Prof. Dr. Karina Sopp, Prof. Dr. Silvia Rogler
Rz. 53
ESRS E5-3 verlangt die Offenlegung der vom Unternehmen festgelegten Ziele bezogen auf die Ressourcennutzung und Kreislaufwirtschaft (ESRS E5.21). Die Ziele sind so konkret zu fassen, dass aus diesen deutlich wird, wie diese sowohl die übergeordneten Strategien und Leitlinien mit Blick auf die Ressourcennutzung und Kreislaufwirtschaft als auch die damit verbundene Bewältigung der wesentlichen Auswirkungen, Risiken und Chancen des Unternehmens beeinflussen (ESRS E5.22).
Rz. 54
Die Anforderung nach ESRS E5.22 hat lediglich klarstellende Wirkung, da bereits ESRS 2 MDR-T eine umfangreichere Spezifizierung bei der Angabe der Ziele verlangt. ESRS E5-3 ist i. V. m. ESRS 2 MDR-T anzuwenden. Einerseits muss gem. ESRS E5.23 die Beschreibung der Ziele den in ESRS 2 MDR-T "Nachverfolgung der Wirksamkeit von Strategien und Maßnahmen durch Zielvorgaben" festgelegten Mindestanforderungen entsprechen (§ 4 Rz 140 ff.). Andererseits geht die Anwendung der in ESRS 2 MDR-T formulierten Mindestanforderungen – bei der Angabe der Ziele nach ESRS E5 – bereits aus ESRS 2 MDR-T selbst hervor. Denn ESRS 2 MDR-T ist generell bei der Angabe von Zielen für solche Nachhaltigkeitsbelange anzuwenden, die als wesentlich beurteilt wurden.
Rz. 55
Bei der Angabe der Ziele zur Kreislaufwirtschaft gem. ESRS E5-3 i. V. m. ESRS 2 MDR-T (ESRS 2.79) ist mind. darauf einzugehen,
- ob und wie das Unternehmen die Wirksamkeit seiner Maßnahmen zur Bewältigung wesentlicher Auswirkungen, Risiken und Chancen im Zusammenhang mit der Ressourcennutzung und Kreislaufwirtschaft verfolgt; dies beinhaltet auch die Angabe der zur Beurteilung der Wirksamkeit verwendeten Kennzahlen;
- welche messbaren, zeitgebundenen und ergebnisbezogenen Ziele vom Unternehmen festgelegt werden, um die strategischen Ziele mit Blick auf die Ressourcennutzung und Kreislaufwirtschaft zu erreichen; diese sind mit den erwarteten Ergebnissen für Menschen, Umwelt oder das Unternehmen im Hinblick auf wesentliche Auswirkungen, Risiken und Chancen in Bezug zu setzen (Rz 56);
- der Gesamtfortschritt bei Verwirklichung der angenommenen Ziele im Lauf der Zeit (Rz 57);
- ob und wie das Unternehmen die Wirksamkeit seiner Maßnahmen zur Bewältigung wesentlicher Auswirkungen, Risiken und Chancen in Bezug auf die Ressourcennutzung und Kreislaufwirtschaft verfolgt und den Fortschritt bei Erreichung seiner strategischen Ziele misst, wenn das Unternehmen keine messbaren, zeitgebundenen und ergebnisbezogenen Ziele festgelegt hat (Rz 58);
- ob und wie Stakeholder in die Ableitung der Zielsetzungen einbezogen wurden (Rz 59).
Rz. 56
Die in MDR-T in ESRS 2.79(b) (Rz 55) festgelegten Ziele müssen alle drei Anforderungen kumulativ aufweisen: Sie müssen messbar, zeitgebunden und ergebnisbezogen sein. Die Angabe zu den Zielen kann bspw. erfolgen, indem das Unternehmen bestimmte Zielwerte für die Erhöhung des Anteils an recycelbaren Bestandteilen im Endprodukt – aufgeschlüsselt nach den unterschiedlichen Produktarten – bezogen auf einen konkreten Zeitraum (z. B. eine bestimmte Anzahl an Jahren) nennt und beschreibt, wie sich dies auf die Höhe der Erlöse oder Aufwendungen auswirkt. Letzteres konkretisiert den Bezug zum Ergebnis des Unternehmens. Die Angabe der Werte (bspw. für die Erhöhung des Anteils an recycelbaren Bestandteilen im Endprodukt) kann etwa als Mengenangabe oder in Prozent erfolgen. Allerdings ist die Angabe von konkreten Werten der Angabe als Verhältnis gem. ESRS E5.AR15 vorzuziehen.
Als Beispiel für die Formulierung von Zielen führt die adidas AG im Geschäftsbericht Maßnahmen an, die Verbesserungen mit Blick auf die Kreislaufwirtschaft bezwecken. Die darin enthaltenen Angaben genügen den Anforderungen nach ESRS E5-3 i. V. m. ESRS 2.79(b) zwar nicht, könnten aber als Ausgangspunkt für die Formulierung konkreter Ziele gewählt werden. So heißt es im Geschäftsbericht 2022:
Praxis-Beispiel adidas – Basis für die Ausformulierung von Zielen
"Neben verschiedenen Produkteinführungen haben wir im Jahr 2022 auch unsere kreislaufwirtschaftlichen Dienstleistungen fortgesetzt, die zum Ziel haben, die Lebensdauer des Produkts zu verlängern. In unserem Terrex Store in München haben wir bspw. einen Reparaturservice für Sportschuhe eingeführt, außerdem gibt es in mehreren Flagship Stores wie in Berlin, London, Dubai und Shenzen einen Reinigungsservice für Sneaker."
Praxis-Tipp
Um den Berichtsanforderungen zu genügen, könnte eine bestimmte Menge an Produkten, die mit derartigen Maßnahmen eine Verlängerung der Lebensdauer erfahren sollen, für einen bestimmten Zeitraum festgelegt und es könnten die erwarteten Ergebnisauswirkungen genannt werden.
Eine Anpassung der Berichterstattung mit Blick auf die neuen regulatorischen Anforderungen erfolgte bereits für das Berichtsjahr 2023. Allerdings enthält auch der Geschäftsbericht von adidas für das Jahr 2023 noch keine konkreten Ziele. Stattdessen werden mehrere Aktivitäten aufgelistet, die dazu dienen sollen, "dass wir [adidas; d. Verf.] den Wandel in der Modeindustrie vorantreiben, mi...