Um den Reifegrad von Unternehmungen besser beurteilen zu können, kann die von Prof. Dr. Thomas Dyllick am Institut für Wirtschaft und Ökologie (IWÖ-HSG) der Universität St. Gallen entwickelte "Typologie unternehmerischer Nachhaltigkeit" genutzt werden. Sie liefert eine Klassifizierungslogik für die Standortbestimmung von Unternehmungen und kann als Soll-Konzept unterschiedlicher Intensitäten von unternehmerischer Nachhaltigkeit verstanden werden. In Verbindung mit den einzelnen, in der öffentlichen Realität sichtbaren Entwicklungsstufen von Nachhaltigkeit als faktischer Ausdruck der Unternehmensstrategie können sich Unternehmungen mit ihrem Engagement für unternehmerische Nachhaltigkeit in der daraus resultierenden Matrix verorten. Entweder im Rahmen eines internen Prozesses oder als Ergebnis der für Außenstehende sichtbaren Nachhaltigkeitsleistungen.
Abb. 2: Typologie von Unternehmen und Entwicklungsstufen
Nachfolgend werden zunächst die 4 Typen unternehmerischer Nachhaltigkeit vorgestellt. Die 4 Entwicklungsstufen von Nachhaltigkeit als Unternehmensstrategie werden in dem anschließenden Kapitel 3 ausführlich dargestellt.
2.1 Unternehmen 0.0
Unternehmer, Führungskräfte und Entscheider von Unternehmen 0.0 agieren nach dem von Milton Friedman definierten Prinzip "The Business of Business is Business". Ihre Anliegen orientieren sich demnach ausschließlich an ökonomischen Aspekten und berücksichtigen in erster Linie die Interessen der Shareholder, also der Eigentümer und der geschäftsführenden Manager. Umsatz, Gewinn und Marktanteile sind typische, zentrale Steuerungsgrößen. Anliegen für ein nachhaltigeres Wirtschaften spielen bei unternehmerischen Entscheidungen in der Regel keine Rolle. Die Verantwortung für die Lösung ökologischer und gesellschaftlicher Probleme werden als alleinige Aufgabe des Staates angesehen. Unternehmen 0.0 denken ausschließlich von "innen nach außen" (Inside-Out), also vom Unternehmen zu ihrem Umfeld und damit zur Gesellschaft.
2.2 Unternehmen 1.0
Unternehmer, Führungskräfte und Entscheider von Unternehmen 1.0 sehen sich zunehmend mit den sozialen und ökologischen Anliegen der Gesellschaft konfrontiert, auf die sie reagieren müssen oder wollen. Auch wenn ökologische und soziale Aspekte weiter an Bedeutung gewinnen, stehen ökonomische Ziele weiterhin im Vordergrund. In einem verfeinerten Shareholder-Value orientieren sie sich nicht mehr ausschließlich an den Interessen der Shareholder, sondern richten ihr Augenmerk auch auf die Stakeholder. Sie haben zudem erkannt, dass durch ein Nachhaltigkeitsmanagement u. a. Kosten gespart, Risiken reduziert und die Attraktivität als Arbeitgeber gesteigert sowie Wettbewerbsvorteile erzielt werden können. Sie versuchen, die sich aus den ökologischen, sozialen und ökonomischen Aspekten ergebenden Chancen und Risiken früh zu erkennen und für sich durch Effizienzstrategien nutzbar zu machen. Ein nachhaltigeres Wirtschaften ist daher immer noch ein Mittel zum Zweck. Und der Zweck ist der ökonomische Erfolg des Unternehmens. Unternehmen 1.0 denken ebenfalls von "innen nach außen" (Inside-Out).
2.3 Unternehmen 2.0
Unternehmer, Führungskräfte und Entscheider von Unternehmen 2.0 lösen sich von den eindimensionalen Zielen wie Umsatz, Gewinn und Marktanteile. Indem sie zunehmend ökologische, soziale und ökonomische Aspekte in den Mittelpunkt ihrer unternehmerischen Tätigkeit stellen, verfolgen sie eine dreidimensionale Wertschöpfung. Das bedeutet, dass Ziele für alle Aspekte der Nachhaltigkeit definiert werden und sie im Verhältnis zueinander gleichgewichtig sind. Um diese Ziele zu erreichen, wird Nachhaltigkeit in der Unternehmensstrategie als handlungsleitendes Prinzip verankert und mit adäquaten Maßnahmen und Umsetzungsplänen unterlegt. Die bereits eingeführten Managementsysteme werden um relevante Indikatoren für die Erfolgs- und Berichterstattung erweitert. Für die Umsetzung von Projekten und Programmen wird die bestehende organisatorische Infrastruktur genutzt und entsprechende Verantwortlichkeiten geschaffen. Bei der Realisierung eines nachhaltigeren Wirtschaftens kommen primär Handlungsprinzipien der Öko-Effizienz- und der Konsistenz zum Einsatz. Aber auch Unternehmen 2.0 denken immer noch "Inside-Out".
2.4 Unternehmen 3.0
Unternehmer, Führungskräfte und Entscheider von Unternehmen 3.0 schaffen positive Lösungen und Beiträge für die gesellschaftlichen Nachhaltigkeitsprobleme. Das ist ihr vordringliches Anliegen. Mit ihrem Perspektivwechsel denken sie ihr Unternehmen vom Umfeld her, also von "außen nach innen" (Outside-In). Ökologische und soziale Ziele sind in dem Unternehmen fest verankert und stehen gleichberechtigt neben den ökonomischen Zielen. Bei der Suche nach lösungsorientierten Ansätzen für jedes ungelöste, gesellschaftliche oder globale Problem werden innovative Geschäftsmodelle entwickelt. Darüber hinaus werden neue Formen von Kooperationen innerhalb von Lieferketten, über Branchen hinweg oder zwischen privaten, öffentlichen und zivilgesellschaftlichen Akteuren geschmiedet. Social Entrepreneurship wird al...