Prof. Dr. Dr. Carl-Christian Freidank
Rz. 156
Ergänzend zum Jahresabschluss müssen mittelgroße und große Kapitalgesellschaften sowie ihnen gesetzlich gleich gestellte Unternehmen gemäß § 264 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz HGB einen Lagebericht erstellen, der sowohl Informationen über das abgelaufene Geschäftsjahr als auch künftige Informationen beinhaltet. Ferner kann der Lagebericht um freiwillige Informationen ergänzt werden. Die Vorschriften zum Lagebericht sind in § 289 bis 289e HGB verankert. Der Lagebericht stellt aufgrund seiner Zukunftsorientierung das wichtigste Objekt der Rechnungslegungsanalyse durch unternehmensexterne Ratingagenturen dar. Abbildung 26 zeigt die mögliche Gliederung eines Lageberichts nach § 289 bis 289a HGB, wobei auf die Aufnahme der Erklärung zur Unternehmensführung, die gemäß § 289f Abs. 1 HGB wahlweise im Lagebericht oder auf der Internetseite der Gesellschaft veröffentlicht werden kann, verzichtet wurde.
Rz. 157
Die Erklärung zur Unternehmensführung, die gemäß § 289f Abs. 1 Satz 1 HGB nur von börsennotierten Aktiengesellschaften und ihnen gesetzlich gleichgestellten Unternehmen i. S. v. § 289f Abs. 1 HGB zu erstellen ist, umfasst gemäß § 289f Abs. 2 Nr. 1 HGB zunächst die Entsprechenserklärung nach § 161 AktG, aus der erkennbar wird, welche Empfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) nicht umgesetzt werden und aus welchen Gründen die Umsetzung jeweils nicht erfolgt ist oder nicht erfolgen wird. Darüber hinaus hat sie relevante Angaben der Unternehmensführungspraktiken, die über die gesetzlichen Anforderungen (d. h. die Regelungen des DCGK) hinaus angewendet werden und eine Beschreibung der Arbeitsweise von Leitungs- und Aufsichtsorgan sowie der Zusammensetzung und Arbeitsweise von deren Ausschüssen aufzunehmen. Zu den Berichterstattungserfordernissen nach § 289f Abs. 2 Nr. 3 HGB gehören zumindest Angaben zur Aufteilung der Organmitglieder auf gebildete Prüfungsausschüsse (z. B.Strategie-, Prüfungs-, Risiko-, Vergütungs- und Nachhaltigkeitsausschuss), zur Sicherstellung der persönlichen und fachlichen Qualitätsanforderungen an Aufsichtsorgan- bzw. Prüfungsausschussmitglieder nach § 100 Abs. 5 AktG i. V. m. § 107 Abs. 4 AktG, der Erfüllung der in § 107 Abs. 3 Satz 2 AktG genannten Aufgaben eines Prüfungsschusses sowie zu den getroffenen Regelungen zur Realisierung der Informationsversorgung des Aufsichts- durch das Leitungsorgan im Kontext von § 90 AktG.
Ferner verlangen § 289f Abs. 2 Nrn. 4, 5 HGB von börsennotierten (Aktien-)Gesellschaften Angaben und Begründungen zu den festgelegten Zielgrößen und –fristen für den Frauenanteil im Vorstand und Aufsichtsrat sowie den beiden darunter liegenden Führungsebenen bzw. zur fixen Geschlechterquote von 30 % bei der Besetzung des Aufsichtsrats. Schließlich haben Aktiengesellschaften, die große Kapitalgesellschaften i. S. d. § 267 Abs. 3 HGB sind, das Diversitätskonzept für das Leitungs- und Aufsichtsorgan im Hinblick auf Alter, Geschlecht, Bildungs- und Berufshintergrund zu beschreiben, wobei auf seine Ziele, die Art und Weise seiner Umsetzung und der im Geschäftsergebnis erreichten Ergebnisse einzugehen ist.
Rz. 158
Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass der deutsche Gesetzgeber verbindliche Regelungen erlassen hat, die sich auf die Berichterstattung zur Nachhaltigkeit beziehen. So werden große kapitalmarktorientierte Unternehmen mit mehr als 500 Arbeitnehmern nach § 289b Abs. 1 HGB verpflichtet, eine nichtfinanzielle Erklärung abzugeben, die sich auf Nachhaltigkeitsbelange bezieht (z. B. Angaben zu Umwelt-, Arbeitnehmer- und Sozialbelangen sowie zur Achtung von Menschenrechten und zur Korruptionsbekämpfung). Die nichtfinanzielle Erklärung kann in den Lagebericht aufgenommen oder gesondert außerhalb des Lageberichts erstellt werden.
Rz. 159
Die Pflicht zur Prüfung des Lageberichts ergibt sich aus § 316 Abs. 1 Satz 1 HGB. Nach dieser Vorschrift haben alle Kapitalgesellschaften, die nicht kleine i. S. d. § 267 Abs. 1 HGB sind, und Unternehmen, die diesen gesetzlich gleichgestellt sind, den Lagebericht durch einen Abschlussprüfer prüfen zu lassen. Das Gesetz beschränkt zunächst die Prüfung darauf, ob der Lagebericht mit dem Jahresabschluss sowie mit den bei der Prüfung gewonnenen Erkenntnissen des Abschlussprüfers in Einklang steht (sog. Einklangprüfung) und ob der Lagebericht insgesamt ein zutreffendes Bild von der Lage des Unternehmens vermittelt. Ferner ist zu prüfen, ob die Risiken und Chancen der künftigen Entwicklung im Lagebericht zutreffend dargestellt sind und die gesetzlichen Vorschriften zur Aufstellung des Lageberichts beachtet werden.
Wirtschaftsbericht (§ 289 Abs. 1 Sätze 1–3 und Abs. 3 HGB) |
- Darstellung und Analyse des Geschäftsverlaufs
- Darstellung des Geschäftsergebnisses
- Darstellung und Analyse der Lage
- Berücksichtigung bedeutsamer finanzieller Leistungsindikatoren (z. B. Produkte und Märkte)
- Berücksichtigung bedeutsamer nichtfinanzieller Leistungsindikatoren (z. B. immaterielle Werte, Umwelt- und Arbeitnehmerbelange)*
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Prognose-... |