Schnelligkeit im Spiel wird über Ballkontaktzeit gemessen
Seit 2004 begleitet der Sportpsychologe Professor Hans-Dieter Hermann die deutsche Fußballnationalmannschaft. Seitdem hat sich sehr viel verändert. Auch wenn sich Bundestrainer Joachim Löw nicht als Controller, sondern eher als CEO versteht, legt er sehr viel Wert auf Controlling. Als er 2006 die Nationalmannschaft übernommen hatte, wurde eine Kennzahl sehr genau betrachtet – die Schnelligkeit. Die durchschnittliche Ballkontaktzeit eines Spielers betrug zu dieser Zeit 2,9 Sekunden. Seitdem hat sich dieser Wert auf durchschnittlich 0,9 Sekunden reduziert.
Auch in der Unternehmenssteuerung sind Prozesse deutlich schneller geworden. Rückblickend hätten sich die meisten Controller nicht vorstellen können, welche Aufgaben und Informationen heute standardmäßig in wie hoher Geschwindigkeit bewältigt werden können und müssen.
Psychologische Faktoren müssen Spieler-Kennzahlen ergänzen
Die deutsche Nationalmannschaft wird von einem dreiköpfigen Analysten-Team bei allen Maßnahmen begleitet. Dieses wiederum wird von einem rund dreißigköpfigen Experten-Team der Sporthochschule Köln unterstützt. Doch auch im Fußball gilt: Big Data ist nicht ausreichend. Nur wer die Daten versteht, kann einen Mehrwert schaffen: Smart Data lautet hier das Stichwort. Betrachtet man ausschließlich die KPIs verschiedener Fußballspieler, lassen sich die Ergebnisse nicht vorhersagen. Die psychologischen Prozesse, die sich im Team abspielen, müssen hierbei ebenfalls berücksichtigt werden.
Beispiel: Ein großer Wechsel bei der Deutschen Fußballnationalmannschaft hat sich nach der Verletzung von Michael Ballack vor der FIFA Fußball-Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika ergeben. Als Mannschaftskapitän und damit Führungskraft im Team pflegte er ein sehr altmodisches Rollenverständnis. Das nachfolgende Führungsteam aus jungen Spielern veränderte dieses Rollenbild grundlegend – Kommunikation wurde zum Schlüssel des Erfolges.
Motivation und Ziele erleichtern notwendige Veränderungen
Die Gefahr, Veränderungen von Jobs nicht zu erkennen, gibt es nicht nur im Fußball, sondern ist auch auf das Controlling übertragbar. Hier weist Hermann auf zwei Erfolgsfaktoren hin:
- Zum einen ist eine positive Grundeinstellung gegenüber den anstehenden Veränderungen im Rahmen der Digitalisierung und der Industrie 4.0 unabdingbar.
- Zum anderen spielt gerade in Zeiten der Veränderung die Motivation eine sehr große Rolle. Um erfolgreich sein zu können, muss die Frage „Habe ich Spaß an den Dingen, die ich mache (auch an den Alltagsdingen) und habe ich Ziele, die ich verfolge?“ individuell beantwortet werden. Und obgleich die Sinnzuschreibung ebenfalls sehr individuell ist, um motiviert sein zu können, muss man eine Sinnhaftigkeit in seinem Handeln erkennen. Und Unternehmen brauchen motivierte Mitarbeiter um erfolgreich zu sein.
Führungskräfte müssen Vertrauen durch Kommunikation schaffen
Eine weitere Parallele aus dem Fußball, die auf die Führung von Unternehmen übertragen werden kann und auch vom Bundestrainer Joachim Löw gelebt wird: Es gelingt ihm, Vertrauen zu schaffen. Er sieht die notwendige Kommunikation der Führungskraft als Bringschuld. Auch in Unternehmen sollte der soziale Aspekt nicht unbeachtet bleiben, denn Vertrauen reduziert Komplexität. Durch ein Motivational Climate bzw. Social Support wird es möglich, Vertrauen in eine Organisation zu bringen und damit die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter zu steigern. Dies gilt auf dem Platz genauso wie im Unternehmen und betrifft neben der praktischen, fachlichen auch die emotionale Unterstützung.