Entscheidungsstichwort (Thema)
Begrenzung des Beschwerdeweges auf den Rechtszug der Hauptsache
Leitsatz (NV)
Auch nach der Änderung des § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO (mit Wirkung vom 1. April 1991) bleibt eine Beschwerde gegen die Versagung von PKH unzulässig, wenn die Hauptsache nicht mehr an den BFH gelangen kann.
Normenkette
FGO § 142; ZPO § 127 Abs. 2, § 567 Abs. 3
Verfahrensgang
Tatbestand
Mit jeweils am 26. November 1990 beim Antragsgegner (Finanzamt - FA -) und beim Finanzgericht (FG) eingegangenen Schreiben beantragte der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) die Aussetzung der Vollziehung (AdV) des Einkommensteuerbescheides 1987. Nachdem das FA mit Bescheid vom 17. Januar 1991 antragsgemäß die Vollziehung des Einkommensteuerbescheides in vollem Umfang ausgesetzt hatte, erklärte der Antragsteller mit Schriftsatz vom 4. November 1991 die Hauptsache für erledigt. Gleichzeitig beantragte er, ihm Prozeßkostenhilfe (PKH) für das AdV-Verfahren zu gewähren. Mit Schreiben vom 6. November 1991 hat das FA ebenfalls die Erledigung der Hauptsache erklärt.
Mit Beschluß vom 28. November 1991 hat das FG den Antrag auf Gewährung von PKH abgelehnt. Der Antrag sei zwar zulässig, weil im Zeitpunkt des Eingangs des PKH-Antrags das Hauptverfahren wegen der noch ausstehenden Erledigungserklärung des FA noch nicht beendet gewesen sei. Der Antrag sei jedoch als unbegründet abzulehnen, da in der Sache selbst keine Erfolgsaussichten bestünden.
Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner vom 24. Dezember 1991 datierten Beschwerde, die beim FG nach Ablauf der Beschwerdefrist (27. Dezember 1991) am 30. Dezember 1991 eingegangen ist. Wegen der Fristversäumnis beantragt er, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, da er auf einen rechtzeitigen Zugang am 27. Dezember 1990 beim FG München vertrauen dürfe, wenn die Sendung während der Schalterstunden am Postamt . . . (gemeint wohl am 24. Dezember 1990) abgegeben worden sei.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unzulässig.
Es kann dahinstehen, ob der Antragsteller diejenigen Tatsachen, die eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begründen, ausreichend vorgetragen hat. Denn die Beschwerde ist bereits deshalb unzulässig, weil wegen der übereinstimmenden Erledigungserklärung das Verfahren beim FG bis auf den Kostenbeschluß beendet ist und der Rechtsweg in einem Nebenverfahren (PKH-Beschwerde) nicht weiter als in der Hauptsache (erledigtes AdV-Verfahren) reichen kann.
a) § 142 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i. V. m. § 114 Abs. 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung (ZPO), wonach gegen eine ablehnende Entscheidung über PKH die Beschwerde stattfand, ,,es sei denn, daß das Berufungsgericht die Entscheidung getroffen hat", wurde nach bisheriger ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH - (vgl. Beschluß vom 18. Januar 1991 VI B 134/89, BFH/NV 1991, 475 m. w. N.) der allgemeine Rechtsgrundsatz der Begrenzung des Beschwerdeweges auf den Rechtszug der Hauptsache entnommen. Die auf unrichtige Beurteilung der Erfolgsaussichten gestützte PKH-Beschwerde war demnach unzulässig, soweit die Hauptsache nicht an den BFH gelangen konnte.
b) An dieser Rechtslage hat sich auch nach der Neufassung des § 127 Abs. 2 ZPO durch das Rechtspflege-Vereinfachungsgesetz vom 17. Dezember 1990 (BGBl I 1990, 2847) nichts geändert. Zwar ist der zweite Halbsatz des § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO gemäß Art. 11 Abs. 5 des Rechtspflege-Vereinfachungsgesetzes mit Wirkung ab dem 1. April 1991 entfallen. Die Änderung dieser Vorschrift erfolgte jedoch ausweislich der Gesetzesbegründung (BTDrucks. 11/3621 S. 35 und 26) im Hinblick auf die Neufassung des § 567 Abs. 3 ZPO, wonach eine Beschwerde gegen Entscheidungen der Landgerichte im Berufungsverfahren und im Beschwerdeverfahren unzulässig ist. Dieser Vorschrift liegt ebenso wie der früheren Fassung des § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO der Gedanke zugrunde, daß der Rechtsschutz in einem Nebenverfahren in aller Regel nicht über den Rechtsweg des Hauptverfahrens hinausführen soll. Nach der Gesetzesbegründung (BTDrucks. 11/3621 S. 26) sollte hierdurch die Entlastung der Rechtsmittelgerichte und Beschleunigung der Verfahren erreicht und zudem vermieden werden, daß es im abgeschlossenen Haupt- und mehrstufigen Nebenverfahren zu widersprechenden Entscheidungen von Instanz- und Rechtsmittelgericht kommen kann. Daher bleibt eine PKH-Beschwerde zum BFH auch nach der Neufassung der ZPO unzulässig, wenn die Hauptsache nicht mehr an den BFH gelangen kann (zur neuen Rechtslage ebenso Zöller / Schneider, Zivilprozeßordnung, 17. Aufl., § 127 Rdnr. 21 und § 567 Rdnr. 29 sowie Baumbach / Lauterbach / Albers / Hartmann, Zivilprozeßordnung, 50. Aufl., § 127 H 1).
2. Nach diesen Grundsätzen ist im Streitfall die Beschwerde zum BFH ausgeschlossen. Aufgrund der übereinstimmenden Erledigungserklärungen im AdV-Verfahren ist das Hauptverfahren unwiderruflich erledigt, so daß das FG lediglich noch die Kostenentscheidung zu treffen hat. Diese ist jedoch nach Art. 1 Nr. 4 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs unanfechtbar, so daß die Hauptsache nicht mehr an den BFH gelangen kann (vgl. BFH-Beschlüsse vom 5. September 1989 VII B 71/89, BFH/NV 1990, 390; vom 7. Oktober 1991 XI B 37, 40-43/91, BFH/NV 1992, 192). Die Beschwerde war daher als unzulässig zu verwerfen.
3. Wegen der dem angefochtenen Beschluß beigefügten unzutreffenden Rechtsmittelbelehrung wird von der Erhebung von Kosten für das Beschwerdeverfahren abgesehen (§ 8 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes).
Fundstellen
Haufe-Index 418630 |
BFH/NV 1992, 835 |