Rz. 6
Anlage A von ESRS 1 enthält die Aufstellung an Nachhaltigkeitsaspekten, die bei der Wesentlichkeitsanalyse eines berichtspflichtigen Unternehmens mind. zu würdigen sind (§ 3 Rz 67). Die für ESRS S3 einschlägige Aufstellung von Themen, Unterthemen und Unter-Unterthemen enthält Tab. 1:
Thema |
Unterthema |
Unter-Unterthema |
Betroffene Gemeinschaften |
Wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte von Gemeinschaften |
- Angemessene Unterbringung
- Angemessene Ernährung
- Wasser- und Sanitäreinrichtungen
- Bodenbezogene Auswirkungen
- Sicherheitsbezogene Auswirkungen
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Bürgerrechte und politische Rechte von Gemeinschaften |
- Meinungsfreiheit
- Versammlungsfreiheit
- Auswirkungen auf Menschenrechtsverteidiger
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Rechte indigener Völker |
- Freiwillige und in Kenntnis der Sachlage erteilte vorherige Zustimmung
- Selbstbestimmung
- Kulturelle Rechte
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Tab. 1: Nachhaltigkeitsaspekte gem. ESRS S3 (ESRS 1, App. A)
Rz. 7
Der thematische Bogen über die Vielzahl an Unterthemen bzw. Unter-Unterthemen, die in Tab. 1 enthalten sind, ist jener der Achtung der Menschenrechte. Die Basis for Conclusions zu ESRS S3 führt dazu aus: "Human rights (which include labour rights) address the full range of types of negative impacts on peoples that can occur: economic, social, cultural, civil and political. […] Human rights represent a threshold: they are about impacts on peoples that are sufficiently acute that they undermine the basic dignity and equality of individuals" (ESRS S3.BC9 f.). Tatsächliche bzw. potenzielle Auswirkungen von Wirtschaftsaktivitäten auf Menschenrechtsbelange sind gem. ihrer inhärenten Schwere sehr häufig als wesentlich zu klassifizieren (§ 3 Rz 83); aus diesen wesentlichen Auswirkungen werden wiederum regelmäßig wesentliche Chancen und Risiken für das Unternehmen erwachsen, weswegen die in der Folge angeführten Nachhaltigkeitsaspekte für die Zwecke der Nachhaltigkeitsberichterstattung entsprechend tiefgehend zu analysieren sind (ESRS S3.BC10).
Rz. 8
Auf Ebene der Unterthemen folgt die Unterteilung in Tab. 1 der Unterscheidung nach den Anwendungsbereichen des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (Sozialpakt, ICESCR) und des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte (Zivilpakt, ICCPR). Beide ergeben zusammen mit der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte sowie mit weiteren Verlautbarungen die Internationale Menschenrechtscharta der UN. Gegenstücke sind auf europäischer Ebene die Europäische Menschenrechtskonvention mit ihrer Teilverlautbarung der (revidierten) Europäischen Sozialcharta (als Gegenstück zum UN-Sozialpakt). Dies ist der thematische Bezugspunkt, der für gem. CSRD/ESRS berichtspflichtige Unternehmen bei ihrer Wesentlichkeitsanalyse relevant ist. Dem Unterthema der Rechte indigener Völker kommt auf völkerrechtlicher Ebene eine Sonderstellung zu; es konkretisiert ein besonderes Mitspracherecht indigener Völker.
Rz. 9
Das Recht auf angemessene Unterbringung ist in Art. 25 ("Recht auf Wohlfahrt") der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte i. V. m. Art. 11 des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte verankert; es findet sich darüber hinaus in Art. 16 der Europäischen Sozialcharta bzw. Art. 31 der revidierten Europäischen Sozialcharta. Eine Konkretisierung der von diesem Menschenrecht umfassten Aspekte bietet der 4. Allgemeine Kommentar des UN-Ausschusses für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte sowie das dazu erlassene Fact Sheet No. 21 (Rev. 1): "The Human Right to Adequate Housing" des Büros des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte:
- Rechtliche Sicherheit der Besitzverhältnisse: Unbeschadet der tatsächlichen Ausgestaltung von Besitzverhältnissen in einem Wohnverhältnis sollen alle Menschen über ein gewisses Maß an Rechtssicherheit verfügen, das Rechtsschutz gegen Zwangsräumungen, Schikanen und andere Bedrohungen bietet.
- Erschwinglichkeit: Die finanziellen Kosten, die mit der Nutzung von Wohnraum verbunden sind, sollen die Verwirklichung und Befriedigung anderer Grundbedürfnisse (z. B. Ernährung, Bildung, Zugang zur Gesundheitsversorgung) nicht gefährden oder beeinträchtigen.
- Bewohnbarkeit: Eine angemessene Unterbringung umfasst ausreichenden Platz, Schutz vor Kälte, Feuchtigkeit, Hitze, Regen, Wind oder anderen Gesundheitsgefahren, vor baulichen Gefahren und vor Krankheitsüberträgern.
- Verfügbarkeit von Dienstleistungen, Materialien, Einrichtungen und Infrastruktur: Eine angemessene Unterbringung umfasst weiterhin, dass Bewohnern u. a. sauberes Trinkwasser, Energie zum Kochen, Heizen und Beleuchten, sanitäre Einrichtungen und Waschgelegenheiten, Möglichkeiten zur Aufbewahrung von Lebensmitteln und zur Müllentsorgung zur Verfügung stehen.
- Zugänglichkeit: Die besonderen Bedürfnisse benachteiligter und marginalisierter Gruppen (z. B. Arme, diskriminierte Menschen, Menschen mit Behinderungen, Opfer von Naturkatastrophen; Rz 42) müssen gleichermaßen berücksichtigt werden.
- Lage: Eine angemessene Unterbringung umfasst den Z...