Leitsatz
1. Die Vergütung, die eine Produktionsgesellschaft für die Organisation einer künstlerischen Darbietung als Gesamtarrangement erhält, unterfällt nicht notwendig in ihrer Gesamtheit dem Art. 17 Abs. 2 DBA-Österreich 2000, sondern ist ggf. aufzuteilen in Vergütungsbestandteile, die eine persönlich ausgeübte Künstlertätigkeit i.S. des Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Österreich 2000 entgelten und in solche Vergütungsbestandteile, die anderen Abkommensartikeln zuzuordnen sind (sog. segmentierende Betrachtungsweise).
2. Der die Anwendung von Art. 17 Abs. 1 und 2 DBA-Österreich 2000 ausschließende Tatbestand des Art. 17 Abs. 3 DBA-Österreich 2000 ist nicht erfüllt, wenn der Aufenthalt des Künstlers oder Sportlers im Tätigkeitsstaat aus Mitteln einer nur im Tätigkeitsstaat ansässigen und dort als gemeinnützig anerkannten Einrichtung unterstützt wird.
Normenkette
Art. 17 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 DBA-Österreich 2000, § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d, § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1, § 50d Abs. 2 Sätze 1, 4 und 5 EStG
Sachverhalt
Die Klägerin, eine GmbH mit Sitz/Geschäftsleitung in Österreich und ohne Betriebsstätte in Deutschland, veranstaltet, produziert und organisiert (Konzert-)Tourneen und Gastspiele. Sie erhielt für Aufführungen unter Einsatz von Künstlern Vergütungen von inländischen Veranstaltern. Beim BZSt beantragte sie für Vergütungen, die ihr in Deutschland zugeflossen waren bzw. noch zufließen würden, die Freistellung vom Steuerabzug nach § 50d Abs. 2 Satz 1 EStG i.V.m. Art. 17 Abs. 3 DBA-Österreich 2000 (Sonderregelung zur Förderung des Kulturaustauschs). Dabei hatten 16 dieser Veranstaltungen zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits stattgefunden; bei 13 dieser 16 Veranstaltungen war außerdem die Vergütung schon vor der Antragstellung an die Klägerin gezahlt worden. Im Laufe der Antragsverfahren wurden durch verschiedene Veranstalter Abzugsteuern nach § 50a EStG angemeldet oder seitens der zuständigen FÄ Haftungsbescheide erlassen; zum Teil war die Steuer durch die FÄ auf 0 EUR festgesetzt worden, zu einem weiteren Teil hat die Klägerin Erstattungen erhalten.
Das BZSt lehnte die Anträge ab, weil die Klägerin die nach Art. 17 Abs. 3 DBA-Österreich 2000 erforderlichen Unterlagen nicht vorgelegt habe. Mit der dagegen erhobenen Klage hat die Klägerin auch geltend gemacht, die vereinbarten Vergütungen für die Organisation der Veranstaltungen seien nicht einheitlich als solche aus der Verwertung einer künstlerischen Tätigkeit i.S.v. Art. 17 DBA-Österreich 2000 anzusehen, sondern müssten (ggf. im Wege der Schätzung) in Einkünfte aus der Verwertung einer künstlerischen Tätigkeit einerseits und Einkünfte aus organisatorischer Tätigkeit (Produktion, Technik, Transport) andererseits aufgeteilt werden. Bei den letztgenannten Einkunftsteilen handele es sich abkommensrechtlich um Unternehmensgewinne i.S.v. Art. 7 DBA-Österreich 2000, die von der Besteuerung in Deutschland freigestellt seien (keine inländische Betriebsstätte).
Die Klage blieb ohne Erfolg. Das FG (FG Köln, Urteil vom 10.6.2015, 2 K 2305/10, Haufe-Index 8614167, EFG 2015, 2080) hat sie als teilweise unzulässig (fehlendes Rechtsschutzbedürfnis) und im Übrigen als unbegründet abgewiesen. Unzulässig sei die Klage in Bezug auf solche Anträge, die erst nach Zufluss der jeweiligen Vergütung gestellt worden waren, bezüglich derer die örtlich zuständigen FÄ die Steuer bereits auf 0 EUR festgesetzt hatten und hinsichtlich derer die Klägerin bereits Erstattungen von den FÄ erhalten hatte.
Entscheidung
Der BFH hat die Revision der Klägerin teilweise zurückgewiesen und er hat unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage an das FG zurückverwiesen (nachzuholende Sachaufklärung zur Zulässigkeit weiterer Teile der Klage und zu einer entsprechend dem Revisionsbegehren zu entscheidenden Sachfrage).
Hinweis
1. Gegenstand des Rechtsstreits über einen Freistellungsantrag (Abzugsteuern, § 50a EStG) ist ein abkommensrechtliches Problem: Die Künstlerbesteuerung bei sog. Gesamtproduktionen.
Dabei befürwortet der BFH entgegen der bisher bekannten Praxis der Finanzverwaltung eine Aufteilung der Gesamtvergütung in solche Bestandteile, die eine persönlich ausgeübte Künstlertätigkeit entgelten, und in solche, die anderen Abkommensartikeln zuzuordnen sind ("segmentierende Betrachtung" – gegen die "Geprägeprüfung"). Im Übrigen sieht er allerdings den die Anwendung von Art. 17 Abs. 1 und Abs. 2 DBA-Österreich 2000 ausschließenden (im Streitfall: die Klägerin begünstigenden) Tatbestand des Art. 17 Abs. 3 DBA-Österreich 2000 als nicht erfüllt an, wenn der Aufenthalt des Künstlers oder Sportlers im Tätigkeitsstaat aus Mitteln einer nur im Tätigkeitsstaat ansässigen und dort als gemeinnützig anerkannten Einrichtung unterstützt wird.
2. Unzulässigkeit der Klage (Rechtsschutzbedürfnis). Der BFH bestätigt zunächst das "Verdikt" der Unzulässigkeit der Klage in dem vom FG geurteilten Umfang. Die von der Klägerin begehrte Freistellungsbescheinigung (hier: wegen abkommensrechtlicher Freiste...