Prof. Dr. Karina Sopp, Prof. Dr. Silvia Rogler
Rz. 102
Ergänzend zu den allgemeinen Angabepflichten zu Ressourcenabflüssen nach ESRS E5-5 beinhaltet der Abschnitt "Produkte und Materialien" weitere Vorgaben zu Ressourcenabflüssen für Produkte und Materialien. Konkret ist dieser Abschnitt den Angaben nach ESRS E5.34(a) inhaltlich zugeordnet.
Während ESRS E5.34(a) eine Beschreibung verlangt, wie das Unternehmen dazu beiträgt, Produkte und Materialien im Einklang mit den Grundsätzen der Kreislaufwirtschaft zu entwickeln, hat das Unternehmen gem. ESRS E5.35 die wichtigsten Produkte und Materialien zu beschreiben, die aus dem Produktionsprozess des Unternehmens hervorgehen und nach Kreislaufprinzipien entwickelt wurden. Demzufolge ist diese Angabe als Ergebnis auf die Bemühungen zu sehen, die nach ESRS E5.34(a) darzustellen sind.
Die Beschreibung der Produkte und Materialien hat Informationen zu den folgenden Aspekten zu enthalten: Haltbarkeit, Wiederverwendbarkeit, Reparaturfähigkeit, Demontage, Wiederaufbereitung, Aufarbeitung, Recycling und Rückführung durch den biologischen Kreislauf oder Optimierung der Nutzung des Produkts oder Materials durch andere zirkuläre Geschäftsmodelle (ESRS E5.35).
Rz. 103
Die Vorgabe zur Beschreibung der wichtigsten Produkte und Materialien nach ESRS E5.35 ist auf den ersten Blick schwerlich mit den dazugehörigen Application Requirements gem. ESRS E5.AR26 in Einklang zu bringen – jedenfalls dann, wenn auf den Wortlaut von AR26 abgestellt wird. Während ESRS E5.35 eine Angabe nur für die wichtigsten Produkte und Materialien, die nach Kreislaufprinzipien entwickelt wurden, vorsieht, verlangt ESRS E5.AR26 die Offenlegung der Beschreibung nach ESRS E5.35 für alle Materialien und Produkte, die aus dem Produktionsprozess des Unternehmens hervorgehen und die ein Unternehmen auf den Markt bringt (einschl. der Verpackungen). Es fehlt folglich die Einschränkung sowohl auf die wichtigsten Produkte und Materialien als auch auf solche Produkte und Materialien, die durch Bemühungen des Unternehmens zur Umsetzung von Kreislaufprinzipien gekennzeichnet sind.
Demzufolge kann ESRS E5.AR26 nur so ausgelegt werden, dass AR26 die Grundlage für die Auswahl derjenigen Produkte und Materialien bildet, die anschließend gem. den strengeren Anforderungen von ESRS E5.35 für die Berichterstattung auszuwählen sind. Hieraus folgt also nur, dass in einem ersten Schritt alle Kategorien an Produkten und Materialien inkl. der Verpackungen zu betrachten sind, die auch abgesetzt werden. Einschränkend ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, welche dieser Produkte und Materialien
- vom Unternehmen produziert werden – also nicht etwa als Verpackungsmaterial lediglich eingekauft und beim Verpacken selbst produzierter Waren verwendet und weiterverkauft werden,
- nach Kreislaufprinzipien entwickelt wurden – mithin als Ergebnis der Bemühungen zu sehen sind, die gem. ESRS E5.34(a) offengelegt wurden, und
- aus Sicht des Unternehmens als wichtig eingestuft werden.
Für die Einordnung der Produkte und Materialien kann auf deren Wesentlichkeit aus finanzieller und strategischer Perspektive verwiesen werden. Produkte und Materialien von untergeordneter finanzieller Bedeutung können für die Berichterstattung vernachlässigt werden, wenn diese Produkte nicht essenziell für die Wertschöpfung des Unternehmens oder dessen Marktstellung sind.
Rz. 104
Weitere Angaben im Zusammenhang mit der Beschreibung der wichtigsten Produkte und Materialien nach ESRS E5.35 sind ESRS E5.40 und ESRS E5.AR33 zu entnehmen. Aufgrund der – nicht stringenten – Zuordnung dieser Angabepflichten zum Abschnitt "Abfälle" finden sich weitere Hinweise bei der Kommentierung unter Rz 122.
Rz. 105
Neben einer allgemeinen Beschreibung verlangt ESRS E5.36 darüber hinaus die Offenlegung folgender Angaben, wenn die Ressourcenabflüsse beim berichtenden Unternehmen als wesentlich eingestuft wurden:
- die erwartete Haltbarkeit der vom Unternehmen auf den Markt gebrachten Produkte im Verhältnis zum Branchendurchschnitt, wobei diese Angabe für jede Produktgruppe gesondert zu tätigen ist;
- die Reparierbarkeit von Produkten, eingeordnet nach einem etablierten Bewertungssystem für die Reparierbarkeit, sofern diese Angabe möglich ist;
- den recycelbaren Anteil in Produkten und deren Verpackungen.
Aus der Angabepflicht resultiert nicht die Notwendigkeit, den tatsächlichen Umgang mit den Produkten oder Materialien beim Abnehmer des berichtenden Unternehmens nachzuvollziehen. Vielmehr geht es darum, die Eigenschaften bzw. potenziellen Verwertungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Letzteres kann einen Anreiz beim berichtenden Unternehmen setzen, die Eigenschaften der Produkte oder Materialien entsprechend auszugestalten.
Rz. 106
Obwohl ESRS E5.36(a) eine Beschreibung zur "Haltbarkeit der vom Unternehmen in Verkehr gebrachten Produkte" verlangt, kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich diese Angabepflicht auf solche Produkte erstreckt, die von Unternehmen aus dem Sektor Handel eingekauft und dem Wesen nach unverändert weiterverkauft werden. Aus ...