Wenn 2 Mitarbeiter, die miteinander Probleme haben, zum Projektleiter kommen, kann das verschiedene Gründe haben. Es kann sein, dass sie einfach einen Sachkonflikt haben und nicht genügend Information und Kompetenz haben, um ihn zu klären. In einem solchen Fall ist es sinnvoll, wenn der Leiter die Informationen gibt, sodass die beiden Konfliktpartner ihr Problem miteinander lösen können.
In sehr vielen Fällen geht es aber nur scheinbar um ein Sachproblem und für die Führungskraft ist es oft nach kurzem Anhören des Problems bereits klar, wie das Problem zu lösen wäre, oder wer von beiden recht hat. Hier geht es nicht so sehr um ein Sachproblem, denn ein reines Sachproblem ist schnell zu lösen. Ursache für den Konflikt scheint mehr die Beziehung der beiden zu sein. In solchen Situationen versuchen die Mitarbeiter häufig, den Vorgesetzten in die Richterrolle zu drängen. Er soll Recht sprechen und einem von beiden recht geben und damit den anderen verurteilen. Dieses Muster nennen wir "Gerichtssaaltanz".
Wenn sich die Führungskraft in die Richterrolle drängen lässt und Recht spricht, passiert in der Regel das Gleiche, wie vor einem richtigen Gericht. Einer von beiden wird verurteilt und der andere geht als Gewinner aus dem Verfahren hervor. In diesem Fall versucht der Verlierer neues Material zu beschaffen um den "Prozess" wieder aufzurollen oder er strengt einen anderen "Prozess" in anderer Sache gegen seinen ehemaligen Gegner an. Die Folge davon ist, dass beide Mitarbeiter viel Zeit und Energie damit verbrauchen, sich auf die nächsten "Gerichtsverfahren" vorzubereiten. Immer, wenn einer verurteilt worden ist, wird der Verlierer in "Revision" gehen. Dadurch kommt auf die Projektleitung eine endlose Kette von Verfahren zu. Dazu kommt, dass die Sachkonflikte zwar gelöst werden, der Beziehungskonflikt aber weiterhin bestehen bleibt.
Wesentlich besser, wenn auch langwieriger und schwieriger ist es, wenn die Führungskraft die Rolle des Moderators übernimmt und die beiden Gegner zu einem klärenden Gespräch einlädt. Hierbei gibt es verschiedene Punkte, die der Moderator beachten sollte.
Atmosphäre schaffen
Wichtig ist, dass die Führungskraft für die nötige ungestörte und angenehme Atmosphäre sorgt. Hierzu gehört, dass sie sich für die Zeit des Gesprächs nach außen hin abschirmt und nicht durch Telefon u.ä. gestört wird. Sie sollte nicht hinter ihrem Schreibtisch sitzen und die beiden Kontrahenten vor dem Schreibtisch. Schon diese äußere Situation erinnert sehr fatal an den Gerichtssaal. Sinnvoll ist es, wenn kein Schreibtisch zwischen den Beteiligten steht.
Thema formulieren lassen
Die grundlegende Struktur folgt der oben beschriebenen Lösungsstruktur, d. h., lassen Sie von den beiden Gesprächspartnern sehr früh formulieren, um welches Thema es geht. Achten Sie darauf, dass beide sich einvernehmlich auf ein Thema einigen. Weitere im Laufe des Gesprächs angebotene Themen filtern Sie heraus und stellen Sie klar, dass die dann angebotenen Themen entweder nicht behandelt werden oder aber Sie eine neue Vereinbarung treffen möchten, welches Thema denn nun vorrangig ist. Behandeln Sie aber bei solch einem Konfliktgespräch möglichst nur ein Thema.
Zeitrahmen festlegen
Legen Sie zu Beginn den Zeitrahmen für das Gespräch fest. Ansonsten ist das häufig eine Erlaubnis enorm lange zu reden und die Gefahr, nicht zum Ende zu kommen, ist recht groß. Wenn die Gesprächsteilnehmer wissen, dass sie nur einen begrenzten Zeitrahmen haben, führt dies sehr schnell zur Konzentration auf das Wesentliche.
Rolle des Moderators klären
Um von vornherein die Gefahr eines Gerichtssaalspiels zu bannen ist es sinnvoll, mit den beiden Gesprächspartnern die Rolle des Moderators zu klären. Erklären Sie ihnen, dass Sie nicht bereit sind persönlich Stellung zu nehmen während dieses Gesprächs, sondern dass Sie Ihre Aufgabe darin sehen, das Gespräch zu moderieren, sodass die beiden ihren Konflikt selbst lösen können.
Allparteilich bleiben
Fast immer geht es darum, die Meinung von Ihnen als Projektleiter zu erfahren, um Sie so in die Schiedsrichterrolle zu bringen. Vermeiden Sie alle Urteile und Stellungnahmen. Wenn Sie hier in die Rolle des Schiedsrichters einsteigen, befinden Sie sich in einem Gerichtssaaltanz. Das Gespräch ist dann optimal gelaufen, wenn es keinen Gewinner und keinen Verlierer gibt, sondern beide gelernt haben, ihre Konflikte konstruktiv anzugehen.
Grundhaltung überprüfen
Ich bin okay, Sie beide sind okay. Überprüfen Sie während der Moderation kontinuierlich Ihre eigene Grundposition. Es ist wichtig, dass Sie beide Kontrahenten okay finden können. Dies gelingt Ihnen besonders gut, wenn Sie sich in die Lage eines jeden Einzelnen versetzen. Je intensiver Sie in den Bezugsrahmen jedes Gesprächsteilnehmers einsteigen, desto mehr Verständnis werden Sie für seine Situation aufbringen. Häufig ist es dann kein Problem mehr, ihn okay zu finden.
Beziehung geht vor Inhalt
Das präsentierte Sachproblem ist oft schnell zu lösen. Wer hier in eine Lösung einsteigt, wird ...