Kosten senken im Arbeitsschutz – aber ohne Sicherheitsverluste

In wirtschaftlich schwierigen Zeiten greifen Unternehmen oft zu drastischen Maßnahmen, um Kosten zu senken. Auch der Arbeitsschutz bleibt von Einsparungen nicht verschont. Was auf den ersten Blick wie eine schnelle und gute Lösung wirkt, kann jedoch fatale Folgen haben. Es gibt aber auch bessere Möglichkeiten – ohne Einsparungen bei der Sicherheit.

Arbeitsschutz wird in vielen Unternehmen immer noch als reiner Kostenfaktor gesehen – und in Krisenzeiten noch viel mehr. Kürzungen hier scheinen keinen direkten Einfluss auf die Unternehmensziele und Erfolge zu haben. Doch die Vernachlässigung dieser Maßnahmen birgt immense Risiken, die nicht nur die Gesundheit der Beschäftigten gefährden, sondern auch hohe Folgekosten und Haftungsrisiken nach sich ziehen können.

Sparmaßnahmen im Arbeitsschutz und ihre Folgen

Reduktion der Gesundheitsförderungsprogramme

Einer der ersten Punkte, an denen aus Kostengründen gespart wird, sind betriebliche Gesundheitsförderungsprogramme, wie Stressbewältigungskurse, Bewegungsangebote, Yoga oder Ernährungskampagnen. Das Sparen an betrieblichen Gesundheitsförderungsprogrammen mag kurzfristig Einsparungen bringen, kann aber langfristig zu erhöhten Kosten, schlechterer Mitarbeitergesundheit und geringerer Produktivität führen.

Verminderte, reduzierte oder verschobene Schulungs- und Weiterbildungsangebote

Wichtige und notwendige Angebote werden seltener durchgeführt bzw. es wird um das gesetzliche Minimum gefeilscht, um bestmöglich Kosten zu sparen. Dies kann jedoch dazu führen, dass Mitarbeiter weniger gut informiert sind bzw. Mängel in den Kenntnissen zu Sicherheitsvorschriften auftreten. Dies gilt auch für Einsparungen bei wichtigen Fachzeitschriften, Datenbanken usw., die ebenso der Information und Fortbildung von Mitarbeitern dienen.

Reduktion von Arbeitsschutzfachkräften oder deren Arbeitsstunden

Kurzarbeit kann für Unternehmen in Krisenzeiten eine wichtige Maßnahme sein, um Arbeitsplätze trotz sinkender Auftragslage zu sichern. Fachkräfte für Arbeitssicherheit und Sicherheitsbeauftragte spielen eine zentrale Rolle bei der Prävention. Werden ihre Arbeitszeiten durch Kurzarbeit reduziert bzw. kommt es dort zum Stellenabbau, steigt das Risiko. Wichtige Sicherheitsmaßnahmen werden vernachlässigt, was langfristig zu mehr Unfällen, höheren Ausfallzeiten und möglicherweise rechtlichen Konsequenzen führen kann.

Einsparungen bei Persönlicher Schutzausrüstung (PSA)

Statt hochwertige Schutzausrüstung anzuschaffen, setzen Unternehmen oft auf günstigere und möglicherweise weniger sichere Alternativen. Oft wird auch der Ersatz für abgenutzte Ausrüstung herausgezögert oder nur umständlich bewilligt. Dabei ist der Spruch „Wer billig kauft, kauft zweimal“ kein Geheimnis des Einkaufs. Langlebige und wartungsarme Ausrüstung mit „Qualität statt Quantität“ zahlt sich aus.

Verschieben von Investitionen

Investitionen in Sicherheit und Gesundheit oder infrastrukturelle Verbesserungen werden hinausgezögert oder komplett gestrichen. Dies betrifft in schweren Zeiten häufig die Modernisierung von Maschinen und die Nachrüstung mit Sicherheitseinrichtungen. Aber auch ein Verzicht auf ergonomische Arbeitsplätze, wie die Ausstattung von Arbeitsplätzen mit höhenverstellbaren Schreibtischen oder ergonomischen Stühlen, soll Kosten sparen. Das Hinauszögern oder Streichen kann viele negative Folgen und Auswirkungen in den Feldern Produktivität, Motivation und Sicherheit haben.

Reduktion oder Vermeidung von Schutzmaßnahmen bei Bau- oder Sanierungsarbeiten

Bei Bauprojekten oder Modernisierungen werden insgesamt Kosten gespart, Sicherheitsvorgaben weniger stark eingeplant bzw. nur mit geringen Kosten berücksichtigt. Das kann unter anderem „dubiose“ Dienstleister bedeuten, die z. B. notwendige Gerüstinstallationen minimieren oder nicht installieren. Dies kann zu einem deutlich höheren Unfall- und Gesundheitsrisiko führen. Schutzmaßnahmen sind nicht nur gesetzlich vorgeschrieben, sondern ein essenzieller Bestandteil für die Sicherheit und Effizienz von Bauprojekten.

Einschränkung des Budgets für Wartung und Instandhaltung

Regelmäßige Wartungen, insbesondere sicherheitsrelevanter Maschinen und Anlagenteile, werden erst aufgeschoben, dann vernachlässigt und final ganz sein gelassen. Dies kann zu technischen Defekten und einer erhöhten Unfallgefahr führen.

Vereinfachte Risikobewertungen

Die Analyse von potenziellen Gefahren wird weniger detailliert oder nur oberflächlich durchgeführt mit dem Ziel, Zeit und Ressourcen zu sparen. Dies führt dazu, dass Risiken falsch eingeschätzt oder übersehen werden.

Reduktion von Präventivmaßnahmen gegen psychische Belastungen

Unternehmen investieren gerade in Krisen weniger in die psychologische Unterstützung, wie in interne Beratungsangebote oder Programme gegen psychische Belastungen. Wird die psychische Gesundheit der Mitarbeiter nicht mehr als wichtiger integraler Bestandteil betrachtet, kann dies weitreichende negative Folgen für die Gesundheit und Zufriedenheit der Mitarbeiter haben

Reduzierung der arbeitsmedizinischen Betreuung

Unternehmen reduzieren die Häufigkeit oder Qualität z. B. bei freiwilligen arbeitsmedizinischen Vorsorgen bzw. Untersuchungen, um Kosten zu sparen.

Die Reduzierung der arbeitsmedizinischen Betreuung kann langfristig zu gesundheitlichen Risiken für Mitarbeiter, höherem Krankenstand, sinkender Produktivität, rechtlichen Problemen und einer Verschlechterung der Arbeitsbedingungen sowie Mitarbeiterzufriedenheit führen.

Wo lässt sich im Arbeitsschutz ohne Sicherheitsverluste sparen?

Vorbereitet sein – in guten Zeiten an die schlechten Zeiten denken

Vor Beginn der Sparwelle Gedanken machen und Pläne vorbereiten. Interne Sparkonzepte für den Arbeitsschutz entwickeln, Motto: „Wo wollen wir sparen/wo lässt sich bei uns im Arbeitsschutz sparen, wenn es mal kneift, ohne dass diese Einschränkungen die Mitarbeiter zu stark belasten“. Diese Pläne aus der Schublade lassen sich in schwierigen Zeiten gut verwenden, wenn die Unternehmensleitung proaktiv nach Sparmaßnahmen fragt und alle mitziehen müssen.

Geld aus Fördertöpfen

Es gibt viel „gratis“, es gilt hier nur, die richtigen Töpfe zur Förderung bzw. staatliche Unterstützungen für die eigenen Arbeitsschutzthemen zu finden. Es gibt verschiedene Förderprogramme und Subventionen, die speziell für Maßnahmen im Bereich Arbeitsschutz zur Verfügung stehen. Die Nutzung dieser Mittel kann Kosten erheblich reduzieren. Kein Unternehmen hat etwas gegen kostenloses externes Geld, das mit geringem Aufwand erworben werden kann.

Mitarbeiterbeteiligung und Sicherheitsbewusstsein fördern

Im Hinblick auf Sicherheits- und Gesundheitsfragen engagierte und gut informierte Beschäftigte und die Förderung einer Sicherheitskultur können zu einer Kostensenkung für Sicherheitsmaßnahmen beitragen, weil sie Sicherheitsrisiken proaktiv identifizieren und melden. So kann Arbeitsschutz zielgerichtet, effektiver und damit kostengünstiger erreicht werden.

Verwendung vorhandener interner Ressourcen

In Konzernunternehmen gibt es häufig die Möglichkeit, von erfolgreichen Praktiken/Methoden (Best Practice) oder vorhandenen Ressourcen anderer Bereiche/Abteilungen zu profitieren. Ein interner Austausch ist kostenfrei und bewährte Ansätze können genutzt und an die eigenen Bedürfnisse angepasst werden. Vorhandene Ressourcen, wie interne Experten und Schulungsmaterialien, sollten optimal ausgeschöpft werden, bevor externe Dienstleistungen hinzugezogen werden.

Besonders im Bereich Schulungen und Trainings können erhebliche Kosten gespart werden. Anstatt teure externe Schulungen zu buchen, lassen sich interne Schulungen (durch interne Fachleute) oder vorhandene E-Learning-Programme und Online-Schulungen nutzen. Diese sind nicht nur kostengünstiger, sondern auch flexibler einsetzbar und besitzen dazu die betriebliche Kenntnis. Unternehmen derselben Branche können Schulungsmaterialien und Ressourcen austauschen, was ebenfalls Kosten senkt. Da diese Materialien wiederholt genutzt werden können, entfallen ggf. auch Reisekosten. Dies können effektive und nachhaltige Lösungen sein.

Wichtig ist es auch, das Potenzial interner Arbeitsschutzexperten und Experten außerhalb der reinen Arbeitsschutzorganisation, z. B. Sicherheitsbeauftragte, nicht nur in Krisenzeiten zu nutzen. Anstatt teure externe Berater hinzuziehen, sollten Unternehmen auf das Know-how ihrer eigenen Fachkräfte vertrauen und deren Expertise mehr und stärker einsetzen, um den Arbeitsschutz im Unternehmen effizient und kostengünstig zu gestalten.

Gemeinsame Beschaffung

Unternehmen können von kollektiver Beschaffung profitieren. Durch den gemeinsamen Einkauf von Sicherheitsausrüstung und -materialien in größeren Mengen können sie von Mengenrabatten Gebrauch machen. Zudem reduziert sich der administrative Aufwand, da Ausschreibungen, Verhandlungen und Logistikprozesse zentralisiert und effizienter gestaltet werden können. Die Lieferkonditionen und Verfügbarkeit der Waren verbessern sich, da die größere Abnahmemenge die Verhandlungsposition der Unternehmen gegenüber den Lieferanten stärkt. Auch die Qualität der gekauften Produkte kann gesteigert werden, da Unternehmen bei größeren Bestellvolumina oft Zugang zu besseren Produkten und innovativeren Lösungen erhalten. Des Weiteren trägt die kollektive Beschaffung zu einer besseren Planungssicherheit bei, da Unternehmen ihre Kosten zuverlässiger kalkulieren können und durch langfristige Verträge auch Preisschwankungen auf dem Markt besser abfedern können. Schließlich fördert dies eine nachhaltigere Beschaffung, größere Bestellmengen ermöglichen oft effizientere und umweltfreundlichere Logistikprozesse.

Optimierung der Arbeitsprozesse und Prozessverbesserungen mit Augenmaß

Durch die Optimierung von Arbeitsprozessen und die Beseitigung unnötiger Schritte kann nicht nur die Produktivität gesteigert, sondern auch das Risiko von Unfällen reduziert werden, was wiederum die Kosten senkt.

Praxisgerechte Regelungen und Vermeidung von Überregulierung

Regulierungen im Bereich der Arbeitssicherheit sollten stets auf einer fundierten Gefährdungsbeurteilung basieren, um praxisgerechte und angemessene Maßnahmen zu gewährleisten. Sicherheitsmaßnahmen müssen an die tatsächlichen Risiken angepasst sein und diese effektiv reduzieren. Eine Überregulierung kann hier unnötige Kosten verursachen. Unnütze, übermäßige oder überflüssige Sicherheitsmaßnahmen bieten keinen zusätzlichen Schutz, sondern belasten das Unternehmen finanziell, ohne den Sicherheitsstandard bzw. die Sicherheitskultur wesentlich zu verbessern. Auf der anderen Seite darf jedoch auch nicht zu wenig reguliert werden, da dies erhebliche Gefahren birgt und langfristig ebenfalls teuer werden kann, etwa durch Unfälle oder erhöhte Haftungsrisiken. Eine ausgewogene Regulierung der realen Gefahren basiert auf einer gründlichen Gefährdungsbeurteilung, minimiert Risiken und optimiert die Kosten-Nutzen-Relation der Sicherheitsmaßnahmen


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