Paula Wernecke, Julia Hensels
Zusammenfassung
CMS Deutschland stellt sich der Herausforderung, Nachhaltigkeit als integralen Bestandteil der Unternehmenskultur durch ein strukturiertes Nachhaltigkeitsmanagement mit organisatorischen Verantwortlichkeiten und der Festlegung von Zielen, Maßnahmen und Richtlinien zu verankern. Dabei wurden professionelle Standards adaptiert, um Nachhaltigkeitsziele zu erarbeiten, umzusetzen und zu überprüfen. Geprägt durch die partnerschaftliche Unternehmenskultur, spielte der Dialog mit den verschiedenen Anspruchsgruppen von Anfang an eine zentrale Rolle. Dieser stärkt die Akzeptanz und die Bereitschaft, an einem grundlegenden Kulturwandel mitzuwirken.
1 Nachhaltigkeit in der Organisationsstruktur – Basis für einen Kulturwandel
Die Anwaltskanzlei CMS gehört zu den international führenden Wirtschaftskanzleien, die mit mehr als 5.000 Anwältinnen und Anwälten sowie insgesamt 8.000 Beschäftigten in über 40 Ländern vertreten ist. In Deutschland arbeiten rund 2.000 Personen bei CMS. Die Unternehmenskultur der Kanzlei wird im besonderen Maße durch die Rechtsform als Partnerschaftsgesellschaft geprägt. Dies zeigt sich unter anderem in einer ausgeprägten Dialogkultur und dem Fokus auf Partizipation und eigenverantwortlichem Handeln. Klassische Governance-Strukturen, wie sie in Unternehmen dieser Größe üblich sind, können in Kanzleien nicht eins zu eins umgesetzt werden. Für das Nachhaltigkeitsmanagement als Schnittstellendisziplin in alle Kanzleibereiche ist es daher wichtig, gemeinsam mit allen Akteuren maßgeschneiderte Lösungen zu entwickeln.
Bei CMS ist die Nachhaltigkeitsabteilung (Corporate Responsibility Team) als Stabsstelle direkt beim Managing Director Operations angedockt. Das dreiköpfige Team gilt als steuerndes und strategieentwickelndes Organ, welches direkt an die Führungsebene berichtet und als Schnittstelle zu den einzelnen Unternehmensbereichen auftritt. Interne Richtlinien einzuführen und Nachhaltigkeitsziele umzusetzen erfordert, das gesamte Unternehmen einzubinden, um der Interdisziplinarität der Themen angemessen Rechnung zu tragen.
Daher wurde direkt zu Beginn bei CMS ein Corporate Responsibility Board (CR Board) eingerichtet. Es bestehend aus 12 Mitgliedern der verschiedenen Unternehmensbereiche. Das CR Board hat zunächst bei der Entwicklung einer CR-Strategie und der Definition von CR-Maßnahmen unterstützt. Es fungiert zudem als Sounding Gremium, das die Interessen der internen Stakeholder vertritt und leistet damit dauerhaft einen wertvollen Beitrag zur Weiterentwicklung von Strategie, Maßnahmen und Reporting.
Die Umsetzung einzelner Maßnahmen obliegt dann den jeweiligen Unternehmensbereichen. So sind beispielsweise Entscheidungen zu Diversity & Inclusion (D&I) oder Vereinbarkeit von Karriere und Privatleben von HR umzusetzen. Für Whistleblower-Verfahren ist dagegen die Compliance-Abteilung zuständig.
Die CR-Verantwortlichen bestehen aus den Leitenden der Fachabteilungen. Sie steuern die definierten Maßnahmen in ihrem jeweiligen Bereich und sorgen für deren Umsetzung. Sie berichten regelmäßig an das CR Team über den Stand der Umsetzung sowie über die Weiterentwicklung der Maßnahme nach der Umsetzung. Darüber hinaus sind sie erste Ansprechpartner für die CR-Beauftragten ihres Bereichs. Diese tragen die operative Verantwortung. Sie planen die definierten Maßnahmen und setzen sie um. Planung und Umsetzung erfolgten in Abstimmung mit den CR-Verantwortlichen.
Trotz der Entscheidungskompetenz der Leitungsebene wird deutlich, dass die Schnittstellen zwischen den verschiedenen Ebenen und Abteilungen von elementarer Bedeutung sind. Denn nur durch den daraus resultierenden Austausch kann der Vielschichtigkeit des Themas angemessen Rechnung getragen werden.
2 Entwicklung der Nachhaltigkeitsstrategie
Im ersten Schritt wurden mit einer Wesentlichkeitsanalyse die Bereiche identifiziert, die für das Unternehmen am relevantesten sind. In Verbindung mit dem Stakeholder-Dialog ermöglicht die Wesentlichkeitsanalyse eine Schwerpunktsetzung, die Voraussetzung für eine zielgerichtete Strategie ist.
2.1 Schritt 1: Wesentlichkeitsanalyse
CMS hat erstmals in 2020 eine Wesentlichkeitsanalyse durchgeführt. In dieser wurden auch interne Stakeholder (Partnerinnen, Partner und angestellte Mitarbeitenden) sowie externe Stakeholder (Kundinnen und Kunden, Lieferanten, Studierende und Vertreterinnen und Vertreter der Zivilgesellschaft) befragt. Zur Auswahl standen 31 zuvor identifizierte Themen, die hinsichtlich ihrer Relevanz für CMS bewertet werden konnten.
Mit Blick auf die anstehende Berichtspflicht gemäß CSRD wird CMS, wie viele andere Unternehmen auch, die Wesentlichkeitsanalyse überarbeiten müssen. Die Berichtsstandards der CSRD stellen neue Anforderungen daran, wie die Analyse durchzuführen ist und legen einen Schwerpunkt auf die Betrachtung und Bewertung der Auswirkungen. Dabei findet das Prinzip der doppelten Wesentlichkeit Anwendung. Dieses verbindet die finanzielle Wesentlichkeit und die Wesentlichkeit der Auswirkungen miteinander:
- Inside-Out-Perspektive: Ein Nachhaltigkeitsthema ist wesentlich, wenn es mit tatsächlichen oder potenziellen erheblichen Auswirkungen durch das Unterneh...