Neben diesen Denkautomatismen gibt es weitere Erklärungen, warum Menschen sich nicht rational, vorausschauend und vernünftig verhalten. Einflussfaktoren, die menschliches Verhalten steuern, sind
- Gewohnheiten,
- Trägheit,
- Wahrnehmungsverzerrungen,
- soziale Einflüsse und
- Normen.
3.2.1 Gewohnheiten, Trägheit
Menschen neigen aus Gründen der Bequemlichkeit und aus Gewohnheiten dazu, einen bestimmten Zustand aufrechtzuerhalten. Das nennt man Status-quo-Effekt: Entscheidungen werden gerne aufgeschoben, gute Vorsätze und Absichten werden nicht umgesetzt oder verpuffen. Eine Verhaltensänderung findet selbst dann nicht statt, wenn die Kosten der Alternative geringer sind und der Nutzen größer ist.
Beispiele Gewohnheiten und Trägheiten
- Treppen werden nicht benutzt, wenn Aufzüge vorhanden sind, obwohl Treppensteigen gesünder ist.
- Verträge werden nicht gekündigt, obwohl die Frist-Möglichkeit dazu bestünde. Folge: der Vertrag verlängert sich mit dem ungünstigen Tarif automatisch.
- Oder ganz aktuell die Diskussion der Widerspruchslösung um das Thema Organspende: spricht sich jemand nicht explizit gegen eine Organspende aus, wird er automatisch Organspender nach seinem Tode.
3.2.2 Wahrnehmungsverzerrungen
Wahrnehmungsverzerrungen, sind vereinfachte Denklogiken, die zu schnellen und ökonomischen Entscheidungen führen, aber nicht immer den Tatsachen entsprechen. Diese Vereinfachungen im Wahrnehmen, Denken und Urteilen (sogenannte Urteilsheuristiken) reduzieren die Komplexität der Entscheidungssituation, sind zeit- und ressourcensparend und erlauben schnelle Urteile (Denken in System 1). Beispielsweise werden Tatsachen in ihrer Auftretenswahrscheinlichkeit über- oder unterschätzt oder es werden nur Informationen gesucht und beachtet, die der eigenen Überzeugung entsprechen.
Beispiele Wahrnehmungsverzerrungen
- Fliegen wird als gefährlicher eingeschätzt als Autofahren, obwohl es mehr (tödliche) Unfälle im Straßenverkehr gibt.
- Bei Lottospielen wird das Eintreffen der Zahlenfolge 3, 7, 17, 23, 30, 34 für wahrscheinlicher gehalten als die Reihe 10, 11, 12, 13, 14, 15, obwohl von der statistischen Auftretenswahrscheinlichkeit diese Zahlen genauso gut gezogen werden können.
- Informationen werden nicht beachtet, die der eigenen Überzeugung widersprechen: andere Meinungen werden nicht gehört, Gegen-Argumente nicht reflektiert.
3.2.3 Soziale Einflüsse und Normen
Die sozial relevante Gruppe eines Menschen (Peergroup) sowie gesellschaftliche Normen haben Einfluss auf Entscheidungen und das daraus resultierende Verhalten. Wenn Mitglieder der Peergroup (z. B. Kollegen, Freunde, Nachbarn) sich in irgendeiner Form verhalten, verhält man sich meist ebenso. Handlungsleitend ist – bewusst oder unbewusst – der ein Gruppendruck.
Beispiel Soziale Einflüsse und Normen
Wenn die Kollegen auf Dienst- und Geschäftsreisen bevorzugt den ÖPNV nutzen, wird man als Einzelner in der Regel eher nicht mit dem Pkw fahren.