Kennzahlen oder Leistungsindikatoren (Key Performace Indicator, kurz: KPI) sind ein zentraler Bestandteil der Unternehmenssteuerung. Dabei müssen die KPIs eines Unternehmens das individuelle Geschäftsmodell abbilden, finanzielle und nicht-finanzielle KPIs umfassen, in einem Wirkungszusammenhang stehen sowie unternehmensinterne und -externe Größen abbilden. Weiterhin ist eine Kennzahl für ein Unternehmen nur von Bedeutung, wenn sie beeinflussbar und steuerungsrelevant ist. Um bei der Berechnung eine Vergleichbarkeit über die Zeit zu gewährleisten sowie eine Interpretationsgenauigkeit und hohe Aussagekraft sicherzustellen, ist eine eindeutige Definition der Kennzahl erforderlich.
Bei der Entwicklung eines ESG-Kennzahlensystems hat in Abhängigkeit von Branche, Strategie und Geschäftsmodell des Unternehmens eine Analyse der Stakeholder stattzufinden. Dazu sind zuerst die Interessenträger, die das Unternehmen beeinflusst oder von ihm beeinflusst werden, zu identifizieren (z. B. Gesellschafter, Mitarbeitende, Kreditinstitute, Kunden, …). Schließlich hat auch jede Stakeholdergruppe eine andere Vorstellung von Nachhaltigkeit, weshalb auch die Nachhaltigkeitsziele unternehmensindividuell sind. In Zusammenarbeit mit diesen Interessenträgern werden daher die unternehmensspezifischen Nachhaltigkeitsaspekte herausgearbeitet. Nach der Identifikation von unternehmensspezifischen Nachhaltigkeitsaspekten sind diese im Rahmen der doppelten Wesentlichkeit zu bewerten. Dabei ist ein Nachhaltigkeitsaspekt wesentlich, wenn er die Kriterien für die Wesentlichkeit der Auswirkung oder für die finanzielle Wesentlichkeit oder für beide erfüllt. Bei der Wesentlichkeit der Auswirkung geht es um wesentliche tatsächliche oder potenzielle, positive oder negative Auswirkungen von Nachhaltigkeitsaspekten des Unternehmens auf Menschen oder Umwelt in kurz-, mittel- oder langfristiger Zeithorizonte (Inside-out Perspektive). Bei der Bewertung der finanziellen Wesentlichkeit der Auswirkungen sind der Schweregrad (Ausmaß, Umfang und Unabänderlichkeit) und die Wahrscheinlichkeit der Auswirkungen heranzuziehen. Im Rahmen der finanziellen Wesentlichkeit zieht ein Nachhaltigkeitsaspekt eine wesentliche finanzielle Auswirkung nach sich bzw. ist diese nach vernünftigem Ermessen zu erwarten (Outside-in Perspektive). Das bedeutet, dass durch Nachhaltigkeitsaspekte Risiken und Chancen entstehen, wenn sie einen wesentlichen Einfluss auf die Finanzlage, die finanzielle Leistungsfähigkeit, die Cashflows, den Zugang zu Finanzmitteln oder die Kapitalkosten des Unternehmens haben bzw. dies zu erwarten ist.