Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufwendungen eines Malers für eine Italienreise
Leitsatz (NV)
1. Zur Abgrenzung zwischen Liebhaberei und Einkünften aus selbständiger Arbeit.
2. Zu den Voraussetzungen für die Abziehbarkeit von Aufwendungen eines Malers für eine Arbeitsreise nach Italien.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 12 Nr. 1 S. 2, § 18 Abs. 1 Nr. 1
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) übte im Streitjahr 1982 als ordentlicher Professor im Fachbereich Gestaltung an einer Fachhochschule eine Lehrtätigkeit aus. Daneben war er selbständig als Maler tätig. Im Zusammenhang mit dieser selbständigen Tätigkeit sind ihm Aufwendungen entstanden, u.a. für eine von ihm so bezeichnete ,,Arbeitsreise nach Italien" und für Bewirtungen. Aus der Veräußerung von Bildern hat er ca. 400 DM eingenommen. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) erkannte einen Verlust des Klägers aus selbständiger Arbeit nicht an.
Die Klage hatte im wesentlichen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) berücksichtigte die Aufwendungen des Klägers mit Ausnahme der Beträge für die Anschaffung einer Sonnenbrille und einer Reisetasche im Rahmen der Italienreise sowie die Ausgaben für die Bewirtungen. Es führte aus, der durch diese Aufwendungen entstandene Verlust könne zwar wegen der fehlenden Gewinnerzielungsabsicht nicht als Verlust aus freiberuflicher Arbeit nach § 2 Abs. 1 Nr.3, § 18 Abs. 1 Nr.1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) berücksichtigt werden. Da sich jedoch ein enger Zusammenhang dieser Aufwendungen mit dem Lehrberuf des Klägers ergebe, handele es sich dabei um Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit i.S. von § 2 Abs. 1 Nr.4, § 19 Abs. 1 Nr.1 EStG.
Der Verkaufstätigkeit komme dagegen ein selbständiges wirtschaftliches Gewicht zu. Die dadurch erzielten Einnahmen seien als Einkünfte aus selbständiger Arbeit anzusetzen.
Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung von § 9 und § 12 EStG.
Die Zuordnung der Aufwendungen des Klägers zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit sei unzutreffend und die Abtrennung und gesonderte steuerliche Behandlung der Einnahmen aus dem Bilderverkauf willkürlich. Die Aufwendungen für die Italienreise seien erkennbar privat mitveranlaßt worden.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben, soweit durch das FG eine Einkommensminderung von mehr als . . . DM anerkannt worden ist.
Die Kläger beantragen, die Revision als unbegründet zurückzuweisen. Die künstlerische Tätigkeit des Klägers stelle keine Liebhaberei dar. Dies zeige sich aus den Verkäufen des Klägers in den Folgejahren. Die Aufwendungen des Klägers im Streitjahr stünden nicht mit der privaten Lebensführung im Zusammenhang. Sie seien vielmehr notwendige Bestandteile des künstlerischen Berufes. Das gelte auch für die Italienreise, die lediglich dazu gedient habe, Material zu sammeln und Bilder zu schaffen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr.2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
1. Aufwendungen, die mit mehreren Einkunftsarten im Zusammenhang stehen, sind, wenn sie nicht aufteilbar sind, bei der Einkunftsart zu berücksichtigen, mit der sie nach Grund und Wesen die engere Beziehung haben (vgl. die Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 21. April 1961 VI 158/59 U, BFHE 73, 449, BStBl III 1961, 431, und vom 3. Dezember 1982 VI R 228/80, BFHE 137, 564, BStBl II 1983, 467, 470). Nach den Feststellungen des FG sind die streitbefangenen Aufwendungen des Klägers im Zusammenhang mit der selbständigen Ausübung seiner künstlerischen Tätigkeit entstanden. Sie sind daher ihrer Art nach der Einkunftsart ,,selbständige Arbeit" i.S. des § 2 Abs. 1 Nr.3, § 18 Abs. 1 Nr.1 EStG zuzuordnen.
2. Die Vorinstanz hat jedenfalls für das Streitjahr zu Unrecht die Gewinnerzielungsabsicht des Klägers und damit Einkünfte aus selbständiger Arbeit verneint. Davon geht nunmehr auch das FA aus.
Der Kläger hat bis zum Jahr 1978 vielfach Ausstellungen beschickt. Nach einer dreijährigen Unterbrechung hat er im Streitjahr wiederum mit Ausstellungen begonnen. Diese dienten, wie die spätere Entwicklung bestätigte, als Vorstufe für weitere Ausstellungen in den Folgejahren auch bei kommerziellen Instituten. Gegen die Annahme einer Gewinnerzielungsabsicht des Klägers bereits im Streitjahr spricht nicht die Tatsache, daß er in diesem und in den folgenden Jahren noch Verluste erzielte. Denn die Beschickung weiterer Ausstellungen macht anfänglichen Einführungsaufwand erforderlich. Da nach der Rechtsprechung des BFH eine prospektive Beurteilung und Betrachtung des Totalgewinns Vorrang hat (BFH-Beschluß vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, 767), kann der Annahme der Gewinnerzielungsabsicht des Klägers auch nicht entgegenstehen, daß er während eines mehr als zehnjährigen Zeitraums vor dem Streitjahr aus seiner künstlerischen Tätigkeit Verlust erzielt hatte.
3. Bei der Ermittlung der Einkünfte des Klägers aus selbständiger Arbeit im Streitjahr sind seine Einnahmen aus Bilderverkäufen anzusetzen, andererseits sind die mit dieser Einkunftsart im Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben abzuziehen. Dabei besteht nach § 12 Nr.1 Satz 2 EStG allerdings ein Abzugverbot für solche Aufwendungen, die der Lebensführung des Steuerpflichtigen dienen, auch wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen. Nach ständiger Rechtsprechung liegen abziehbare Aufwendungen nur vor, wenn sie ausschießlich oder zumindest weitaus überwiegend im beruflichen Interesse getätigt werden, wenn also die Verfolgung privater Interessen nahezu ausgeschlossen ist (BFH-Beschlüsse vom 19. Oktober 1970 GrS 2/70, BFHE 100, 309, BStBl II 1971, 17; vom 27. November 1978 GrS 8/77, BFHE 126, 533, BStBl II 1979, 213; BFH-Urteil vom 14. Juli 1988 IV R 57/87, BFHE 154, 312, BStBl II 1989, 19).
Danach sind, wie das FG zutreffend entschieden hat, die Aufwendungen des Klägers für die Bewirtungen und für die Sonnenbrille und die Reisetasche im Rahmen seiner Italienreise nicht abziehbar. Für die Beurteilung der Frage, ob die übrigen Kosten der Italienreise zu berücksichtigen sind, reichen die Feststellungen der Vorentscheidung dagegen nicht aus. Es entspricht allgemeiner Erfahrung, daß bei einer Reise in ein bekanntes Urlaubsland auch zu Studienzwecken oder zur Ausübung der Kunst die Verfolgung privater Interessen regelmäßig nicht nahezu ausgeschlossen ist. Entgegen diesem Erfahrungssatz hätte sich das FG nicht auf die Feststellung beschränken dürfen, daß der Kläger glaubhaft gemacht habe, die Reise ausschließlich oder doch weitaus überwiegend zur Vorbereitung und Ausübung seiner künstlerischen Tätigkeit unternommen zu haben. Es wären vielmehr eingehendere Feststellungen zum Anlaß der Reise, den äußeren Umständen des Aufenthalts, den Aktivitäten des Klägers und den damit verfolgten Zielen (Ausstellungen u.ä.) erforderlich gewesen. Das FG wird diese Feststellungen nachzuholen und danach erneut zu beurteilen haben, ob die Reise des Klägers weitaus überwiegend im Interesse der selbständigen Arbeit des Klägers erfolgte. Wenn der Kläger, der nach seinen Bekundungen in der mündlichen Verhandlung während dieses Aufenthalts in einfachen Verhältnissen gelebt und übernachtet hat, andererseits - wie den Steuerakten entnommen werden kann - für Verpflegungs- und Übernachtungsaufwendungen Pauschbeträge angesetzt hat, wird das FG zudem zu prüfen haben, ob deren Anwendung im Streitfall zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führen würde (BFH-Urteile vom 11.Mai 1990 VI R 140/86, BFHE 160, 546, BStBl II 1990, 777, und vom 18. Mai 1990 VI R 67/88, BFHE 161, 61, BStBl II 1990, 909).
Das FG wird danach die Einkommensteuer der Kläger erneut festzusetzen haben.
Fundstellen
Haufe-Index 64531 |
BFH/NV 1993, 652 |