Der Aufbau einer eigenen systematischen Überwachung globaler Lieferketten beginnt damit, dass der Einkäufer für die unterschiedlichen Informationen öffentlich zugängliche Quellen findet. Gemeinsam mit der IT-Abteilung wird versucht, diese Quellen über digitale Schnittstellen automatisch für die Bewertung an das System anzubinden. Im Einkauf werden zu Preisen und Verfügbarkeit eigene Informationen vorliegen, die ebenfalls in die Bewertung einfließen. Ziel muss es sein, die neuen und die vorhandenen Quellen in möglichst autonome Strukturen zu bringen, um die Überwachung schnell und zuverlässig, nach festgelegten Regeln durchführen zu können. Die Bewertung erfolgt mit Hilfe von Controllinginstrumenten, die viele Informationen verdichten und auswerten (s. Abb. 1).
Abb. 1: Beispiel einer Struktur
Leider wird beim Aufbau der Überwachungsstrukturen häufig vergessen, dass die Beschäftigung mit dem Einkaufsgut allein nicht ausreichend ist. Die Überwachung muss vor allem auf eventuelle Vorprodukte ausgedehnt werden. Der eigene Lieferant kann bei Störungen seiner Lieferkette dem Unternehmen keine Güter liefern, wenn er die Vorprodukte nicht zur Verfügung hat.
Vorprodukte auch in kurzen Lieferketten
Selbst wenn Güter beim Nachbarunternehmen eingekauft werden, ist die Ausweitung der Überwachung auf dessen Vorprodukte wichtig. Wenn dieser benachbarte Lieferant wesentliche Vorprodukte in China einkauft, bietet selbst die eigene kurze Lieferkette für den Einkäufer globale Risiken. Die Pufferfunktion des Händlers kann der eigentliche Vertragspartner im Einkaufsvertrag nur begrenzt wahrnehmen.
Das Ergebnis der Überwachung ist eine Situationsbeschreibung, die z. B. in einem Dashboard zusammengefasst wird. Dort können, wie in dem folgenden Beispiel in Abb. 2 für die Vorprodukte, das Einkaufsgut und für die Distribution die einzelnen individuellen Inhalte bewertet werden. Ein digitaler autonomer Prozess zur Integration von Informationen in die Beurteilung sorgt für eine aktuelle Darstellung.
Abb. 2: Beispielhaftes Dashboard
Welche Inhalte tatsächlich in die Überwachung einfließen, muss individuell in Abhängigkeit des Einkaufsgutes, der Risikobereitschaft und der möglichen Auswirkungen entschieden werden.
Bewertung: Für die einzelnen Inhalte der Überwachung (hier: Preise, Verfügbarkeit und Umfeld) und für jeden überwachten Bezug (hier: Vorprodukt, Einkaufsgut und Distribution) ist die Definition der Bewertung notwendig. So muss festgelegt werden, welche Preisentwicklung noch akzeptabel ist, ab wann gewarnt wird und wann Aktionen notwendig sind. Die Definitionen können für Vorprodukte, Einkaufsgut und Distribution unterschiedlich sein.
Die Festlegung von Grenzen für einzelne Beurteilungsstufen ist für Preise und Verfügbarkeit mathematisch möglich. Im Umfeld, vor allem wenn Politik eine Rolle spielt, muss eine Einschätzung der Situation durch Menschen erfolgen. Damit dabei eine subjektive Wahrnehmung durch Einzelne relativiert wird, sollte das Umfeld immer von mehreren Personen beurteilt werden.
Zeitbezug: Der Zeitbezug bei der Überwachung globaler Lieferketten hat zwei Dimensionen. Zum einen muss die Aktualität der Beurteilungen entschieden werden, zum anderen der Zeitbezug der verwendeten Daten.
Aktualität: Wenn Daten automatisch in die Überwachung einfließen, ist die Beurteilung immer aktuell. Sobald neue Informationen verarbeitet wurden, wird die Darstellung der festgestellten Situation aktualisiert. Ergänzt wird diese Vorgehensweise durch die regelmäßige Beurteilung der Umfeldentwicklung auf Basis menschlicher Einschätzung. Die Frequenz muss der aktuell empfundenen Bedrohung durch externe Faktoren angepasst sein. Aber auch interne Faktoren können die Frequenz bestimmen. Wenn z. B. die eigenen Bestände des Einkaufsguts sehr gering sind, sollte die Beurteilung aktueller sein, die Frequenz ist zu erhöhen.
Ad hoc und steigende Frequenz
In politisch und wirtschaftlich entspannten Zeiten, dürfte eine monatliche Einschätzung der Situation im Umfeld der globalen Lieferkette ausreichend sein. Spannt sich die Lage an, muss die Frequenz der Beurteilung steigen, z. B. auf wöchentliche Einschätzungen. Gibt es dramatische Einzelentwicklungen, müssen diese sofort berücksichtigt werden.
Verwendete Daten: Für die Bewertung von Preisen und Verfügbarkeiten sind Einzelwerte ungeeignet. Nur Zeitreihen lassen einen Schluss zu auf die zu erwartende Entwicklung. So können Trends aus der Vergangenheit fortgeschrieben werden, kann die aktuelle Situation mit der in vergangenen Perioden verglichen werden. Gibt es bereits Marktdaten für die Zukunft, werden auch diese in die Beurteilung einbezogen.
Datenquellen: Die Qualität der Bewertungen hängt in hohem Maße ab von der Qualität der eingeflossenen Daten. Diese wiederum wird bestimmt von der Datenquelle. Dabei reicht die Spannweite von eigenen Erfahrungen über Verbandsinformationen bis zu News auf frei zugänglichen Internetseiten. Ziel muss eine möglichst hochwertige Datenquelle sein, auch wenn d...