Entscheidungsstichwort (Thema)
Schlüssige Rüge einer Verletzung des rechtlichen Gehörs; Rügeverzicht bei Verstoß gegen Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung
Leitsatz (NV)
- Ein finanzgerichtliches Urteil verletzt nicht den Anspruch auf rechtliches Gehör, wenn es sich nicht mit einer Rechtsansicht des Klägers auseinander setzt, die von rechtlichen Voraussetzungen abhängt, von deren Vorliegen das Finanzgericht nicht ausgegangen ist.
- War der Kläger im finanzgerichtlichen Verfahren sachkundig vertreten, erfordert die schlüssige Rüge, das Finanzgericht habe gegen seine Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts verstoßen, die Darlegung, warum der Kläger nicht von sich aus die Erhebung weiterer Beweise oder die Vornahme bestimmter zusätzlicher Ermittlungen spätestens in der letzten mündlichen Verhandlung beantragt hat.
Normenkette
FGO § 76 Abs. 1, § 96 Abs. 2; GG Art. 103 Abs. 1
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat einen Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―) nicht in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Weise gerügt.
1. Ein finanzgerichtliches Urteil verletzt nicht den Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 96 Abs. 2 FGO, Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes), wenn es sich nicht mit einer Rechtsansicht des Klägers auseinandersetzt, die von rechtlichen Voraussetzungen abhängig ist, von deren Vorliegen das Finanzgericht (FG) nicht ausgegangen ist.
Im Streitfall hat der Kläger zwar im vorletzten Absatz der Klageschrift darauf hingewiesen, dass nach der vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt ―FA―) vertretenen Auffassung die übertragenen Miet- und Gestattungsverträge wertlos gewesen seien; bei dieser Betrachtung sei eine verdeckte Gewinnausschüttung aber bereits in der Gewährung des Darlehens durch die GmbH, das mit den späteren Zahlungen aufgrund der übertragenen Verträge habe getilgt werden sollen, und nicht erst in der Gutschrift im Streitjahr 1992 zu sehen.
Das FG hatte aber keinen Anlass, sich mit dieser Rechtsauffassung des Klägers auseinanderzusetzen. Denn es ist nicht von der Wertlosigkeit der übertragenen Verträge ausgegangen, sondern hat die Klageabweisung damit begründet, dass der Kläger die Voraussetzungen, unter denen er aufgrund der Vereinbarung vom 30. November 1987 eine Zahlung hätte beanspruchen können, nicht nachgewiesen habe.
2. Der Kläger hat auch die Rüge, das FG habe gegen seine Verpflichtung zur Aufklärung des Sachverhalts (§ 76 Abs. 1 FGO) verstoßen, nicht schlüssig erhoben. Bei dieser Rüge muss auch dargelegt werden, warum der sachkundig vertretene Kläger nicht von sich aus die Erhebung weiterer Beweise oder die Vornahme bestimmter zusätzlicher Ermittlungen spätestens in der letzten mündlichen Verhandlung beantragt hat (Verzicht auf das Rügerecht gemäß § 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozeßordnung; vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 28. Juli 1993 V B 25/93, BFH/NV 1995, 307; vom 24. Juni 1996 VIII B 127/95, BFH/NV 1996, 842).
Im Streitfall hat der Kläger ausweislich des Protokolls über die mündliche Verhandlung keinen Beweisantrag zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts gestellt und auch nicht die Vornahme bestimmter Ermittlungen beantragt. Er hat damit auf das Rügerecht verzichtet. Er trägt in der Beschwerdeschrift selbst vor, der Vorsitzende habe ihn darauf hingewiesen, dass er, der Kläger, die Erfüllung der vertraglichen Voraussetzungen für die Gutschrift nachzuweisen habe. Insbesondere nach diesem ausdrücklichen Hinweis des Gerichts wäre es Sache des Klägers gewesen, konkrete Beweisanträge zu stellen oder Ermittlungen zu beantragen, wenn er ―entgegen seinem bisherigen Verhalten― noch Aufklärungsmöglichkeiten gesehen hätte. Die Auffassung des Klägers, nach Ablehnung des gerichtlichen Vergleichsvorschlags durch das FA habe sein Prozessbevollmächtigter davon ausgehen können, dass das Gericht von sich aus den Sachverhalt auch ohne ausdrückliche Beweisanträge aufklären werde, ist nicht einleuchtend. Denn der Umstand, dass das FA einen Vergleichsvorschlag nicht akzeptiert hat, hat an der Rechtslage, dass der Kläger die objektive Feststellungslast für das Vorliegen der vertraglichen Voraussetzungen trägt, nichts geändert.
Im Übrigen weist das FA in seiner Stellungnahme zur Beschwerdebegründung zutreffend darauf hin, dass die Voraussetzungen für eine Zahlung aufgrund der Vereinbarung vom 30. November 1987 nicht nur von der Höhe der Zahlungen aufgrund der Verträge, sondern von weiteren Voraussetzungen abhing. Solange nicht auch für das Vorliegen der weiteren Voraussetzungen Beweisangebote des Klägers vorlagen, war allein die Höhe der Einnahmen aus den Verträgen nicht entscheidungserheblich. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der Kläger für das Vorliegen dieser weiteren Voraussetzungen Beweise angeboten hat.
3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO abgesehen.
Fundstellen