Leitsatz (amtlich)
1. Geht der Hauptantrag des Klägers auf Erteilung einer grunderwerbsteuerrechtlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung, so ist der Finanzrechtsweg ohne Rücksicht darauf gegeben, ob das Klagebegehren begründet ist.
2. Der Streitwert eines Rechtsstreits wegen Erteilung einer grunderwerbsteuerrechtlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung für einen von der Besteuerung ausgenommenen Erwerbsvorgang ergibt sich aus dem – möglicherweise auch auf außersteuerlichem Gebiet liegenden – unmittelbaren wirtschaftlichen Interesse des Klägers an der erstrebten Entscheidung.
3. Ist ein Erwerbsvorgang von der Grunderwerbsbesteuerung ausgenommen, also grunderwerbsteuerlich ohnehin unerheblich und somit unbedenklich, so ist zur Erteilung der Unbedenklichkeitsbescheinigung die Prüfung nicht erforderlich, ob (überhaupt) ein bürgerlich-rechtlich wirksamer Erwerbsvorgang vorliegt.
4. Die für die Grundbucheintragung maßgebende Entscheidung, ob eine notarielle Urkunde über eine Grundstücksveräußerung bürgerlich-rechtlich nichtig ist, ist dem Grundbuchamt und den ordentlichen Gerichten vorbehalten.
Normenkette
GrEStG 1940 § 3 Nr. 3; GrEStG Rheinland-Pfalz 1970 (GVBl S. 166) § 4 Nr. 3; GrEStG Rheinland-Pfalz 1970 (GVBl S. 166) § 41; GrEStDV 1940 § 9; GrEStDV Rheinland-Pfalz 1964 (GVBl S. 175) § 10; FGO §§ 33, 63 Abs. 1, § 140 Abs. 3
Tatbestand
I.
In dem zur Aufhebung einer Erbengemeinschaft eingeleiteten Zwangsversteigerungsverfahren war das Hausgrundstück, für dessen Erwerb der Kläger die Unbedenklichkeitsbescheinigung verlangt, im Februar 1957 dem Kläger und zwei anderen Miterben zu gleichen Anteilen zugeschlagen, der Zuschlagsbeschluß aber im Mai 1957 aufgehoben worden. In einer Verhandlung im Notariat im Juni 1957 wurden die Miterben sich einig, daß das Grundstück auf den Kläger als Alleineigentümer übertragen werden solle. Dies nahm der als Hilfskraft des amtierenden Notars tätige Notar i. R. X zunächst im Stenogramm auf. Die schriftliche Festlegung und Beurkundung wurden vertagt.
In der notariellen Urkunde vom Oktober 1957 ist beurkundet, die Erben hätten sich dahin geeinigt, daß zwecks Aufhebung der Erbengemeinschaft hiermit das Hausanwesen dem Kläger und zwei weiteren Miterben als Miteigentümern zu je einem Dritte! übertragen wurde. Diesen Vorgang hat das Finanzamt – FA – (Beklagter) nach § 3 Nr. 3 GrEStG 1940 von der Grunderwerbsteuer unter Erteilung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung freigestellt. Das Zwangsversteigerungsverfahren wurde Ende 1957 aufgehoben, die Eintragung der Eigentumsänderung Anfang 1958 im Grundbuch vollzogen.
Seit dem Jahre 1967 bemühte sich der Kläger bei den ordentlichen Gerichten erfolglos, als Alleineigentümer im Grundbuch eingetragen zu werden.
Im März 1970 beantragte der Kläger erneut beim Grundbuchamt, die Eintragung der Miteigentümer zu ⅓ zu löschen und dafür ihn als Alleineigentümer einzutragen. Er sei durch die Einigung im Juni 1957 Alleineigentümer geworden. Der Vertrag vom Oktober 1957 sei wegen Nötigung, Vorspiegelung falscher Tatsachen und Androhung erneuter Zwangsversteigerung nichtig.
Im Mai 1970 beantragte der Kläger beim Beklagten, ihm zum Antrag vom März 1970 an das Grundbuchamt eine Unbedenklichkeitsbescheinigung zu erteilen, da die Eintragung als Miteigentümer auf einem Irrtum beruhe. Ein Auflassungsprotokoll könne er nicht vorlegen, weil das Notariat es im Juni 1957 versäumt habe, ein Protokoll zu errichten. Der Beklagte hat den Antrag abgelehnt; die Oberfinanzdirektion (OFD) hat die Beschwerde des Klägers zurückgewiesen.
Mit der Klage vom Juni gegen die Beschwerdeentscheidung beantragte der Kläger, den Beklagten zu verurteilen, ihm zu seinem Grundbuchantrag vom März 1970 eine Unbedenklichkeitsbescheinigung auszuhändigen bzw. mitzuteilen, ob der Kläger bei Übernahme des Grundstücks laut Urkunde, vom Oktober 1957 eine Grunderwerbsteuer zu zahlen habe oder nicht. Im Juli 1970 beantragte der Kläger außerdem, das Finanzgericht (FG) solle feststellen, daß die Urkunde vom Oktober 1957 teilnichtig sei, und daß der Beklagte dem Grundbuchamt gegenüber seine für drei Käufer erteilte Unbedenklichkeitsbescheinigung für nichtig erklärt und dem Löschungsantrag des Klägers beitrete, weil die Grundbucheintragung auf drei Miterben als nichtig zu betrachten sei.
Der Beklagte hat dem Kläger Ende August 1970 eine Unbedenklichkeitsbescheinigung des Inhalts erteilt, daß keine steuerlichen Bedenken gegen dessen Eintragung als Alleineigentümer des Kaufanwesens bestünden, wenn der Kläger sein Eigentumsrecht auf Grund einer Vereinbarung der Miterben zur Teilung des Nachlasses seiner verstorbenen Eltern herleiten könne (§ 3 Nr. 3 GrEStG a. F., § 4 GrEStG n. F.).
Das FG wies die Klage ab.
Der Kläger rügt mit der Revision Verfahrensmängel und fehlerhafte Rechtsanwendung. Er beantragt, den Beklagten zu verpflichten, ihm unter Aufhebung der Vorentscheidung eine Unbedenklichkeitsbescheinigung zu dem Erwerbsvorgang im Juni 1957 – ohne den einschränkenden Nachsatz der Unbedenklichkeitsbescheinigung von Ende 1970 – zu erteilen, die zur Urkunde vom Oktober 1957 erteilte Unbedenklichkeitsbescheinigung für nichtig zu erklären oder dem Löschungsantrag des Klägers beizutreten und ihn als Erwerber des Hausgrundstücks anzuerkennen und künftig nur ihn bezüglich dieses Grundstücks zu den Steuern zu veranlagen.
Der Beklagte hält die Revision wegen Nichterreichens der Streitwertgrenzen für unzulässig, jedenfalls aber für unbegründet.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist zulässig, aber nicht begründet.
1. Die Streitwertgrenze von 1 000 DM für die Zulässigkeit der Revision (§ 115 Abs. 1 FGO) ist überschritten.
Der unter Berücksichtigung der Sachanträge vom Revisionsgericht nach freiem Ermessen zu bestimmende Streitwert (§ 140 Abs. 3, § 155 FGO, § 3 ZPO) ergibt sich aus dem unmittelbaren wirtschaftlichen Interesse des Klägers an der erstrebten Entscheidung. Mittelbare – steuerliche oder außersteuerliche – Auswirkungen bleiben grundsätzlich außer Betracht (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs – BFH – VII B 29/66 vom 6. Februar 1967, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 87 S. 410 – BFH 87, 410 –, BStBl III 1967, 121; BFH-Urteil IV R 60/67 vom 28. September 1967, BFH 90, 227, BStBl II 1968, 62). Eine Ausnahme muß zwangsläufig dann gelten, wenn der Prozeßzweck letztlich (auch) auf außersteuerlichem Gebiet liegt. Hier muß – insoweit ohne Rücksicht darauf, ob der eingeschlagene Rechtsweg an sich zulässig ist oder nicht (vgl. BFH-Urteil II 188/63 U vom 26. Mai 1965, BFH 82, 675, BStBl III 1965, 490) – das vom Kläger verfolgte Interesse den Ausschlag geben (vgl. BFH-Urteil 149/64 vom 11. Januar 1967, BFH 87, 431, 434, BStBl III 1967, 215; BFH-Urteil III 264/63 vom 19. Mai 1967, BFH 89, 149, 151, BStBl III 1967, 549). Dieses vermögensrechtliche Interesse des Klägers besteht hier darin, daß er nicht nur als Miteigentümer zu einem Drittel, sondern als Alleineigentümer des Grundstücks eingetragen werde. Der Übernahmepreis für das Grundstück beträgt nach der vom FG festgestellten Urkunde vom Oktober 1957 rd. 27 000 DM, der ⅓-Anteil des Klägers also rd. 9 000 DM, der dazu erstrebte Anteil rd. 18 000 DM. Im Streitfall handelt es sich aber nicht um die Geltendmachung eines unmittelbaren zivilrechtlichen Leistungsanspruchs, sondern um das vom Kläger mit seinen Anträgen gekennzeichnete Klagebegehren gegenüber dem Beklagten. Diese verschiedenen Anträge (insbesondere auf Feststellung der Nichtigkeit der Urkunde vom Oktober 1957 und auf Erteilung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung zur Einigung vom Juni 1957) sind eng ineinander verknüpft (überlagert). Unter Berücksichtigung aller Besonderheiten dieses Falles schätzt der Senat den für das einheitliche Revisionsverfahrens zu bildenden Gesamtstreitwert auf 2 000 DM.
Da der Wert des Streitgegenstandes 1 000 DM übersteigt, ist die Revision ohne besondere Zulassung statthaft (§ 115 Abs. 1 FGO).
2. Der Finanzrechtsweg ist gegeben.
Nach der – hier allein einschlägigen – Nr. 1 des § 33 Abs. 1 FGO ist der Finanzrechtweg zum FG (§ 35 FGO) und mit dem Rechtsmittel an den BFH (§ 37 FGO) gegeben in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über Abgabenangelegenheiten, d. h. über alle mit der Verwaltung der Abgaben oder sonst mit der Anwendung der abgabenrechtlichen Vorschriften durch die Finanzbehörden zusammenhängenden Angelegenheiten (§ 33 Abs. 2 FGO).
Der für die Zulässigkeit der Klage allein maßgebliche Hauptantrag des Klägers in der Klageschrift ist auf die Erteilung einer grunderwerbsteuerrechtlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung zu dem von ihm behaupteten Erwerbsvorgang vom Juni 1957 gerichtet, also auf ein seiner Auffassung nach erforderliches Handeln der Finanzbehörde in ihrer hoheitlichen Eigenschaft. Dabei ist für die Frage der Zulässigkeit der Klage unbeachtlich, ob das Klagebegehren begründet ist oder nicht. Dessen Begründetheit unterstellt, ist die Klage gegen die richtige Behörde gerichtet (§ 63 Abs. 1 FGO). Denn nach § 10 Abs. 2 Buchst. a der Rheinland-pfälzischen GrEStDV 1964 (GVBl S. 175; § 41 Abs. 2 Buchst. a des Rheinland-pfälzischen GrEStG 1970, GVBl S. 166; § 9 Abs. 2 GrEStDV 1940) ist die Unbedenklichkeitsbescheinigung vom FA zu erteilen, wenn eine Steuer nicht festgesetzt wird. Unterstellt man für die Prüfung der Zulässigkeit der Klage, daß es sich bei dem in der Urkunde vom Oktober 1957 beurkundeten Vorgang und bei der vom Kläger behaupteten Einigung vom Juni 1957 um Erwerbsvorgänge (vgl. § 1 Überschrift und Abs. 1 Einleitungssatz GrEStG 1940; § 1 des Rheinland-pfälzischen GrEStG i. d. F. vom 12. März 1963 – GrEStG 1963 –, GVBl S. 111; § 2 des Rheinland-Pfälzischen GrEStG vom 1. Juni 1970 – GrEStG 1970 –, GVBl S. 166) gehandelt hat, so waren bzw. wären diese Vorgänge als Erwerb eines Nachlaßgrundstücks durch Miterben zur Teilung des Nachlasses gemäß § 3 Nr. 3 GrEStG 1963 (vgl. § 4 Nr. 3 GrEStG 1970; § 3 Nr. 3 GrEStG 1940) von der Besteuerung nach dem GrEStG ausgenommen.
3. Die Revision ist nicht begründet (§ 126 Abs. 2 FGO).
a) Der Beklagte hat es im Ergebnis zu Recht abgelehnt, dem Kläger zu dem Vorgang vom Juni 1957 eine vorbehaltlose Unbedenklichkeitsbescheinigung des vom Kläger gewünschten Inhaltes auszustellen, also ohne die Einschränkung, daß er – wie der Kläger es ausdrückt – erst noch den Erwerbsvorgang nachzuweisen habe.
Das FG hat die Ablehnung des Beklagten deshalb für rechtsmäßig gehalten, weil in den Erklärungen der Beteiligten vom Juni 1957 mangels notarieller Beurkundung ein Erwerbsvorgang (Auseinandersetzungsvertrag) im Sinne des § 1 a Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1963 bzw. § 2 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1970; vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1940) nicht zu erblicken sei und weil eine im Juni 1957 erzielte Einigung – deren Wirksamkeit als Auflassung zunächst unterstellt – spätestens durch die Erklärungen in der Urkunde vom Oktober 1957 wirksam widerrufen worden sei; somit liege auch eine wirksame Auflassung als Erwerbsvorgang (im Sinne des § 1 a Abs. 1 Nr. 3 GrEStG 1963; § 2 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG 1970; vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG 1940) nicht vor. Der Kläger meint – auch nach seinem Vortrag in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat –, daß die Auflassung des Grundstücks an ihn als Alleineigentümer in der Verhandlung vom Juni 1957 wirksam zustande gekommen und geblieben sei, da die notarielle Urkunde vom Oktober 1957 als nichtig behandelt werden müsse. Deshalb habe er Anspruch auf eine vorbehaltlose Unbedenklichkeitsbescheinigung.
Die Frage, ob ein wirksamer Erwerbsvorgang im grunderwerbsteuerrechtlichen Sinne vorliegt, muß im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben. Ein Erwerbsvorgang des vom Kläger behaupteten Inhaltes wäre in jedem Fall – wie dargelegt – von der Besteuerung nach dem GrEStG ausgenommen. Nach § 10 Abs. 2 Buchst. a GrEStDV 1964 (§ 41 Abs. 2 Buchst. a GrEStG 1970) erteilt das FA die Unbedenklichkeitsbescheinigung, wenn eine Grunderwerbsteuer nicht festgesetzt wird. Nach § 10 Abs. 3 Satz 2 GrEStDV 1964 (§ 41 Abs. 3 Satz 2 GrEStG 1970) wird sie dem Erwerber erteilt, wenn keine Grunderwerbsteuer zu entrichten ist (vgl. § 9 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 GrEStDV 1940). Das FA wird demgemäß in den Fällen, in denen eine Grunderwerbsteuer wegen einer grunderwerbsteuerrechtlichen Befreiungsvorschrift nicht zu erheben, ein Erwerbsvorgang also grunderwerbsteuerlich ohnehin unerheblich und somit unbedenklich ist, die Unbedenklichkeitsbescheinigung erteilen, ohne daß es seinerseits die Wirksamkeit eines Erwerbsvorgangs zu prüfen hätte.
Über die Frage, ob der Kläger auf Grund einer bürgerlich-rechtlich wirksamen Auflassung als (Allein-)Eigentümer in das Grundbuch einzutragen ist oder nicht, entscheidet allein das Grundbuchamt. Das Grundbuchamt darf zwar einen Eigentumswechsel erst nach Vorlegung einer grunderwerbsteuerrechtlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung eintragen (§ 10 Abs. 1 GrEStDV 1964, § 41 Abs. 1 GrEStG 1970; vgl. § 9 Abs. 1 GrEStDV 1940). Eine solche Unbedenklichkeitsbescheinigung hat aber der Beklagte mit der Bescheinigung von Ende August 1970 erteilt, so daß die Hindernisse gegen die Grundbucheintragung des Klägers als Alleineigentümer nicht auf steuerrechtlichem, sondern auf bürgerlich-rechtlichem Gebiet liegen, für deren Entscheidung die ordentlichen Gerichte zuständig sind. Der vom Kläger beanstandete Zusatz (wenn der Kläger „sein Eigentumsrecht auf Grund einer Vereinbarung der Miterben zur Erteilung des Nachlasses seiner verstorbenen Eltern… herleiten kann (§ 3 Nr. 3 GrEStG a. F., § 4 GrEStG n. F.)”) enthält keine bürgerlich-rechtlich bedeutsamen Einschränkungen, insbesondere keine Aussage über die Wirksamkeit eines etwaigen Erwerbsvorganges, sondern beschreibt nur die Art des Erwerbsvorganges, der – sofern er zustandekommt – für grunderwerbsteuerlich unbedenklich erklärt wird. Auf Urkunden konnte der Beklagte sich nicht beziehen, weil solche nach dem eigenen Vorbringen des Klägers nicht vorhanden sind. Andererseits war der Beklagte schon deshalb zu dem – insoweit nur grunderwerbsteuerrechtlich bedeutsamen – Zusatz veranlaßt, weil er die grunderwerbsteuerrechtliche Unbedenklichkeit nur unter der Voraussetzung bescheinigen durfte, daß der Kläger grunderwerbsteuerfrei auf Grund geltend gemachter Erbauseinandersetzung – und nicht etwa auf Grund eines Kaufvertrages oder aus einem anderen nicht grunderwerbsteuerbefreiten Erwerbsgrund – in das Grundbuch eingetragen wird. Mehr enthält dieser – aus grunderwerbsteuerrechtlicher Sicht unumgänglich gebotene – Zusatz nicht; mehr kann der Kläger zu den Vorgängen vom Juni 1957 auf steuerrechtlichem und damit auch auf dem finanzgerichtlichen Wege nicht erreichen und nicht fordern.
b) Auch mit dem Begehren, die zur notariellen Urkunde vom Oktober 1957 erteilte Unbedenklichkeitsbescheinigung für nichtig zu erklären, kann der Kläger nicht durchdringen, wie sich bereits aus den Rechtsausführungen zu II a) ergibt.
Eine solche Nichtigkeitserklärung muß schon deshalb scheitern, weil zu dieser Unbedenklichkeitsbescheinigung die einen Grundstücksübergang umfassende notarielle Urkunde vorliegt, die der Beklagte ebenfalls nur hinsichtlich ihrer grunderwerbsteuerrechtlichen Unbedenklichkeit nachzuprüfen hatte, nicht aber darauf, ob der darin beurkundete Vertrag wirksam ist oder nicht. Denn wenn – wie gesagt – wegen einer grunderwerbsteuerrechtlichen Befreiungsvorschrift eine Grunderwerbsteuer nicht anfällt, dann hat das FA die Unbedenklichkeitsbescheinigung zu erteilen, ohne daß die bürgerlichrechtliche Wirksamkeit des Vorganges – hier der Urkunde vom Oktober 1957 – nachzuprüfen wäre. Daraus folgt, daß das FA eine unter solchen Umständen erteilte Unbedenklichkeitsbescheinigung nicht nachträglich zurücknehmen (für nichtig erklären) kann. Das ist im übrigen um so weniger geboten, als auch diese Unbedenklichkeitsbescheinigung lediglich die grunderwerbsteuerliche Unbedenklichkeit bescheinigt, aber keine bürgerlich-rechtlich wirksame oder gar maßgebende Erklärung über die Wirksamkeit des Vorganges enthält, auf den sie sich bezieht.
c) Ferner kann der Kläger mit dem nachträglich – im Juli 1970 – gestellten Antrag auf Feststellung der „Teilnichtigkeit” der Urkunde vom Oktober 1957 durch das FG keinen Erfolg haben. Der Kläger hat damit neben seinem ursprünglichen Klagebegehren (§ 43 FGO), den Beklagten zur Erteilung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung zum Vorgang vom Juni 1957 zu verpflichten (Leistungsklage im Sinne der §§ 40 Abs. 1, 41 Abs. 2 FGO), nachträglich ein davon unabhängiges Feststellungsbegehren (eine Feststellungsklage im Sinne des § 41 Abs. 1 FGO) erhoben. Eine solche nachträgliche sogenannte objektive Klagehäufung ist – wie das FG zutreffend erkannt hat – als Klageänderung zu behandeln (vgl. außer v. Wallis/List bei Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Reichsabgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, 1.–6. Aufl., § 67 FGO Tz. 4 für die inhaltsgleichen §§ 260, 264 Baumbach/Lauterbach, Zivilprozeßordnung, 30. Aufl., § 264 Anm. 2 zu A; Rosenberg/Schwab, Zivilprozeßrecht, 10. Aufl., § 99 I 1 a, § 100 I 2 b). Eine solche Klageänderung wäre nur zulässig gewesen, wenn der Beklagte ausdrücklich oder durch Einlassung auf die Änderung eingewilligt oder das FG die Änderung für sachdienlich gehalten hätte (§ 67 Abs. 1, 2 FGO). Nach den Feststellungen des FG liegt die erste Voraussetzung nicht vor. Die Sachdienlichkeit einer Klageänderung hat das FG – im Ergebnis mit Recht – verneint. Denn wie sich aus den Ausführungen zu II b) bereits ergibt, kommt es auf die Frage der (Teil-)Nichtigkeit des Vorgangs vom Oktober 1957 für die Entscheidung, ob aus grunderwerbsteuerlichen Gründen zu diesem Vorgang eine Unbedenklichkeitsbescheinigung zu erteilen war, nicht an. Vielmehr beschränkt sich in Fällen der vorliegenden Art die Tätigkeit des FA auf die Feststellung, daß ein grunderwerbsteuerbefreiter Erwerbsvorgang grunderwerbsteuerlich unbedenklich ist, während die Feststellung einer etwaigen bürgerlich-rechtlichen Nichtigkeit einer notariellen Urkunde den ordentlichen Gerichten vorbehalten bleiben muß. Das Verlangen des Klägers, den Beklagten zu verpflichten, dem Löschungsantrag des Klägers gegenüber dem Grundbuchamt beizutreten, weil die Grundbucheintragung auf drei Miterben als nichtig zu betrachten sei, ist im übrigen schon deshalb unbegründet, weil das FA kein möglicher Beteiligter gegenüber dem Grundbuchamt sein kann.
d) Auf die in der Revisionsbegründung (§ 120 Abs. 2 Satz 2 FGO) neu gestellten Anträge, den Beklagten zu verurteilen, den Kläger als Erwerber des Hausgrundstücks anzuerkennen und nur ihn zu den Steuern zu veranlagen, darf der Senat in dem Revisionsverfahren, das der Überprüfung von Rechtsverletzungen in einem Urteil eines FG dient (§ 118 Abs. 1 FGO), schon deshalb nicht eingehen, weil (außer Beiladungen auch) Klageänderungen – hier im Weg eines neuen Begehrens – im Revisionsverfahren unzulässig sind (§ 123 FGO). – Der Kläger hat mit seinen Verfahrensrügen vor allem geltend gemacht, das FG habe eine Reihe von – in der Klagebegründung und in der mündlichen Verhandlung bezeichneten – Urkunden nicht gewürdigt, obwohl sich aus ihnen sein Alleineigentum am Grundstück ergebe. Angesichts der dargelegten Sach- und Rechtslage kann es auf diese Verfahrensrügen des Klägers nicht mehr ankommen, da – wie ausgeführt – für die Entscheidung dieses Prozesses die Frage der bürgerlich-rechtlichen Wirksamkeit eines Erwerbsvorganges dahingestellt zu bleiben hatte.
Fundstellen
Haufe-Index 514552 |
BFHE 1972, 277 |