Tanja Traub, Daniel Schwab
Zusammenfassung
Die Nachhaltigkeitsberichterstattung öffentlicher Gebietskörperschaften und öffentlicher Unternehmen folgt gegenwärtig noch keiner einheitlichen Systematik. Sie steckt vielfach noch in den Kinderschuhen. Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) der Europäischen Kommission weitet nunmehr die Rechenschaftspflichten von Unternehmen über ihr nachhaltiges Handeln massiv aus. Nichtfinanzielle Informationen sollen in Jahresabschlüssen und Lageberichten finanziellen Informationen gleichgestellt werden. Dies bleibt nicht ohne Auswirkungen auf die Rechnungslegung von Kernverwaltungen und öffentlichen Unternehmen. Denn das Handelsrecht, das im Zuge der Umsetzung der CSRD zu novellieren ist, bildet den Rahmen des öffentlichen Rechnungswesens. Vielfach sind die Verweise auf das Handelsrecht in den Rechtsgrundlagen dynamisch ausgestaltet. Mit Blick auf den Adressatenkreis der Rechnungslegung öffentlicher Gebietskörperschaften, vornehmlich das Parlament und die interessierte Öffentlichkeit, der sich doch erheblich von den Adressaten der Rechnungslegung von Unternehmen, Gläubigern und Kapitalgebenden, unterscheidet, sollte die öffentliche Hand ihren Gestaltungsspielraum im Regelwerk ausnutzen und die Anforderungen der CSRD nicht vollständig übernehmen. Die bestehenden Gestaltungsspielräume zeigt dieser Beitrag am Beispiel der Freien und Hansestadt Hamburg auf. Perspektivisch sollte eine auf die Bedürfnisse der öffentlichen Hand zugeschnittene Nachhaltigkeitsberichterstattung entwickelt werden.
1 Problemstellung und Gang der Untersuchung
Der Gedanke der Nachhaltigkeit ist ein Leitprinzip des Hamburger Haushalts- und Rechnungswesens. Es soll in sämtlichen Phasen des Haushaltszyklus – Planaufstellung, Bewirtschaftung und Abrechnung – Berücksichtigung finden. Entsprechend legt § 1 Landeshaushaltsordnung (LHO) fest, dass bei der Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplans dem "Prinzip der ökologischen, ökonomischen und sozialen Nachhaltigkeit Rechnung zu tragen ist".
"Gerade auch über die Haushalts- und Finanzpolitik können wir einen wichtigen Beitrag für mehr Nachhaltigkeit leisten" – so Hamburgs Finanzsenator Herr Dr. Dressel anlässlich der Ausrichtung der städtischen Anlagestrategie auf Nachhaltigkeit.
Den Referenzrahmen für ein nachhaltiges Haushalts- und Rechnungswesen bilden die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (SDG) mit ihren 169 Unterzielen. Aus diesen hat die Stadt Leitsätze für die Aufstellung des Haushaltsplans abgeleitet.
Die Berichterstattung über die Nachhaltigkeit im Rahmen der städtischen Rechnungslegung steckt gleichwohl noch in den Kinderschuhen. Der Geschäftsbericht der Stadt Hamburg bietet einen Überblick über verschiedene Nachhaltigkeitsindikatoren, die den einzelnen SDG zugeordnet sind. Sie vermitteln einen Eindruck darüber, ob es der Stadt gelingt, ihre Ziele zu erreichen und ob im Jahresvergleich Fortschritte erzielt werden konnten. Zudem veröffentlichte die Stadt im vergangenen Jahr zum ersten Mal einen Bericht über den Stand der Umsetzung der Agenda 2030 – Voluntary Local Review (VLR).
Dieses Berichtsinstrument hat sich auf kommunaler Ebene bewährt.
Die jüngst auf europäischer Ebene verabschiedete "Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD)" hat den Diskussionen um Art und Umfang einer Nachhaltigkeitsberichterstattung im öffentlichen Sektor neuen Auftrieb gegeben. Die Richtlinie soll einen Paradigmenwechsel in der Rechenschaftslegung von Unternehmen bewirken: Sie richtet den Fokus auf nichtfinanzielle Aspekte und nachhaltiges Handeln. Die rechenschaftspflichtigen Unternehmen müssen umfassend Auskunft über Strategien, Ziele und Maßnahmen auf dem Weg hin zu nachhaltigem unternehmerischen Handeln geben. Das nachhaltige Handeln wird auf der Grundlage vorgegebener Kennzahlen gemessen. Dies soll für mehr Transparenz sorgen und zugleich die nichtfinanzielle Berichterstattung aufwerten. Sie soll künftig der "klassischen" Finanzberichterstattung ebenbürtig sein.
Die CSRD ist vom Bundesgesetzgeber in nationales Recht umzusetzen. Die einschlägigen Paragrafen im Handelsgesetzbuch (HGB), insbesondere § 289 HGB, dürften zeitnah novelliert werden.
Das Handelsrecht bildet den Referenzrahmen für die öffentliche Rechnungslegung. Es stellt sich somit die Frage, ob sich die zu erwartende Novellierung des Handelsrechts auch auf die Rechnungslegung öffentlicher Gebietskörperschaften auswirken wird. Dieser Frage geht dieser Beitrag am Beispiel des Jahres- und Konzernabschlusses der Freien und Hansestadt Hamburg nach. Ausgehend von einem kurzen Überblick über die Rechnungslegungs- und Berichtspflichten der Freien und Hansestadt Hamburg werden die Ziele und Adressaten der CSRD benannt. Danach wird das Zusammenwirken von Handelsrecht und öffentlicher Rechnungslegung betrachtet, um die möglichen Auswirkungen der CSRD auf die Hamburger Rechnungslegung identifizieren zu können. Der Beitrag schließt mit einer Empfehlung für den Umgang mit der CSRD in Hamburg.