Alexander Kern, Jessica Hodapp
Der Ausbau der öffentlichen und privaten Ladeinfrastruktur ist ein wesentlicher Bestandteil für den Ausbau der E-Mobilität. Aktuell wird als ein Hemmnis für eine größere Akzeptanz der E-Mobilität die fehlende Ladeinfrastruktur gesehen.
Hierbei ist zwischen der privaten und der öffentlichen Ladeinfrastruktur zu unterscheiden. Die größte Anzahl der Ladevorgänge wird an der privaten Ladeinfrastruktur erfolgen.
9.2.1 Private Ladeinfrastruktur
In Deutschland gibt es 19,4 Mio. Wohngebäude (2021). Hiervon sind 83 % Ein- oder Zweifamilienhäuser. In diesem Gebäudesegment liegt bisher der Schwerpunkt bei der Installation von Wallboxen.
Ladeboxen mit 11 kW Ladeleistungen werden hier favorisiert werden. Zum einen sind die Standzeiten der Fahrzeuge über Nacht oder am Wochenende ausreichend lang, um mit dieser Ladeleistung die Batterie zu laden. Diese Ladeleistung muss beim örtlichen Stromnetzbetreiber angezeigt werden, es bedarf aber keiner Genehmigung. Ladeboxen mit 22 kW müssen genehmigt werden. Auch werden 11 KW-Wallboxen mit Blick auf die Belastung der Stromnetze zu favorisieren sein. Die meisten der derzeit angebotenen E-Fahrzeuge können im AC-Bereich auch nur mit 11 kW laden. Bei Ein- oder Zweifamilienwohnhäusern ist in der Regel kein Abrechnungssystem erforderlich.
Eine größere Herausforderung wird der Aufbau der Ladeinfrastruktur für Mehrfamilienhäuser oder Wohnquartiere werden. Bisher ist der Anreiz dieser Immobilienbesitzer in die Bereitstellung der Ladeinfrastruktur relativ gering. Neben den Investitionskosten und Vorbehalten wegen des Betriebs der Ladesäulen und der Abrechnung des Stroms ist die Vorhaltung des entsprechenden Parkraums ein weiteres Hemmnis. Um der E-Mobilität Schub verleihen zu können, muss der Ausbau der Ladeinfrastruktur in diesem Gebäudesegment forciert werden.
Kommunen oder Energieversorger könnten dies unterstützen durch Beratungsangebote für Immobilienbesitzer oder durch Bereitstellung von Ladeinfrastruktur für Mehrfamilienwohnhäuser oder Wohnanlagen.
Oftmals propagiert wird auch das Laden an Straßenleuchten. Die Gemeinde Ottersweier war auch in diesem Bereich Pilot und hat bereits ab 2015 2 Ladepunkte an Straßenleuchten in der Ortsmitte angeboten. Es handelte sich dabei um spezielle Straßenleuchten, in denen Ladetechnik und auch WLAN integriert ist. Ein Abrechnungssystem war damals nicht vorgesehen. Es zeigte sich, dass die Nachrüstung technisch aufwändig und teuer wäre.
Aus der Praxiserfahrung ist zu berichten, dass die Bereitstellung von Ladepunkten an bestehenden Straßenleuchten nicht so einfach zu realisieren ist, wie oftmals erklärt wird. Die Straßenbeleuchtung wird in Ottersweier wie allgemein üblich über sein separates Straßenbeleuchtungsnetz betrieben. Die Straßenbeleuchtung wird dabei an zentralen Schaltstellen geschaltet, sodass nur während der Beleuchtungszeit Strom an der Straßenleuchte anliegt. Ohne großen Investitionsaufwand kann dies nicht geändert werden. Insofern wird dieser Weg trotz des Pilotprojekts in der Gemeinde Ottersweier nicht weiterverfolgt.
9.2.2 Öffentliche Ladeinfrastruktur
Viele Experten halten öffentliches Laden für notwendig. Insbesondere spielt dies für die Bewohner von Mietwohnungen, die keine private Ladeinfrastruktur (LIS) zur Verfügung haben, sowie für Ein- und Auspendelnde eine Rolle. Zudem wurde der Aufbau von öffentlicher LIS als ein Baustein zur Aktivierung der Innenstädte genannt. Als Ladetechnologie wird DC-Laden mit mindestens 50 kW-Ladeleistung bevorzugt, da das AC-Laden mit einer Ladeleistung von bis zu 22 kW als ineffizient angesehen wird. Als Ergänzung zum öffentlichen Laden wurde hier auch das Arbeitgeberladen als Chance zum flächendeckenden Aufbau von LIS vorgeschlagen.
Öffentliches Laden ist laut dieser Meinungen wirtschaftlich nicht tragbar, da es wesentlich teurer als privates Laden ist. Zudem wurden die sich aktuell verändernden Arbeitsformen wie z. B. Homeoffice und die sich dadurch verändernde Mobilität als Gegenstimme zum öffentlichen Laden genannt.
Anforderungen an die öffentliche Ladeinfrastruktur
Der Markt für LIS entwickelt sich schnell und dynamisch. Um aus der Vielzahl von Herstellern und Modellen eine Auswahl treffen zu können, wurden folgende technische Mindestanforderungen für LIS entsprechend den zuvor beschriebenen, relevanten Ladeszenarien – Lade-Hub innerorts und Laden im Straßenraum – definiert (aus "Aufbau öffentlicher Ladeinfrastruktur Kompass für kommunale Entscheidungsträger am Beispiel der Landeshauptstadt Wiesbaden"):
- Eichrechtskonformität
- Kommunikation zwischen Ladesäule und Backend über OCPP 1.6 oder höher
- Kommunikation zwischen Ladestation und E-Auto gemäß ISO 15118
- Nutzerauthentifizierung mittels App, RFID und Kartenleser für gängiges Kartensystem (Mastercard, Visa, Girocard) (VDE-AR-E 2532-100)
- T-Kommunikationsschnittstellen mindestens Ethernet, RS485 (primär für Anwendungen in Parkhäusern oder Tiefgaragen) oder GSM (zur Nutzung im Außenbereich)
- Unterstützung von Lastmanagement
- Jeder Ladepunkt muss über mindestens einen Steckertyp gemäß DIN EN 62196 verfügen (Typ 2 für AC; Typ 2 Combo...