Risikogovernance: Mit prädiktiver Analyse neue Gefahren identifizieren

Die prädiktive Analyse (Predictive Analytics, Predictive Informatics) erstellt Vorhersagemodelle, die die Wahrscheinlichkeit des Eintretens eines bestimmten Ereignisses berechnen. Aus „historischen“ und aktuellen Daten erkennt sie Muster und Zusammenhänge (Data Mining).
Prädiktive Analyse – ein Thema für den Arbeitsschutz?
In vielen Bereichen findet die prädiktive Analyse schon ihre Anwendung, insbesondere in der Marktforschung, im Finanzwesen und der Medizin. Aber auch für den betrieblichen Arbeitsschutz kann sie fruchtbar gemacht werden. Denn die Verantwortlichen im Arbeitsschutz müssen permanent neue Risiken bewerten, um die Sicherheit ihrer Belegschaften garantieren zu können. Da immer mehr technologische Innovationen die Wirtschafts- und Arbeitswelt beherrschen und dadurch ganz neue Risikolagen schaffen, müssen auch die Methoden zur Risikoeinschätzung angepasst werden. Mit anderen Worten: Man braucht neue Analysemethoden zur Evaluation von Risiken.
Prädiktive Analyse – Risikobewertung neuartiger Materialien
Zu den Innovationen, deren Risikopotenzial noch schwer einzuschätzen sind, gehören die sog. neuartigen Materialien (Advanced Materials, AdMat), wie zum Beispiel Nanomaterialien: Über die gesundheitlichen Folgen durch die Nanomaterialien weiß man immer noch nicht sehr viel. Eigentlich sogar so wenig, dass Dr. André Gazso´ vom Institut für Technikfolgenabschätzung (ITA) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, auch nicht von Risiken, sondern sogar von Ungewissheiten spricht. Das Wort Risiko sei, so der Experte, eigentlich in diesem Kontext (noch) falsch, da man im Falle von Risiken hinsichtlich Eintrittswahrscheinlichkeiten und Schadensausmaß bereits gut Bescheid weiß. Das sei bei der Bewertung von neuartigen Materialien aber noch nicht der Fall.
Beispiel Nanocarrier – Risikobewertungen durch prädiktive Analysen können helfen
Welche Schwierigkeiten beim Risikomanagement von neuartigen Materialien und im Rahmen der prädiktiven Analyse noch aus dem Weg zu räumen sind, zeige, so das Umweltbundesamt, das Beispiel der Nanocarrier. Nanocarrier und (nano)verkapselte Wirkstoffe sind in der Medizin bereits weit verbreitet und werden mittlerweile auch schon bei der Herstellung von Kosmetika, Bioziden/Pestiziden, Lebens- und Futtermittel diskutiert.
Die meisten der bisher für Nanomaterialien entwickelten Prüfverfahren sind für feste Partikel vorgesehen. Einige Nanocarrier sind aber nicht fest. Für die Risikobewertung muss geklärt werden, ob Nanocarrier und Nanoverkapselungen als ganzer Wirkstoff zu betrachten sind oder ob sie eine Kombination aus Wirkstoff und Beistoff darstellen, die eine separate Bewertung erfordert.
Im letzteren Fall scheine eine realistische Risikobewertung vor dem Hintergrund heutiger Erkenntnisse kaum möglich . Es müsse daher geklärt werden, wie der Verbleib, d.h. Freisetzung, Umwandlung sowie Abbau, und die Wirkung des Wirkstoffs durch die Verkapselung verändert werden. Die tatsächliche Wirksamkeit der kontrollierten Freisetzung des Carriers bzw. der Verkapselung müsse in realen Anwendungen überprüft werden, insbesondere in Fällen, in denen auch eine unbeabsichtigte Freisetzung des Produkts denkbar ist.
Prädiktive Analysen – zukünftige Basis für Produktregister?
Für das Umweltbundesamt ist es eines der wichtigsten Ziele, dass mit Hilfe der Methoden der prädiktiven Analytik nicht nur die Gefährdungen für Verbraucher und Beschäftigte identifiziert werden können, sondern dass darüber hinaus die untersuchten Produkte, die für ihre Herstellung verwendeten Materialien und deren Risiken im Rahmen von europaweiten Registern offen und transparent zugänglich gemacht werden.
Ein solches Produktregister sollte zum Beispiel einen Überblick über nanomaterialhaltige Produkte bieten, die Nanomaterialien freisetzen oder bei denen eine Freisetzung über den gesamten Lebenszyklus nicht ausgeschlossen werden kann. Dies würde es den Behörden erleichtern, Schwerpunkte bei der Überwachung und dem Vollzug von Gesetzen zu setzen. Sie könnten somit besser abschätzen, wie und wo Mensch und Umwelt Nanomaterialien ausgesetzt sind. Im Falle negativer Auswirkungen könnte auch eine bessere Rückverfolgbarkeit gewährleistet werden. Auch den Unternehmen, in denen diese Materialien direkt oder indirekt eingesetzt werden, würde es mehr Transparenz verschaffen.
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