Warum man Kennzahlen benötigt
Um den Erfolg bzw. die Entwicklung eines Geschäftsbetriebes zu messen, bedient man sich sogenannter Kennzahlen. Verbindet man diese Kennzahlen mit konkreten Unternehmenszielen, so entstehen sogenannte "Key-Performance-Indikatoren" (Lammenett, E. (2017): Online Marketing Controlling für Entscheider. CreateSpace Independent Publishing Platform).
Kennzahlen variieren je nach Unternehmensphase
Die bei einem Plattform-Unternehmen zugrunde zu legenden Kennzahlen variieren je nach Phase; in der Startup-Phase sind andere Kennzahlen sinnvoll als in späteren Phasen, in denen eine gewissen Reife eingetreten ist. Die in diesem Top-Thema dargestellten Kennzahlen beziehen sich speziell auf Plattform-Geschäftsmodelle und sind angelehnt an die Ausführungen aus Parker et al. (Parker, G, & Van Alstyne, M., & Choudary, S. (2016): Platform Revolution – A Practical Guide to the New Economy that is Transforming the Way We Live, Work, and Play. W.W. Norton & Company, New-York).
Kennzahlen in der Startup-Phase
Kennzahl |
Formel |
Aussage |
erfolgreiche Transaktionen | Anzahl der monetären Transaktionen ÷ Anzahl der Interaktionen | Wie viel Prozent der Interaktionen sind Transaktionen geworden? |
transaktionslose Interaktionen | (Anzahl der Interaktionen – Anzahl der Transaktionen) ÷ Anzahl der Interaktionen | Wie viel Prozent der Interaktionen haben zu keiner Transaktion geführt? |
fehlgeschlagene Suchanfragen | Suchanfragen ohne Anklicken der Suchergebnisse ÷ Suchanfragen | Wie viel Prozent der Suchanfragen haben zu keinem relevanten Ergebnis geführt? |
Qualität der Kontaktvermittlung | Anzahl der Klicks auf die Suchergebnisse ÷ Anzahl der Suchanfragen
oder
Anzahl der Interaktionen ÷ Anzahl der Suchanfragen | Wie viel Prozent der Suchanfragen haben zu relevanten Ergebnissen geführt?
Wie viel Prozent der Suchanfragen haben zu Interaktionen geführt? |
Nutzerzufriedenheit | Anzahl an positiven Bewertungen ÷ Gesamtbewertungen | Wie viel Prozent der Gesamtbewertungen waren positiv? |
Stammkundensatz | Anzahl Stammkunden ÷ Anzahl Gesamtkunden | Wie viel Prozent der Gesamtkunden sind Stammkunden? |
Neukundensatz | Anzahl Neukunden ÷ Anzahl Gesamtkunden | Wie viel Prozent der Gesamtkunden sind Neukunden?
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In der Startup-Phase geht es darum, die Interaktionen zwischen Produzenten und Konsumenten zu begünstigen und zu erhöhen. Eine Interaktion meint die Kommunikation mittels der Plattform, beispielsweise durch Schreiben von Nachrichten. Ziel ist es, dass durch erfolgreiches Zusammenbringen von passenden Produzenten und Konsumenten (Matching) monetäre Transaktionen (d.h. der Kauf des Produktes, bzw. der Dienstleistung) zustande kommen.
Kennzahl: Erfolgreiche Transaktionen
Somit könnte eine mögliche Kennzahl die der erfolgreichen Transaktionen sein (Anzahl der monetären Transaktionen ÷ Anzahl der Interaktionen). Ein Wert von 50 % würde bedeuten, dass im Durchschnitt auf dieser Plattform zwei Interaktionen zwischen Produzenten und Konsumenten notwendig sind bis eine monetäre Transaktion zustande kommt. Eine mögliche Variante wäre, diese Kennzahl für bestimmte geografische Regionen zu ermitteln. So könnte man Aussagen über die kulturell bedingte Spontaneität, bzw. die Unsicherheitsvermeidung (Hofstede, G. (2003): Culture’s Consequences. SAGE Publications, Thousand Oaks) einer Marktteilnehmergruppe treffen.
Auch "keine Transaktionen" sind messbar
Die Gegenkennzahl zum Transaktionssatz wäre die Messung von Situationen, bei denen keine Transaktion zustande kommt. Dies kann entweder der Fall sein, wenn Produzenten und Konsumenten miteinander interagieren, sich jedoch aufgrund des Preises oder anderen Faktoren keine Transaktion ergibt. Eine solche Kennzahl könnte durch die Verfolgung (Tracking) einzelner Produzenten-Nutzer-Paare gemessen werden. Ergibt sich bei vorliegender Interaktion eines Paares keine Transaktion, kann dies als eine transaktionslose (fruchtlose) Interaktion gewertet werden. Werden sämtliche Interaktionen zwischen den Paaren verfolgt, so lassen sich die Anzahl der fehlgeschlagenen Transaktionen mit der Anzahl der Interaktionen innerhalb eines bestimmten Zeitraums messen ((Anzahl der Interaktionen – Anzahl der Transaktionen) ÷ Anzahl der Interaktionen).
Diese Kennzahl würde dann das Konstrukt transaktionslose Interaktionen messen. Eine weitere Ursache für das Nicht-Zustandekommen einer Transaktion besteht darin, dass Produzenten oder Konsumenten eine Transaktion nachfragen, allerdings keine relevanten Transaktionspartner finden. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn die Anzahl der Produzenten und die Anzahl der Konsumenten nicht näherungsweise gleichverteilt ist. Und dies kann dazu führen, dass entweder ein zu geringes Angebot im Verhältnis zur Nachfrage vorliegt oder umgekehrt. Messen lässt sich diese Kennzahl durch die Verfolgung von unfruchtbaren Suchergebnissen während einzelner Besuche (bzw. Log-Ins) im Verhältnis zur Anzahl von Besuchen mit Suchergebnissen, die zu einem Anklicken der Suchergebnisse geführt haben. Gemessen würden somit fehlgeschlagene Suchanfragen.
Qualität der Kontaktvermittlung
Neben der Messung und Überwachung der Transaktionen ist laut Parker et. al. (Parker, G, & Van Alstyne, M., & Choudary, S. (2016): Platform Revolution – A Practical Guide to the New Economy that is Transforming the Way We Live, Work, and Play. W.W. Norton & Company, New-York) die Qualität der Kontaktvermittlung ebenfalls ein elementarer Bestandteil der Startup-Phase. Je schneller Produzenten und Konsumenten, deren Angebot und Nachfrage zusammenpassen, zusammenfinden und sich hieraus ggf. eine monetäre Transaktion ergibt, umso höher ist die Qualität der Plattform anzusehen und umso niedriger sind die Kosten (Zeitaufwand) für die Nutzer.
Eine hohe Qualität der Nutzerprofile und die hieraus resultierende Zeitersparnis bei der Suche nach relevanten Ergebnissen erhöht den Nutzen der Plattform für die Akteure und somit die Zufriedenheit und die Kundenbindung. Messen ließe sich die Qualität der Kontaktherstellung durch die Division der Anzahl der Klicks auf die Suchergebnisse durch die Anzahl der Suchanfragen (im weiteren Sinne), bzw. die Anzahl der Interaktionen durch die Anzahl der Suchanfragen (im engeren Sinne).
Nutzer brauchen Vertrauen in das Medium
Eine weitere wichtige Größe, die es während der Startup-Phase zu beobachten gilt, ist die des Vertrauens. Gerade auf Plattformen wie AirBnB, auf der unbekannte Privatleute Zimmer oder Wohnungen in Eigenregie vermieten, ist das Risiko groß, dass die Mietobjekte nicht den Beschreibungen, bzw. den eingestellten Fotoaufnahmen entsprechen, bzw. gar nicht existieren. Viele Nutzer scheuten sich anfangs davor, ihre lang ersehnte Urlaubsreise auf ein derart (wahrgenommen) unsicheres Medium zu gründen. Trotz Anlaufschwierigkeiten schaffte es AirBnB, durch konsequentes Kuratieren der Inhalte (Profile, Fotos und Beschreibungen), sowie durch die Anwendung von Bewertungen und Rezensionen die Anbieter zu einer wahrheitsgetreuen Darstellung ihrer Objekte zu bewegen. Wer mehrmals schlechte Bewertungen oder gar Beschwerden in den Kommentaren erhält, wird irgendwann nicht mehr gebucht.
Wie AirBnB Vertrauen schafft
Das Ansehen und die Akzeptanz von AirBnB in der Öffentlichkeit ist größtenteils positiv. Grund hierfür ist das Vertrauen, das die Nutzer in die Plattform durch die dargebotene Transparenz gefasst haben. Vertrauen lässt sich zum einen durch die Art und Weise, wie Nutzer sich über die Plattform äußern, erfassen. Je zufriedener beide Seiten sind, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass ihr Vertrauen in die Plattform wächst. Mittels des Verhältnisses von Anzahl an positiven Bewertungen zur Anzahl der Gesamtbewertungen in einem bestimmten Zeitraum lässt sich der Grad der Nutzerzufriedenheit messen.
Eine weitere Möglichkeit wäre hier die Auswertung der Kommentare und Beiträgen auf Social-Media-Webseiten. Neben der qualitativen Messung von Vertrauen mittels Bewertungen können auch herkömmlich, quantitative Kennzahlen wertvolle Anhaltspunkte liefern, wie beispielsweise das Verhältnis von Stammkunden (z.B. Kunden, die mehr als zweimal pro Jahr kaufen) in Bezug zu den Gesamtkunden oder das Verhältnis von Neukunden in Bezug zu den Gesamtkunden.