Ist die Integration des umfassenden Nachhaltigkeitsgedankens in die Unternehmenskultur erfolgreich umgesetzt, so kann unter diesem Dach eine auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Organisation geformt werden. Nennen wir das in der Folge dargestellte Modell "Sustainability Safeguarding Structure" (SuSaSt), oder auch Nachhaltigkeitssicherungsstruktur.
Nachhaltigkeit als integrativer Bestandteil
Der Grundgedanke ist dabei, Nachhaltigkeit als integrativen Bestandteil aller Unternehmensebenen und Funktionen anzusehen – von der Unternehmenskultur ausgehend, über die Strategie, bis zu den operativen Prozessen, den Produkten und Leistungen, den Kontrollfunktionen, den entsprechenden Gremien und nicht zuletzt der internen und externen Kommunikation. Dies in Abgrenzung zu einem komplementären Ansatz, bei dem eine von der übrigen Organisation losgelöste Nachhaltigkeitseinheit installiert würde.
Abb. 2: Sustainability Safeguarding Structure (SuSaSt)
Die SuSaSt sieht vor, Nachhaltigkeit bereits auf der Ebene der Unternehmenskultur zu verankern, um die Denk- und Handlungsweise aller Mitarbeitenden auf Nachhaltigkeit als Grundannahme auszurichten. Der integrative Ansatz äußert sich weiter darin, dass auf allen Unternehmensebenen – also sowohl auf der strategischen als auch auf der operativen Ebene, sowie entlang aller Verteidigungslinien, in Anlehnung an das "Three Lines of Defense"-Modell aus dem Risikomanagement – Gremien und Funktionen eingerichtet werden, die eine auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Gesamtunternehmenssteuerung sicherstellen sollen. Zusätzlich finden regelmäßig Schulungen statt, um das Wissen aller Mitarbeitenden zu Nachhaltigkeitsbelangen stets auf dem neuesten Stand zu halten. Regelmäßig werden die Nachhaltigkeitsstrategie und wesentliche Aktivitäten des Unternehmens in allen Dimensionen der Nachhaltigkeit proaktiv und transparent kommuniziert.
Integrativer Nachhaltigkeitsansatz muss im gesamten Unternehmen konsequent gelebt werden
Der Begriff Management Override beschreibt "die Außerkraftsetzung interner Kontrollmechanismen durch Führungskräfte". Führungskräfte erlassen also Richtlinien, aber setzen sich über diese hinweg. Zusätzlich werden Kontrollinstanzen ausgehebelt, die einem solchen Verhalten einen Riegel vorschieben sollten.
Corporate-Governance-Struktur und Management Override in einer Bank
Ein besonders anschauliches Beispiel hierzu hat eine der Top-5-Banken eines europäischen Landes seit 2018 bis weit ins Jahr 2021 hinein präsentiert. Zunächst wurde bekannt, dass gegen den langjährigen CEO ermittelt wird. Die noch nicht bestätigten Vorwürfe reichen von Interessenskonflikt, Vorteilnahme, Bestechung bis hin zur Vermengung von privaten Beziehungen mit Beruflichem. Nach dem Rücktritt des CEO folgten weitere reputationsschädliche Medienberichte zu den Verfehlungen des Verwaltungsrats, der als Kontrollinstanz völlig versagt haben soll und auch selbst durch eine unangemessene Vergütungspraxis aufgefallen sein soll. Weitere Rücktritte waren die Folge, darunter auch der Verwaltungsratspräsident. Ein neuer Verwaltungsratspräsident wurde eingesetzt. Er sollte aufräumen und die schwer gebeutelte Bank aus der Reputationskrise führen. Doch bereits nach drei Jahren, Mitte 2021, lieferte er den nächsten Skandal. Es wurde bekannt, dass er für eine Liebschaft vertrauliche Unterlagen seines vorherigen Arbeitgebers weitergegeben hatte. Mit Bezug auf den neuen Arbeitgeber steht der Vorwurf im Raum, private Ausgaben als Spesen abgerechnet und vertrauliche Gespräche aus dem Personalbereich im Beisein der Geliebten geführt zu haben. Für alle Beschuldigten gilt die Unschuldsvermutung.
Nun können wir davon ausgehen, dass diese durchaus bedeutende Bank, zumindest auf dem Papier, eine sehr gute Corporate-Governance-Struktur eingerichtet hatte. Doch weder das oberste operative noch das strategische Management scheinen sich dieser verpflichtet gefühlt zu haben. Sie verstießen mutmaßlich nicht nur gegen interne Richtlinien und externe Gesetze, sie sorgten womöglich auch dafür, dass alle Kontrollinstanzen personell in einer Form besetzt und instrumentalisiert waren, die das beschriebene Fehlverhalten über längere Perioden hinweg erlaubte. Gehen wir für vorliegenden Zweck einmal davon aus, dass sich alle Vorwürfe bestätigen lassen, und stellen wir die Frage, was genau das Problem in der Governance des Unternehmens gewesen sein könnte? Externe und interne Richtlinien und Gesetze alleine vermögen es nicht, die Unternehmenskultur und damit die Wertevorstellung der Führungskräfte sowie Mitarbeitenden zu formen. Die Unternehmenskultur muss über Werte und Normen intrinsisch ausgebildet werden. Andernfalls wird lediglich Papier produziert und es herrscht mehr Schein als Sein vor.
Corporate-Governance-System muss vorgelebt werden
Wenn nun Führungskräfte auf dem Papier ein in sich stimmiges Corporate-Governance-System aufbauen, alle erforderlichen Funktionen besetzen und dieses System in der Kommunikation gege...