Laut dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) sind für die Wahl des Standortes eines Unternehmens sowohl "harte" als auch "weiche" Faktoren zu beachten:
Harte Standortfaktoren
- Kunden: Nähe und Kaufkraft
- Zulieferer: Nähe und Qualität
- Konkurrenten: Nähe und Leistungsspektrum
- Gewerbeflächen: Verfügbarkeit und Kosten
- Gewerbesteuer: Höhe
- Miete bzw. Pacht: Höhe
- Arbeitskräfte: Verfügbarkeit und Qualität
- Forschung und Entwicklung: wissenschaftliches Umfeld
Weiche Standortfaktoren
- Kommunale Verwaltung: Bearbeitungszeiten und Service
- Beratungsangebote: Verfügbarkeit
- Image: Attraktivität für Mitarbeiter
- Lebensqualität: Attraktivität für Mitarbeiter
Oberhalb von dieser Auflistung findet man auf der gleichen Internetseite eine Checkliste, mit deren Hilfe man die Eignung des Betriebsortes selbst prüfen kann.
Die genannten Kriterien sind darauf ausgelegt, die Eignung des Standorts in ökonomischer Hinsicht zu prüfen. Womit aber nicht zwingend einher geht, dass ein solcher Standort auch im Sinne der Nachhaltigkeit geeignet ist. Ganz im Gegenteil – das Erfüllen mancher Kriterien kann zu Widersprüchen führen: Was positive Folgen im Sinne der Nachhaltigkeit hat, kann sich negativ auf den Faktor Ökonomie auswirken und umgekehrt.
2.5.1 Billiglohn- und Billigproduktionsländer
Aus rein ökonomischer Sicht mag die Verlegung der Produktion in Länder mit deutlich niedrigeren Löhnen und/oder niedrigeren Produktionskosten absolut sinnvoll sein. Im Sinne der Nachhaltigkeit ist aber eine Balance zwischen den 3 Säulen Ökonomie, Ökologie und Soziales notwendig. Durch Verlegung der Produktion in Billiglohnländer wird der Aspekt Soziales meist in zweierlei Hinsicht beschädigt:
- Zum einen werden Mitarbeiter im eigenen Land entlassen,
- zum anderen werden möglicherweise Bedingungen in anderen Ländern ausgenutzt, die im eigenen Land nicht akzeptiert würden (aus gesetzlichen oder sozialen Gründen).
Solche Entscheidungen müssen im Einzelfall abgewogen werden. Argumente, wie sie z. B. die Firma Nokia Anfang 2012 anführte, um die Entlassung von 4.000 Mitarbeitern aus den Produktionsstätten in Finnland, Ungarn und Mexiko zugunsten der Verlagerung der Smartphone-Produktion nach Asien zu rechtfertigen, sind aus ökonomischer Sicht vordergründig nachvollziehbar. Im Hinblick auf Nachhaltigkeit ist dieses Handeln aber fragwürdig: Nokia rechtfertigte seine Entscheidung damit, dass ein Großteil der Zulieferer seinen Sitz in Asien habe und somit die Produktion viel schneller zu bewerkstelligen sei. Und das vor dem Hintergrund, dass Nokia erst 2008 mit dem Argument, die deutschen Bedingungen seien international nicht konkurrenzfähig, das Werk in Bochum geschlossen und rund 2.000 Mitarbeiter entlassen hatte, um die Produktion nach Rumänien, Ungarn und Finnland zu verlagern.
Dies hatte zu scharfer Kritik vonseiten der Politik und der Gewerkschaften geführt, da Nokia gerade erst staatliche Unterstützungen für den Aufbau des Bochumer Werks erhalten hatte. Und damit nicht genug: Bereits 2011/12 wurde das Werk in Rumänien wieder verkauft (es kam wiederum zu mehr als 2.000 Entlassungen) und die Produktion nach Asien verlagert, was die rumänischen Behörden zwischenzeitlich dazu veranlasste, die Fabrik zu beschlagnahmen, da Nokia hohe Steuerschulden gegenüber dem rumänischen Staat hatte. Die Ansiedelung von Nokia in Rumänien war von hohen Subventionszahlungen des rumänischen Staates für den Ausbau der Infrastruktur in dem betreffenden Gebiet begleitet worden. Mit diesem Beispiel soll nicht ein Einzelfall "an den Pranger gestellt" werden. Ihnen sind vermutlich auch die anderen Beispiele von der Kleidungsherstellung in Bangladesch bis zum Einkauf von Callcenter-Dienstleistungen aus Indien bekannt, Ich möchte hier vielmehr auf eine in der internationalen Wirtschaft gängige Praxis hinweisen und bewusst machen, dass es bei Nachhaltigkeit immer darum gehen muss, die Balance zwischen den drei Säulen Ökonomie, Ökologie und Soziales einzuhalten.
Ich möchte aber noch ein weiteres Argument zu dem Thema hinzufügen, das sogar die scheinbar eindeutige ökonomische Vorteilhaftigkeit solchen Handelns deutlich infrage stellt. Es ist nämlich nicht einmal im ökonomischen Sinn eindeutig vorteilhaft, in Billiglohnländer abzuwandern. In der Regel erhalten die Arbeitskräfte in diesen "Billiglohnländern" zwar tatsächlich deutlich geringere Löhne, aber sie sind in der Regel auch deutlich geringer qualifiziert. Man muss daher in Ausbildungskosten investieren, es wird möglicherweise mehr Personal benötigt, weil es nicht so effizient arbeitet wie das Personal im Ursprungsland, Mitarbeiter wandern gerne zu besser bezahlten Stellen ab, wenn sie erst einmal gut ausgebildet sind. Berücksichtigt man diese Faktoren, bleibt von dem scheinbaren Kostenvorteil manchmal nichts mehr übrig.
Bevor eine Entscheidung von solcher Tragweite getroffen wird, sollte also nicht nur der soziale Aspe...