Dr. Alexander Sasse, Andreas Jaburg
Zunächst wurden eine Bestandsaufnahme und Analyse des Unternehmens durchgeführt. Neben der leistungs- und finanzwirtschaftlichen Analyse wurden auch die organisatorischen, personalwirtschaftlichen und rechtlichen Verhältnisse betrachtet. In dieser Analysephase konnten einige kritische Sachverhalte identifiziert werden – z. B. die lückenlose Rückverfolgung der Eigentumsverhältnisse (Chain-of-Title), Rechtsstreitigkeiten aus Gewährleistungsfällen und eventuell vorhandene Bodenkontaminationen –, die bis zum Abschluss einer Transaktion seitens der Gesellschafter bereinigt bzw. transparent gemacht werden sollten. Erkannte Potenziale wurden festgehalten, um sie dann in den Anspracheunterlagen einem potenziellen Investor als zukünftige Entwicklungsmöglichkeiten aufzuzeigen.
Insbesondere die leistungswirtschaftliche Analyse und die damit einhergehende Auseinandersetzung mit dem Produkt- und Leistungsprogramm, den Kunden, dem Markt und den Wettbewerbern sowie den Stärken und Schwächen des Unternehmens haben einen großen Einfluss auf die Definition der M&A-Strategie. Neben den wesentlichen Fragen "Warum", "Wie", "Wann" und "Womit" spielt insbesondere die Frage "Wer" eine entscheidende Rolle bei den "5 W der M&A-Strategie". Die ersten 4 Fragen konnten in diesem Fall relativ schnell geklärt werden:
Warum? Hier muss die Verkaufsstory geklärt werden, um einem Externen zu verdeutlichen, warum sich die Gesellschafter von dem Unternehmen trennen wollen.
In diesem Fall hatte dies die zuvor beschriebenen strategischen Gründe.
Wie? Hier geht es u. a. um die Transaktionsform, im Rahmen derer auch steuerliche Aspekte berücksichtigt werden müssen.
In diesem Fall bevorzugten die Gesellschafter einen Share Deal, also einen Verkauf der Gesellschaftsanteile, um einen möglichst reibungslosen Übergang zu gewährleisten. Dies lag im Wesentlichen darin begründet, dass es zahlreiche Zertifizierungen sowie Kunden- und Lieferantenverträge gab, die ein neuer Rechtsträger, an den man die Vermögengegenstände bei einem Asset Deal veräußert hätte, nicht ohne weiteres neu hätte abschließen können.
Wann? Neben weiteren wichtigen Fragen muss geklärt werden, zu welchem Zeitpunkt der Start eines M&A-Prozesses Sinn ergibt. Neben (internen und externen) wirtschaftlichen, persönlichen und rechtlichen Einflüssen spielt hier auch der Stand der Vorbereitung der Transaktion eine entscheidende Rolle.
In diesem Fall entschieden sich die Gesellschafter für einen umgehenden Start ohne zusätzliche Vor-Phase, da das Unternehmen in der Gruppe eigenständig geführt und kaum bzw. keine Carve-out-Themen zu lösen waren. Hätte man zunächst noch die IT-Strukturen, die Buchhaltung, das Controlling, den Vertrieb, den Einkauf oder andere Querschnittfunktionen voneinander trennen müssen, wäre die Vorbereitungsphase deutlich länger ausgefallen. Auch die finanzwirtschaftliche Transparenz war gegeben, so dass typische Analysen und Auswertungen schnell greifbar waren. Eine integrierte Unternehmensplanung existierte und wurde im Hinblick auf die geplante Transaktion verfeinert und finalisiert.
Womit? Hier wird der Umfang der Unterlagen definiert, die den Investoren zu verschiedenen zu definierenden Zeitpunkten zur Verfügung gestellt wird.
Der Start in diesem Projekt sollte mit einem schlanken, anonymisierten Teaser erfolgen, um ein diskretes Vorgehen zu gewährleisten. Des Weiteren sollte ein ausführliches Information Memorandum erstellt werden, das den potenziellen Investoren nach Unterschrift der Vertraulichkeitsvereinbarung zur Verfügung gestellt werden sollte.
Die fünfte Frage nach dem Wer? musste in diesem Fall differenzierter beantwortet werden. Die Gesellschafter hatten Sorge, dass sich in dem Nischenmarkt, in dem sich das zu veräußernde Unternehmen befand, eine Ansprache direkter Wettbewerber negativ auf Kundenbeziehungen auswirken könnte. Die Verkäufer befürchteten, dass durch die angesprochenen Wettbewerber die Tatsache eines anstehenden Verkaufs in den Markt getragen werden könnte – gerade direkte Wettbewerber zählen allerdings zu der Käufergruppe, die bei Transaktionen am häufigsten den Zuschlag erhält. Nach intensiven Diskussionen und detaillierter Abwägung des Für und Wider der Ansprache direkter Konkurrenten wurde allerdings entschieden, sich bei der Suche nach strategischen Investoren stattdessen nur auf Lieferanten zu konzentrieren, die eine Verlängerung der Wertschöpfungskette anstreben, sowie auf branchennahe Maschinen- und Anlagenbauer und die Ansprache direkter Wettbewerbern erst in einer späteren Projektphase zu forcieren.
Bei der Sondierung der Investoren wurde die Liste der potenziellen Investoren (Longlist) um ausgewählte Finanzinvestoren ergänzt, so dass diese Gruppe am Ende einen Anteil von rund 20 % der anzusprechenden Unternehmen ausmachte. Für die endgültige Auswahl der potenziellen strategischen Investoren wurden Größenkriterien wie Umsatz und Mitarbeiteranzahl angewendet sowie der strategische "Fit" zum Auftraggeber berücksichtigt. Regionale Einschränkungen...