Rz. 34
Als Reaktion auf die Forderung nach einer global baseline (Rz 1 f.) haben die IFRS Foundation und EFRAG im Mai 2024 als Ergebnis einer gemeinsamen Anstrengung Leitlinien zur Angleichung der IFRS SDS und ESRS veröffentlicht. Inhaltlich konzentrieren sich die Leitlinien auf klimabezogene Angaben und decken daher hauptsächlich die Anforderungen von IFRS S2 und, soweit relevant, die Anforderungen von IFRS S1 im Verhältnis zu den umfangreicheren ESRS ab. Die Ausführungen sind in vier Abschnitte aufgeteilt:
- Allgemeine Anforderungen in den ESRS- und ISSB-Normen (Rz 36),
- gemeinsame klimabezogene Offenlegungen in tabellarischer Darstellung (Rz 37),
- Vergleich der ESRS mit IFRS S2 – Informationen, die ein Unternehmen, das mit den ESRS beginnt, wissen muss, wenn es auch die ISSB-Standards anwendet, um die Einhaltung beider Standards zu ermöglichen (Rz 38),
- Vergleich von IFRS S2 mit den ESRS – Informationen, die ein Unternehmen, das mit den ISSB-Standards beginnt, wissen muss, wenn es auch die ESRS anwendet, um die Einhaltung beider Standards zu ermöglichen (Rz 39).
Bei Berücksichtigung der Interoperabilitätsleitlinien soll unabhängig davon, ob ein Unternehmen mit den ESRS oder den IFRS SDS beginnt, den Klimaanforderungen beider Rahmenwerke entsprochen werden können (!). Die Anwendung der Leitlinien garantiert gleichwohl keinen Erfolg i. S. e. automatischen Erfüllung der Anforderung beider Rahmenwerke. Es bleibt bei der Notwendigkeit einer unternehmensindividuellen Beurteilung unter Berücksichtigung der Wesentlichkeitsanforderungen.
Rz. 35
Die Leitlinien betreffen insbes. multinationale Unternehmen, die nicht nur eine Einhaltung beider Rahmenwerke anstreben, sondern möglicherweise beide Anforderungen einhalten müssen. Eine Verpflichtung zur Interoperabilität kann sich ergeben, wenn sich berichtspflichtige Unternehmen einer multinationalen Gruppe unterschiedlichen nationalen Anforderungen ausgesetzt sehen. So haben bislang etwa Brasilien und die Türkei angekündigt (weitere Länder folgen voraussichtlich), dass die IFRS SDS für berichtspflichtige Unternehmen im jeweiligen Land als Berichtsgrundlage gefordert werden. Ein multinationales Unternehmen muss daher beide Rahmenwerke einhalten, wenn es berichtende Unternehmen in Ländern hat, die die Einhaltung der ESRS verlangen, und berichtende Unternehmen in Ländern, die die Einhaltung der IFRS SDS verlangen. In Abhängigkeit davon, welches Rahmenwerk als vorrangig angesehen wird, ergeben sich unterschiedliche Schritte bis zur Interoperabilität.
Abb. 4: Notwendige Schritte zur Übereinstimmung mit beiden Rahmenwerken
Rz. 36
Die wichtigsten Punkte aus dem Anleitungsmaterial zur Sicherstellung der Interoperabilität lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- Die Definition der Wesentlichkeit in IFRS S1 ist an die Definition der finanziellen Wesentlichkeit in den ESRS angeglichen. Beide Anforderungen an die finanzielle Wesentlichkeit beruhen auf dem Kriterium des Entscheidungsnutzens, um wesentliche Informationen zu ermitteln, die offengelegt werden müssen. Bei der zusätzlich geforderten doppelten Wesentlichkeitsbeurteilung nach den ESRS wird jedoch berücksichtigt, welche Informationen sowohl für Investoren als auch für andere Stakeholder entscheidungsnützlich sind, während sich die ISSB-Standards darauf konzentrieren, was nur für Investoren entscheidungsnützlich ist.
- Die Anforderungen in IFRS S1 lassen die Darstellung von Angaben an verschiedenen Stellen zu, solange die Informationen in den allgemeinen Finanzberichten des Unternehmens enthalten sind. Nach den ESRS müssen Nachhaltigkeitsinformationen in einem Nachhaltigkeitsbericht dargestellt werden, der als eigener Abschnitt des Lageberichts vorgesehen ist. Grds. stimmt der geforderte Ort für die Angaben in den ESRS mit dem in IFRS S1 überein. Es ist jedoch wichtig, dass die Unternehmen sicherstellen, dass zusätzliche Informationen, die nach den ESRS offengelegt werden, nicht die Informationen verdecken, die nach den ISSB-Standards offengelegt werden müssen.
- ESRS 1 und ESRS 2, die allgemeinen Standards vor der Klammer, verlangen – wie IFRS S1 – die Offenlegung von Informationen zu den als wesentlich eingestuften nicht klimabezogenen Nachhaltigkeitsthemen. Die ESRS haben spezielle Berichtsstandards für zehn verschiedene Nachhaltigkeitsthemen, darunter auch das Klima. Demgegenüber enthalten die IFRS SDS bisher nur einen themenspezifischen Berichtsstandard zum Klima (IFRS S2); in Ermangelung weiterer Vorgaben, die sich speziell auf ein nachhaltigkeitsbezogenes Risiko oder eine Chance beziehen, legt IFRS S1 die Quellen fest, die ein Unternehmen nutzen sollte, um weitere Nachhaltigkeitsaspekte zu identifizieren, über die berichtet werden sollte. Vorrangig sind zwar die Angaben der SASB-Standards heranzuziehen, die ESRS stellen aber ebenfalls eine zulässige Orientierungshilfe dar.
- Beide Rahmenwerke bieten zahlreiche Erleichterungsklauseln an, die im Anhang zu den Leitlinien behandelt werden. In den Leitlinien wird den Unternehmen jedoch emp...