpflichtige Leistungen eines Schuldnerberaters

Wird ein Rechtsanwalt auch als Schuldnerberater tätig, sind bei der Beurteilung der Frage, ob es sich um eine Einrichtung handelt, die keine systematische Gewinnerzielung anstrebt, sämtliche Tätigkeiten des Unternehmers zu berücksichtigen. So entschied das Niedersächsische FG.

Folgender Fall wurde verhandelt: Der Kläger ist als selbstständiger Rechtsanwalt insbesondere auf dem Gebiet des Familienrechts tätig. Zudem wird er im Namen und auf Rechnung der ADN Schuldner- und Insolvenzberatung e. V. (ADN) als Schuldnerberater tätig. Für seine Umsätze aus der Tätigkeit als Schuldnerberater machte er die Steuerbefreiung gemäß § 4 Nr. 18 UStG geltend. Das Finanzamt hingegen stufte die Leistungen als umsatzsteuerpflichtig ein.

Tätigkeit als Schuldnerberater

Die Klage hatte in der Sache keinen Erfolg. Gemäß § 4 Nr. 18 UStG sind eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen umsatzsteuerfrei, wenn diese Leistungen von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen, die keine systematische Gewinnerzielung anstreben, erbracht werden. Etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwendet werden. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Kläger als natürliche Person mit der Schuldnerberatung im außergerichtlichen Insolvenzverfahren grundsätzlich unter diese Vorschrift fallen könnte.

Systematische Gewinnerzielung

Streitig ist allein, ob eine systematische Gewinnerzielung angestrebt wird und deshalb die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nicht erfüllt sind. Nach Ansicht des Finanzgerichts sind bei der Beurteilung dieser Frage sämtliche Tätigkeiten eines Unternehmers zu berücksichtigen. Da der Kläger als natürliche Person aufgrund seiner Rechtsanwaltstätigkeit eine systematische Gewinnerzielung anstrebt, war die Steuerbefreiung nicht zu gewähren. Auch der Einwand des Klägers, als Hilfspersonen im Sinne des § 57 Abs. 1 Satz 2 AO die satzungsmäßigen Zwecke der nach § 4 Nr. 18 UStG steuerbefreiten ADN zu erfüllen, führt zu keiner anderen Beurteilung, denn die Hilfsperson muss selbst die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 18 UStG erfüllen. Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitsache zugelassen.

Gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit

Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG umfasst das Unternehmen die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Dieser althergebrachte Rechtsgrundsatz wurde quasi sinngemäß auch bei der Prüfung der Steuerbefreiung des § 4 Nr. 18 UStG angewandt, unter Berücksichtigung der EuGH-Rechtsprechung, EuGH, Urteil v. 21.3.2002, C – 174/00 (Kennemer Golf & Country Club). Da das FG-Urteil zwischenzeitlich rechtskräftig geworden ist, wird man es in der Praxis zu beachten haben. Für klassische Einzelunternehmer und Freiberufler dürfte dies bedeuten, dass sie für eine "nebenberuflich" ausgeübte Schuldnerberatung die Steuerbefreiung nicht in Anspruch nehmen können.

Anders sieht die Sache z. B. aus, wenn freiberuflich tätige Rechtsanwälte, Pädagogen sowie Kinder- und Jugendpsychologen Leistungen als Verfahrensbeistand erbringen, diesbezüglich kann eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 25 Satz 3 Buchst. d UStG in Betracht kommen, wie das BMF erst kürzlich verfügt hat (vgl. BMF, Schreiben v. 28.4.2023, III C 3 – S 7183/19/10003 :002).

Niedersächsisches FG, Urteil v. 5.9.2022, 11 K 56/22


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