Lara Dombrowski, Thomas Hirnschall
Zusammenfassung
Die EU-Taxonomie fordert eine Klimarisiko- und Vulnerabilitätsanalyse, in der zukünftige physische Klimarisiken bewertet werden. Der Beitrag erläutert die Anforderungen und stellt ein Konzept für ein effektives Vorgehen vor. Außerdem werden Empfehlungen für die Umsetzung gegeben und Auswirkungen auf andere Unternehmensbereiche dargestellt.
1 EU-Taxonomie fordert Klimarisikoanalyse
Neue nicht-finanzielle Berichtsanforderungen der EU stellen Unternehmen zunehmend vor Herausforderungen. Als Beispiele sind hier insbesondere die EU-Taxonomie Verordnung, das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) sowie die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) zu nennen. Im Mittelpunkt dieser Regelungen stehen regelmäßig Nachhaltigkeitsrisiken und -chancen sowie deren Management.
Nachhaltigkeitsrisiken umfassen sowohl Umweltrisiken als auch soziale Risiken oder Risiken aus der Unternehmensführung und sind somit über alle Dimensionen von ESG (Environment, Social, Governance) gestreut. Grundsätzlich müssen sich Unternehmen künftig stärker als bisher mit Nachhaltigkeitsrisiken auseinander setzen: Sie müssen eine Beschreibung der wichtigsten Risiken offenlegen, denen sie im Zusammenhang mit Nachhaltigkeitsaspekten ausgesetzt sind. Zusätzlich haben sie die wichtigsten Abhängigkeiten sowie die Art und Weise, wie sie diese Risiken steuern, zu beschreiben
Hierbei rücken insbesondere die Chancen und Risiken, welche sich aus dem Klimawandel und seinen Folgen ergeben, in den Fokus der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Unternehmen müssen sich mit verschiedenen Auswirkungen des Klimawandels auseinander setzen und diese offenlegen, siehe Abb. 1. So verlangt die EU-Taxonomie im Rahmen der Klimarisiko- und Vulnerabilitätsanalyse eine Beurteilung, welche physischen Klimarisiken zukünftig für das Unternehmen schlagend werden und wie vulnerabel es diesbezüglich ist (z. B. ein Anstieg des Meeresspiegels gefährdet Anlagen an der Meeresküste oder zunehmende Beschädigungen durch vermehrte Katastrophen, wie Hochwasser).
Abb. 1: Klimarisiken als Teil der EU-Taxonomiekonformität
2 Klimarisiko- und Vulnerabilitätsanalysen – Warum sind sie durchzuführen?
Klimarisiken waren für das GJ 2022 erstmals Teil der Offenlegungspflichten der EU-Taxonomie: Um einen Anteil des Umsatzes, CapEx oder OpEx als "taxonomiekonform" (ökologisch nachhaltig) ausweisen zu können, waren Unternehmen verpflichtet, für die zugehörigen Aktivitäten und Anlagen sogenannte "Klimarisiko- und Vulnerabiliätsanalysen" (kurz: Klimarisikoanalysen) durchzuführen. Endergebnis der Klimarisikoanalysen sind umfangreiche Auswertungen, die darüber Aufschluss geben,
- welche konkreten Auswirkungen vorgegebene physische Klimarisiken auf die Aktivitäten/Anlagen eines Unternehmens haben;
- welcher Schaden aus diesen Auswirkungen voraussichtlich resultieren wird (quantitativ und/oder qualitativ);
- welche Anpassungslösungen zur Hintanhaltung dieser Auswirkungen schon vorliegen oder geplant sind und
- wie vulnerabel schließlich die Aktivität/Anlage gegenüber jedem einzelnen Klimarisiko ist. Nur Aktivitäten, bei denen keine wesentliche Beeinträchtigung aufgrund der betrachteten Klimarisiken erwartet wird, können als ökologisch nachhaltig im Kontext der EU-Taxonomie ausgewiesen werden.
Diese Analysen geben den Unternehmen Informationen darüber, wie sie an die kommenden Veränderungen durch den Klimawandel angepasst sind – und eröffnen so die Chance, frühzeitig Anpassungsmaßnahmen in die Wege zu leiten. Ferner wird damit die Transparenz über solche Risiken im Unternehmen wie auch gegenüber Investoren und Stakeholdern erhöht.
3 Die 5 Schritte einer Klimarisikoanalyse
Jedes Unternehmen sollte sich frühzeitig mit Klimarisiken und der Vulnerabilität des eigenen Geschäfts auseinander setzen. Im Rahmen der Umsetzung der EU-Taxonomie wird hierfür i. d. R. ein funktionsübergreifendes Team zusammengestellt, da Kompetenzen aus verschiedenen Bereichen wie Risikomanagement, Nachhaltigkeit/Umwelt, Operations/Technik, sowie Controlling und Finanzen benötigt werden. Entsprechend sind im Rahmen der Analysen Schnittstellen zwischen diesen Bereichen zu schaffen und Kapazitäten einzubringen.
Für die Umsetzung der EU-Taxonomie-Projekte und der entsprechend geforderten Klimarisiko- und Vulnerabilitätsanalyse haben sich grundsätzlich fünf Schritte als praktikables Vorgehen erwiesen, siehe Tab. 1.
Schritt |
Beispiel 1 – Energie-versorgungsunternehmen |
Beispiel 2 – Automobil-OEM |
Schritt 1: Identifikation und Auswahl der relevanten Klimaprojektionen |
Verwendet werden Klimaszenarien für den mittelfristigen Zeitraum (10 Jahre, RCP 2.6, 4.5 und 8.5), ausgerichtet auf die beschränkte Nutzungsdauer von PV-Anlagen Fokus des Beispiels: Höhere Wahrscheinlichkeit für Hochwasser im Umfeld einer PV-Anlage (Küstennähe) |
Verwendet werden Klimaszenarien für den langfristigen Zeitraum (30 Jahre, RCP 2.6, 4.5 und 8.5). Fokus des Beispiels: Höhere Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Dürren im Gebiet eines Werks |
Schritt 2: Ermittlung der relevanten Wirkungsketten |
Überflutung der Anlagen durch Sturmfluten/Hochwasser in Küsten-gebieten (Schäden an PV-Modulen) |
Nutzung von Flusswasser für die Kühlung i... |