Eine Gewohnheit oder eine Routine zu ändern, ist immer mit Aufwand verbunden und fühlt sich oft zunächst unbequem an. Wir wissen, dass abends früh ins Bett zu gehen eine leistungsfördernde Gewohnheit wäre. Allerdings ist es bequemer, auf dem Sofa weiter fernzusehen. Wir wissen, dass einen Apfel zu essen die bessere Gewohnheit ist, als die Schokolade zu naschen, trotzdem greifen wir zu der Schokolade. Wir wissen, dass Entspannungstraining die bessere Gewohnheit ist, als auf dem Smartphone "soziale Dienste" zu benutzen, trotzdem verliert das Entspannungstraining.
An diesen Beispielen wird deutlich, dass es uns nicht an Wissen mangelt, sondern an Umsetzungsstärke. Und in allen 3 Beispielen werden die Gehirnmechanismen deutlich. Das "schädlichere" Verhalten ist belohnender als das nützliche Verhalten.
Auch die Nahrungsmittelindustrie macht sich dies zunutze. Unsere besten Chemiker entwickeln Lebensmittel, die wir ungern aus der Hand legen, bevor die Packung leer ist, unsere kreativsten Köpfe schreiben Drehbücher für Unterhaltungsfernsehen, unsere begabtesten Verhaltenspsychologen sorgen mit neuen Apps und Suchalgorithmen auf den Smartphones dafür, dass wir ständig bequem unterhalten werden, ohne uns mit lästigen anderen Meinungen auseinandersetzen zu müssen: Bei der Nutzung der sozialen Dienste werden unsere Interessen und Meinungen so gut abgebildet, dass wir in unserem Weltbild ständig bestätigt werden.
In allen Fällen machen sich sehr kluge Köpfe unser Belohnungszentrum des Gehirns zum Verbündeten. Es ist belohnender, sich "selbstschädlich" zu verhalten, als sich nützlich zu verhalten. Hier liegt ein zentrales Problem auch für unser Verhalten in Bezug auf den Umweltschutz. Es sind sich alle Beteiligten einig, dass eine Bahnreise im Vergleich zum Inlandsflug die ökologisch bessere Alternative des Reisens ist. Nun hat die Bahn allerdings einige Nachteile: Bei langen Strecken braucht sie länger, sie ist auf Fernreisen oft zu spät, mittlere Städte sind oft sehr ungünstig angebunden, die Züge sind nicht selten überfüllt. Meine persönliche Gewohnheit ist es, nahezu immer mit der Bahn zu fahren, aber es gibt kein Quartal im Jahr, in dem ich diesen Entschluss nicht bereue. Die Bahn ist angesichts der obigen Nachteile unbequemer als Reisen im Pkw oder mit dem Flugzeug. Und dazu häufig auch noch teurer.
Attraktivere ökologische Variante
Und genau hier liegt die Chance für eine Veränderung: Die ökologische Alternative muss attraktiver sein als das ursprüngliche Verhalten. Im Fall des Reisens müssten Züge schneller, günstiger, pünktlicher und bequemer sein.
Natürlich sind auch Verbote ein sinnvoller Weg, Verhalten zu steuern. So hat sich durch die Verbote z. B. beim Rauchen viel bewegt. Die wenigsten Menschen wollen zurück zu einer Raucherlaubnis in Gaststätten und Restaurants. Aber erst ein Verbot hat hier zur Verhaltensänderung geführt.