Dr. Josef Baumüller, Prof. Dr. Kerstin Lopatta
Rz. 56
In ESRS 2 GOV-2 wird geregelt, dass Unternehmen offenzulegen haben, wie die Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane über Nachhaltigkeitsaspekte informiert werden und wie diese Aspekte während des Berichtszeitraums behandelt wurden. Berichtsadressaten sollen auf Basis dieser Informationen besser nachvollziehen können, ob die Mitglieder dieser Gremien angemessen informiert waren und ob sie somit in der Lage waren, ihre Aufgaben zu erfüllen (ESRS 2.25). Diese Informationen ergänzen somit die Angaben, die Unternehmen über die Rolle und Zuständigkeiten der einzelnen Mitglieder der Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane des Unternehmens zu tätigen haben in Bezug auf
- Nachhaltigkeitsfragen,
- Zusammensetzung sowie
- Fachwissen und ihre Fähigkeiten (in Bezug auf die Erfüllung dieser Rolle oder den Zugang zu solchem Fachwissen und solchen Fähigkeiten).
Rz. 57
Unternehmen haben nach ESRS 2.26(a) offenzulegen, ob, durch wen und wie häufig die Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane, einschl. ihrer jeweiligen Ausschüsse, über wesentliche Auswirkungen, Risiken und Chancen (Rz 110), die Umsetzung der Sorgfaltspflicht im Bereich Nachhaltigkeit (sog. Due-Diligence-Prüfung) sowie die Ergebnisse und die Wirksamkeit der beschlossenen Konzepte, Maßnahmen, Kennzahlen und Ziele informiert werden.
Ausweislich ESRS 2.BC33 betrifft diese Offenlegungsanforderung das Verfahren und die Häufigkeit, mit der die Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane über wesentliche Auswirkungen, Risiken und Chancen informiert werden. Die Offenlegung eines solchen Prozesses ergänzt die Informationen, die i. R. d. Offenlegungsanforderung ESRS 2 GOV-1 zur allgemeinen Beschreibung der Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane in Bezug auf die Nachhaltigkeit zur Verfügung gestellt wurden, indem sie die Nutzer in die Lage versetzt zu verstehen, ob die Leitungsorgane Zugang zu Informationen haben, die sie für die Ausübung ihrer Rolle in Bezug auf Nachhaltigkeitsaspekte benötigen. Dies liefert Informationen über die Leitung und Organisation des Unternehmens aus verfahrenstechnischer Sicht.
Die Offenlegungserfordernisse des ESRS 2.26(a) weisen eine Ähnlichkeit zu bereits bestehenden handelsrechtlichen Bestimmungen auf, die kapitalmarktorientierte Unternehmen anzuwenden haben. Kapitalmarktorientierte Unternehmen haben nach § 289f Abs. 2 Nr. 3 HGB in der Erklärung zur Unternehmensführung die Arbeitsweise von Vorstand und Aufsichtsrat zu beschreiben. Hierzu gehört auch die Beschreibung der Informationsversorgung des Aufsichtsrats durch den Vorstand (§ 90 AktG). Hierbei sind allerdings eher abstrakte Angaben zur allgemeinen Verfahrensweise zu machen. Es bietet sich dennoch an, im Nachhaltigkeitsbericht auf diese Angaben in der Erklärung zur Unternehmensführung oder in Österreich auf den Corporate-Governance-Bericht nach § 243c UGB i. S. e. zulässigen Incorporation by reference zu verweisen.
Rz. 58
Gesetzlich werden folgende Mindestunterrichtungen vorgeschrieben:
- Mind. einmal jährlich muss der Vorstand über die Geschäftspolitik und Grundsatzfragen der Unternehmensplanung berichten. Sofern sich Änderungen der Unternehmenslage ergeben, sind diese unverzüglich zu berichten.
- Der Vorstand muss zudem über die Rentabilität der Gesellschaft bzw. über die Rentabilität des Eigenkapitals berichten. Dieser Bericht muss dem Aufsichtsrat bei der Sitzung, in der über den Jahresabschluss verhandelt wird, vorgelegt werden.
- Mind. einmal im Quartal muss der Vorstand über die Unternehmenslage und den Gang der Geschäfte berichten.
- Über Geschäfte, die die Rentabilität oder die Liquidität des Unternehmens wesentlich beeinflussen können, ist der Aufsichtsrat rechtzeitig zu informieren, so dass dieser Stellung zu diesen Geschäften beziehen kann.
Im AktG wird zwar (noch) nicht konkretisiert, dass der Aufsichtsrat auch über wesentliche Nachhaltigkeitsangelegenheiten zu informieren ist. Diese Regelungslücke greift allerdings der Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK) auf. So wird in Grundsatz 6 des DCGK explizit hervorgehoben, dass zur Überwachung und Beratung des Aufsichtsrats auch Nachhaltigkeitsfragen gehören. Damit der Aufsichtsrat seine Aufgaben ordnungsgemäß ausführen kann, ist er somit auch zu diesen Themen zu informieren, was wiederum im Nachhaltigkeitsbericht darzustellen ist. Die in § 90 AktG verankerten Regelungen zur Informationsversorgung sind ohnehin eher als Mindestvorgaben zu sehen.
Insbes. die Geschäftsordnung kann weiterführende Regelungen zur Informationsversorgung des Aufsichtsrats beinhalten, weswegen auch bei der Berichterstattung nach ESRS 2.26(a) ein Verweis auf die Geschäftsordnung sinnvoll sein kann.
Rz. 59
Die Berichtsangaben zur Informationsversorgung sind um Angaben darüber zu ergänzen, wie die Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane die Auswirkungen, Risiken und Chancen bei der Überwachung der Strategie des Unternehmens, seiner Entscheidungen über wichtige Transaktionen und seines Risikomanagementverfahrens berück...