Einleitend hatte Prof. Blind die vier Stufen der Industriellen Revolution skizziert und die gegenwärtige Phase als die „4. Industrielle Revolution“ auf der „Basis von Cyber Physical Systems“ charakterisiert. In seiner Definition von Industrie 4.0 widmete er sich dem Einzug des „Internets der Dinge und Dienste in die Fabrik“, einschließlich der sich daraus ergebenden Konsequenzen vor allem für Wertschöpfung sowie Geschäftsmodelle. Laut Prof. Blind ist der anfangs unbekannte Begriff Industrie 4.0 inzwischen in Brüssel und in den USA „angekommen“.
Smart Factory und smart Services erfordern smart Talents
Der CIB-Keynote-Redner beschrieb die „Smart Factory“ als Teil des Internets der Dinge, sprach dann über „Smart Talents“ – Mitarbeiter, die mit diesen komplexen Systemen umgehen – und ging schließlich auf den Begriff „Smart Services“ ein: datengetriebene Geschäftsmodelle auf Basis digitaler Infrastrukturen, bei denen der Nutzer im Mittelpunkt steht. Zum Innovationspotenzial von Industrie 4.0 zählte er
- die Individualisierung der Kundenwünsche,
- eine optimierte Entscheidungsfindung,
- Wertschöpfungspotenziale durch neue Dienstleistungen wie auch
- eine Demografie-sensible Arbeitsgestaltung – eine bessere Work-Life-Balance.
Für Deutschland als „Land mit vergleichsweise hohem Anteil produzierender Unternehmen“ werde mit I4.0 die Wettbewerbsfähigkeit als Hochlohnstandort gesichert.
Komplexitätsbeherrschung und Sicherheit der IT-Infrastruktur sind zu gewährleisten
„Es gibt aber auch zahlreiche Herausforderungen“, setzte Blind fort. An erster Stelle nannte er „Standardisierung und offene Standards für eine Referenzarchitektur“. Hinzu zählte er die Beherrschung komplexer Systeme und eine flächendeckende Breitbandinfrastruktur für die Industrie, bei der die „Abdeckung in der Breite noch nicht wie erforderlich“ erreicht sei. Die Cyber-Sicherheit bezeichnete er als „erfolgskritischen Faktor“, der „extrem wichtig“ sei. Weitere Herausforderungen sieht Prof. Blind in der Arbeitsorganisation und Arbeitsgestaltung, in rechtlichen Rahmenbedingungen sowie in der Aus- und Weiterbildung für Industrie 4.0 (s. Abb. 1 in der Bilderserie).
Als weitere Herausforderung sieht er die vielerorts genannten Punkte, „unklarer wirtschaftlicher Nutzen“ sowie „hohe Investitionskosten“ bei der Umsetzung von I4.0. Dem gegenüber stellte Knut Blind die Wachstumschancen durch Industrie 4.0 und bezog sich u. a. auf die BITKOM, die eine jährliche Steigerung der Bruttowertschöpfung um 1,7 % prognostiziert hatte.
Bessere Forecasts durch mehr Transparenz und Detailtiefe
Bei den prognostizierten I4.0-Nutzenpotenzialen für das Controlling rangiert die „bessere Steuerung operativer Prozesse“ klar an der Spitze, gefolgt von der „Entdeckung neuer Wirkungszusammenhänge“ und mit weiterem Abstand von „Analysen von Echtzeitdaten“, „schnelleren Analysen“ sowie von der „Beschleunigung von Entscheidungen“ (s. Abb. 2 in der Bilderserie).
Den größten Einfluss von I4.0 - bezogen auf das IGC-Controlling-Prozessmodell - erwartet Prof. Blind bei den Forecasts, da ständig aktuelle Produktions- und Marktdaten verfügbar und dadurch Forecasts in Echtzeit möglich sind. Ebenso deutlich werden die Auswirkungen auf die Weiterentwicklung der Organisation, Prozesse, Instrumente und Systeme erwartet sowie auf die betriebswirtschaftliche Beratung und Führung. Bei seiner Einschätzung stützte sich Prof. Blind auf Studien des Internationalen Controller Vereins (ICV), den er „bei diesem Thema ganz weit vorne dabei“ sieht.
Aus den Herausforderungen der Umsetzung von I4.0 für das Controlling – Umgang mit Analyse-Tools/-Methoden, Datenselektion, funktions-/bereichsübergreifende Integration von Planungs- und Steuerungsprozessen usw. – leitete Blind auch limitierende Faktoren ab. Angesichts der in diesem Kontext am stärksten wachsenden Bedeutung der Instrumentenkenntnis der Controller mangele es besonders an der Qualifizierung. Talente seien rar, das Bildungssystem hechle „diesen verdammt dynamischen Entwicklungen“ hinterher.