Dr. Josef Baumüller, Prof. Dr. Kerstin Lopatta
Rz. 9
ESRS 1 stellt den Aufbau der weiteren ESRS (ESRS 2, themenbezogene Standards und sektorspezifische Standards) dar. Dieser orientiert sich an der Struktur der Angabepflichten, welche die Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD) eingeführt hat und die auch den IFRS SDS zugrunde liegen. Demnach sind sämtliche Angabepflichten in den Standards einem der folgenden vier Kategorien zugeordnet (ESRS 1.12):
- Governance (Governance), kurz GOV: "die Verfahren, Kontrollen und Vorgänge im Bereich der Governance zur Überwachung, Verwaltung und Beaufsichtigung von Auswirkungen, Risiken und Chancen" (ESRS 1.12(a));
- Strategie (Strategy and Business Model), kurz SBM: "das Zusammenspiel der Strategie und des Geschäftsmodells des Unternehmens mit dessen wesentlichen Auswirkungen, Risiken und Chancen, einschließlich des Umgangs des Unternehmens mit diesen Auswirkungen, Risiken und Chancen" (ESRS 1.12(b));
- Management der Auswirkungen, Risiken und Chancen (Impact, Risk and Opportunity Management), kurz IRO: "das bzw. die Verfahren, mit dem/denen das Unternehmen (i.) Auswirkungen, Risiken und Chancen ermittelt und ihre Wesentlichkeit bewertet […] (ii.) sowie wesentliche Nachhaltigkeitsaspekte mittels Konzepte und Maßnahmen angeht" (ESRS 1.12(c));
- Kennzahlen und Ziele (Metrics and Targets), kurz MT: "die Leistung des Unternehmens, einschließlich der von ihm festgelegten Ziele und der Fortschritte bei der Erreichung dieser Ziele" (ESRS 1.12(d)).
Diese vier Berichterstattungsbereiche werden in ESRS 2 (§ 4) weiter beschrieben und um konkrete Angabepflichten ergänzt, die ein grundlegendes Verständnis für die davon erfassten Sachverhalte schaffen sollen. Aus der Zuordnung einer Angabepflicht gem. ESRS zu einem der hier angeführten Berichterstattungsbereiche ergibt sich jedoch selbst keine unmittelbare Konsequenz.
Rz. 10
In terminologischer Hinsicht nicht ausdrücklich als Berichterstattungsbereiche geführt, aber von ähnlich grundlegender Bedeutung ist eine (sekundäre) Einteilung der Angabepflichten in vier weitere Kategorien, die ESRS 1 behandelt (in dieser Kommentierung auch: "sekundäre Berichterstattungsbereiche"). Diese wird im Glossar zu den ESRS näher definiert:
Konzepte (policies): "Eine Reihe oder ein Rahmen von allgemeinen Zielen und Managementprinzipien, die das Unternehmen für die Entscheidungsfindung nutzt. Die Planung oder die Managemententscheidungen des Unternehmens in Bezug auf einen wesentlichen Nachhaltigkeitsaspekt werden in einem Konzept umgesetzt. Jedes Konzept unterliegt der Verantwortung einer oder mehrerer definierter Personen, hat einen festgelegten Anwendungsbereich und umfasst ein oder mehrere Ziele (gegebenenfalls in Verbindung mit messbaren Zielen). Ein Konzept wird gemäß den geltenden Governance-Vorschriften des Unternehmens validiert und überprüft. Ein Konzept wird mittels Maßnahmen oder Aktionsplänen umgesetzt."
Ausdrücklich hingewiesen sei darauf, dass die erste Version der deutschsprachigen Übersetzung der ESRS diese "Konzepte" mit "Strategien" übersetzte. Dies hieß aber nicht, dass sie mit den Strategien (SBM) lt. Einteilung der (primären) Berichterstattungsbereiche gleichzusetzen sind – hier lag eine nicht den Kern der Sache erfassende deutsche Übersetzung des englischen Begriffs "policies" vor, der bisher lt. CSRD mit "Unternehmenspolitiken" (treffender) übersetzt wurde. Die GRI-Standards sprechen auch von "Management-Ansatz", was unterstreicht, dass ein weites Verständnis vom Berichtsgegenstand vorherrscht, der sich bspw. auch nicht mit Richtlinien oder sonstigen Verfahrensanweisungen erschöpfen kann.
- Maßnahmen (actions): "Maßnahmen bezieht sich auf: (i.) Maßnahmen und Aktionspläne (einschließlich Übergangspläne), die durchgeführt werden, um sicherzustellen, dass das Unternehmen festgelegte Ziele erreicht, und mit denen das Unternehmen auf wesentliche Auswirkungen, Risiken und Chancen reagiert, und (ii.) Entscheidungen, diese mit finanziellen, personellen oder technologischen Mitteln zu unterstützen."
- Kennzahlen (metrics): "Kennzahlen sind qualitative und quantitative Indikatoren, die das Unternehmen verwendet, um die Wirksamkeit der Durchführung seiner nachhaltigkeitsbezogenen Strategien und die Erfüllung seiner Ziele im Zeitverlauf zu messen und darüber Bericht zu erstatten. Durch Kennzahlen wird auch die Messung der Ergebnisse des Unternehmens in Bezug auf die Auswirkungen auf Personen, die Umwelt und das Unternehmen unterstützt."
- Ziele (targets): "Messbare, ergebnisorientierte und terminierte Zielsetzungen, die das Unternehmen in Bezug auf wesentliche Auswirkungen, Risiken oder Chancen erreichen will. Sie können vom Unternehmen freiwillig festgelegt werden oder sich aus rechtlichen Anforderungen an das Unternehmen ergeben."
Auch diese Einteilung der Angabepflichten erstreckt sich quer über alle ESRS hinweg, jedoch wird sie inzwischen nur noch untergeordnet dargestellt. Ursprünglich stellten diese Berichterstattungsbereiche im Entwicklungsprozess der ESRS di...