Rz. 45
Die zwölf sektorübergreifenden ESRS umfassen zunächst zwei ESRS zu themenübergreifenden Prinzipien und Angaben, sog. "Cross-cutting Standards". Die zehn themenspezifischen ESRS lassen sich grob in Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekte unterteilen (§ 3 Rz 3 ff.).
Rz. 46
Abb. 2: Übersicht zu den zwölf ESRS gem. delegiertem Rechtsakt
Rz. 47
Übergeordnetes Ziel der ESRS ist es, unter Anwendung des Prinzips der doppelten Wesentlichkeit über die Auswirkungen der Unternehmenstätigkeiten sowie über die daraus entstehenden Chancen und Risiken für das Unternehmen Bericht zu erstatten. Das Verständnis von doppelter Wesentlichkeit wird insbes. in den übergreifenden ESRS 1 "Allgemeine Anforderungen" und ESRS 2 "Allgemeine Angaben" thematisiert. Bei einer Wesentlichkeitsanalyse sollen die vielfältigen Angabepflichten in den themenbezogenen ESRS darauf überprüft werden, ob diese für das berichtende Unternehmen einschlägig sind. Jedoch ist zu beachten, dass die Angabepflichten durch die sog. Anwendungsanforderungen (Application Requirements) präzisiert und erweitert werden. Zudem wird die Wesentlichkeitsanalyse der Unternehmen einerseits durch eine schematisch aufbereitete Vorgehensweise (ESRS 1, App. E), andererseits durch eine Auflistung der in den themenbezogenen ESRS behandelten Nachhaltigkeitsaspekte ergänzt. Die themenbezogenen ESRS decken Nachhaltigkeitsaspekte ab, die in Themen, Unterthemen und Unter-Unterthemen gegliedert sind (ESRS 1.AR16).
Rz. 48
Die Grundsätze für die Erstellung von Nachhaltigkeitsberichten werden in ESRS 1 (§ 3) dargelegt. Darin verankert ist auch das wichtige Prinzip der doppelten Wesentlichkeit. Danach ist über Nachhaltigkeitsthemen zu berichten, bei denen die Unternehmenstätigkeit entweder wesentliche Auswirkungen auf Menschen und Umwelt ("impact materiality") oder wesentliche finanzielle Auswirkungen hat ("financial materiality"). Als weiterer wichtiger Grundsatz ist in ESRS 1 die Erweiterung der Unternehmensberichterstattung auf die Wertschöpfungskette des Unternehmens ausgeführt. Nachhaltigkeitsinformationen müssen demnach auch die Auswirkungen aufgrund von vor- oder nachgelagerten (direkt oder indirekt mit dem Unternehmen verbundenen) wirtschaftlichen Tätigkeiten umfassen. Um nicht notwendigerweise alle Unternehmen der Wertschöpfungskette zu berücksichtigen, wird die Identifikation wesentlicher Informationen aus der Wertschöpfungskette und die Beurteilung der einzubeziehenden Unternehmen auf der Grundlage eines risikobasierten Ansatzes vorgeschrieben. ESRS 1 geht auch darauf ein, dass die Nachhaltigkeitsinformationen in einem abgeschlossenen Abschnitt des (Konzern-)Lageberichts darzustellen sind, welcher in der deutschen Sprachfassung des Set 1 als Nachhaltigkeitserklärung bezeichnet wird (Anhang II Tab. 2 des delegierten Rechtsaktes zum Set 1), jedoch sowohl in der CSRD (Art. 2 Nr. 18 der Bilanz-RL) als auch im Regierungsentwurf zur Umsetzung der CSRD als Nachhaltigkeitsbericht (§ 3 Rz 151). Um dennoch dem Umstand Rechnung zu tragen, dass Nachhaltigkeitsinformationen auch anderweitig Gegenstand der Unternehmensberichterstattung sind, ist die Möglichkeit von Referenzierungen vorgesehen ("incorporation by reference"). So kann auf bestimmte andere, klar abgrenzbare Bestandteile der Unternehmensberichterstattung referenziert werden, wenn diese zeitgleich mit dem Nachhaltigkeitsbericht erscheinen, ebenfalls mind. einer prüferischen Durchsicht unterzogen wurden und den gleichen Anforderungen an die Digitalisierung von Informationen entsprechen. Referenzierungen sind somit nicht nur auf andere Abschnitte im (Konzern-)Lagebericht, sondern auch auf den Konzernabschluss/Jahresabschluss, den ggf. separat erstellten Corporate Governance Report oder den Vergütungsbericht denkbar. Damit wird in gewissem Umfang auch dem Wunsch nach einer integrierten Nachhaltigkeitsberichterstattung entsprochen.
Rz. 49
ESRS 2 (§ 4) kommt eine besondere Bedeutung zu, da die enthaltenen Angabepflichten unabhängig von einer unternehmensspezifischen Wesentlichkeitsanalyse von allen Unternehmen stets zu erfüllen sind. Diese umfassen z. B. Angaben zur Governance des Unternehmens wie etwa zur Struktur, Zusammensetzung und Aufgabenverteilung von Vorstand und Aufsichtsrat. Dadurch soll verständlich werden, durch wen, wie und wann Nachhaltigkeitsthemen auf oberster Unternehmensebene diskutiert und entschieden werden. Zudem sind bspw. Angaben zur Strategie des Unternehmens erforderlich, die neben einer allgemeinen Darstellung des Geschäftsmodells und Einordnung in den Markt auch Informationen darüber enthalten, wie die Interessen und Ansichten von Stakeholdern durch das Unternehmen berücksichtigt werden. Ebenso muss jedes Unternehmen den Prozess zur Wesentlichkeitsbeurteilung von Nachhaltigkeitsthemen beschreiben. Die Angabepflichten, etwa zu Konzepten ("policies"), Maßnahmen ("actions") und Mitteln ("resources") oder konkreten Kennzahlen und Zielen, sind ggf. im Zusammenhang mit den themenspezifischen Angabepflichten zu s...