Dr. Christian Ante, Dipl.-Verww. (FH) Markus Bührer
Staatliche Leistungen können entweder durch Entgelte, Steuern oder Schulden finanziert werden. Bei Entgelten wird der Nutznießer einer staatlichen Leistung belastet, bei Steuern derjenige, der die Steuerlast trägt, und bei Schulden zukünftige Generationen.
Vor dem Hintergrund der Nachhaltigkeit ist eine Finanzierung über Schulden kritisch zu beurteilen. Sie dürfte gerechtfertigt sein, wenn der Nutzen einer staatlichen Leistung im gleichen Umfang wie die Kosten in der Zukunft anfallen. Die Regel ist allerdings eher die, dass der Nutzen in der Gegenwart stattfindet, während die Kosten in die Zukunft verlagert werden. Dies ist ein Effekt des politischen Wettbewerbs in einer Demokratie. Die Bürger beurteilen Parteien und Politiker vorrangig danach, welche Nutzen ihnen durch deren Politik erwachsen können. Die Kosten nehmen sie nur bedingt wahr.
Problematisch ist hier ebenfalls die Steuerfinanzierung. Aufgrund der Tatsache, dass Steuern gezahlt werden, besteht bei vielen Bürgern die Einstellung, dass ihnen weitere staatliche Leistungen zustehen, ohne zu berücksichtigen, dass sie dadurch zu einem späteren Zeitpunkt mit noch mehr Steuern belastet werden.
Einschränkungen unzureichend
Nach derzeitiger Rechtslage dürfen die Gemeinden nur Schulden für Investitionen aufnehmen und müssen den Schuldendienst aus dem laufenden Haushalt erwirtschaften. Diese Einschränkungen sind aus 2 Gründen in Bezug auf Nachhaltigkeit unzureichend:
- Diese Betrachtung geht nicht über den 5-jährigen Finanzplanungszeitraum hinaus. Es kann nicht beurteilt werden, ob die Kommune über die gesamte Laufzeit in der Lage ist, ihren Schuldendienst aus dem laufenden Betrieb zu erwirtschaften. Diese Problematik wird durch das aktuell niedere Zinsniveau noch verstärkt.
- Bei der Verknüpfung der Kreditgenehmigung mit der Leistungsfähigkeit des Ergebnishaushalts bleibt das Verhältnis Eigenkapital zu Fremdkapital bei der Finanzierung von Investitionen ohne Berücksichtigung.
Weitere Vorgaben für Kreditfinanzierung
Vor dem Hintergrund von Nachhaltigkeit müssen neben den aufgezählten rechtlichen Vorgaben folgende Annahmen zutreffen, damit eine Kreditfinanzierung gerechtfertigt ist:
- Das Kosten-Nutzen-Verhältnis muss nach jetzigem Erkenntnisstand auch von den künftigen belasteten Generationen über den gesamten Finanzierungszeitraum positiv gewertet werden.
- Der Nutzen der Leistung fällt im gleichen Verhältnis an wie der Schuldendienst.
- Die Gestaltungsspielräume künftiger Generation dürfen nicht wesentlich einschränkt werden.
In Deutschland wurde in 2009 die verfassungsrechtliche Regelung der Schuldenbremse eingeführt. Danach sollen die Staatsverschuldung begrenzt und Haushaltsdefizite reduziert werden. Mit dieser für Bund und Länder verbindlichen Schuldenbremse wird sowohl den Repräsentanten als auch den Bürgern das Informations- und Motivationsproblem über die Wirkung zusätzlicher Verschuldung abgenommen. Es wird grundsätzlich unterstellt, dass diese in Bezug auf Nachhaltigkeit zu einem negativen Kosten-Nutzen-Verhältnis führt. Die Schuldenbremse wurde ab 2016 auf Bundesebene rechtsverbindlich und für 2020 pandemiebedingt erstmals ausgesetzt. Für 2021 ist eine Neuverschuldung bereits im Ergebnis ausgewiesen, für 2022 als Folge des Russland-Ukraine-Krieges und der daraus resultierenden Energiekrise sicher. Auch ab 2023 werden die politischen Zwänge für eine Aussetzung der Schuldenbremse wohl vorliegen. Weder Eigenkapitalquote noch die Aspekte der Nachhaltigkeit dieser neuen Rekordverschuldungen auf allen staatlichen Ebenen spielen dabei eine Rolle.