Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer Gewerbesteuer
Leitsatz (amtlich)
Die in die Lohnsteuertabelle eingearbeiteten Freibeträge nach dem Familienstand und Pauschbeträge für Werbungskosten und Sonderausgaben sowie die auf den Lohnsteuerkarten der Arbeitnehmer nach § 41 EStG eingetragenen Freibeträge berechtigen nicht zur Kürzung der steuerpflichtigen Lohnsumme.
Normenkette
EStG §§ 39, 41/1; GewStG § 24 Abs. 2
Tatbestand
Streitig ist, ob die Beschwerdeführerin (Bfin) gemäß § 24 Abs. 2 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) bei der Berechnung der steuerpflichtigen Lohnsumme die folgenden Beträge absetzen darf:
die in die Lohnsteuertabelle eingearbeiteten Freibeträge für Verheiratete und für Kinderermäßigungen,
die Werbungskosten und Sonderausgaben ihrer Arbeitnehmer in Höhe der in der Lohnsteuertabelle berücksichtigten Pauschbeträge,
die darüber hinaus auf der Lohnsteuerkarte eingetragenen Freibeträge.
Die Bfin. hatte für die Zeit vom 1. Januar bis 30. September 1952 eine Lohnsumme von 1.104.566 DM errechnet und für Zwecke der Lohnsummenbesteuerung angemeldet. Davon sind unstreitig steuerfrei 35.406 DM. Die Bfin. begehrte zunächst darüber hinaus den Abzug eines weiteren Betrages von 348.707 DM an Werbungskosten und Sonderausgaben als steuerfrei im Sinne des § 24 Abs. 2 Satz 1 GewStG. Auf Antrag der Stadtgemeinde entschied das Finanzamt im Meßbetragsverfahren gemäß § 27 Abs. 1 Ziff. 2 GewStG gegen die Bfin. und stellte die steuerpflichtige Lohnsumme auf 1.069.160 DM fest. Im Einspruch (Sprungberufung) machte die Bfin. geltend, daß Werbungskosten und Sonderausgaben sowie sonstige Freibeträge nach den ausdrücklichen Vorschriften der §§ 20, 20a und 25 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung (LStDV) von der Lohnsteuer befreit seien. Sie vertrat die Ansicht, daß damit auch die Voraussetzungen des § 24 Abs. 2 Satz 1 GewStG erfüllt seien. Die Werbungskosten und Sonderausgaben stünden in einem unmittelbaren Zusammenhang mit den Lohneinkünften; denn um diese Ausgaben leisten zu können, müsse der Arbeitnehmer erst einmal Lohneinkünfte haben. Damit seien diese Beträge Teil der Vergütungen im Sinne des § 24 Abs. 2 GewStG; aus der Lohnsteuerfreiheit folge auch die Lohnsummensteuerfreiheit. Die Einschränkung der Gewerbesteuer-Richtlinien (GewStR) 1951 Abschnitt 103 Abs. 3 lediglich auf sachliche, nicht aber auch auf persönliche Steuerbefreiungen sei bereits durch das Urteil des Bundesfinanzhofs I 76/51 U vom 15. Januar 1952 (Slg. Bd. 56 S. 160, Bundessteuerblatt - BStBl - 1952 III S. 64) als dem Gesetz widersprechend für unzulässig erklärt worden. Auch die Neufassung des § 24 GewStG, die erst nach dem Ergehen des genannten Urteils und offensichtlich in dessen Kenntnis erfolgt sei, widerspreche der Steuerfreiheit beim Vorliegen persönlicher Steuerbefreiungen nicht. Schließlich finde im Urteil des Bundesfinanzhofs I 109/52 U vom 21. April 1953 (Slg. Bd. 57 S. 676, BStBl 1953 III S. 258) die von ihr vertretene Auffassung eine weitere Stütze.
Die Berufung blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht vertrat im Gegensatz zur Bfin. die Auffassung, daß die im Streitfall lohnsteuerfrei belassenen Beträge nur Berechnungsmodalitäten für Zwecke der Lohnsteuer darstellten. Soweit die Pauschbeträge in Betracht kämen, handle es sich lediglich um eine Tarifbestimmung im Rahmen des § 39 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Die nach § 41 EStG steuerfreien Beträge seien begrifflich nicht Steuerbefreiungen, sondern Beträge, um die sich für die Zwecke der Steuerberechnung der Arbeitslohn mindere, damit eine Steuererleichterung erzielt werde.
Die Rechtsbeschwerde (Rb.) wiederholt im wesentlichen die bisherige Rechtsmittelbegründung. Sie macht in Erweiterung der bisher gestellten Anträge geltend, daß Steuerfreiheit auch für die Freibeträge nach dem Familienstand (Ziff. 2 a und b der Grundtabelle A zu § 39 EStG) gewährt werden müsse. Die Höhe dieser weiteren Beträge, die von der steuerpflichtigen Lohnsumme in Abzug gebracht werden sollen, hat die Bfin. mit 192.050 DM angeben.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist nicht begründet.
Die Bfin. verkennt den Begriff der von der Lohnsummensteuer befreiten Vergütungen in § 24 Abs. 2 Satz 1 GewStG. Arbeitslohn im Sinn des § 19 Abs. 1 EStG und damit des § 24 Abs. 2 Satz 1 GewStG ist der Bruttoarbeitslohn, das sind die steuerbaren Lohneinnahmen. Dieser Arbeitslohn setzt sich in der Regel aus einer Mehrzahl von einzelnen Bestandteilen zusammen, so z. B. aus dem Grundlohn, den Lohnzuschlägen, Zulagen, Zuschüssen, Abfindungen und anderem mehr (vgl. §§ 2, 3 LStDV). Nach der Vorschrift des § 24 Abs. 2 Satz 1 GewStG sollen diejenigen Vergütungen, das heißt Bestandteile des Bruttoarbeitslohns, von der Lohnsummensteuer frei sein, die durch besondere Rechtsvorschriften von der Lohnsteuer befreit sind. Der Vorentscheidung ist beizutreten, wenn sie die Steuerbefreiungen des § 39 EStG in Verbindung mit der Grundtabelle A sowie des § 41 EStG nicht hierzu rechnet, sondern als bloße Steuerberechnungsmodalitäten betrachtet. Die Berufung der Bfin. auf das Urteil des Senats I 76/51 U geht fehl. Streitig war in dem dortigen Fall, ob die Steuerbefreiung für Mehrarbeitszuschläge nach § 34 a EStG auch zu einer Befreiung von der Lohnsummensteuer führt, obwohl diese Steuerbefreiungsvorschrift sich bei den Tarifvorschriften befindet. Der Senat hat die Frage bejaht, weil es sich sachlich um die Steuerbefreiung eines Teiles des Bruttoarbeitslohnes gehandelt hat. In dem von der Bfin. weiter angeführten Urteil I 109/52 U hatte sich der Senat ebenfalls mit der Steuerpflicht eines Bestandteiles des Bruttoarbeitslohns, nämlich der Krankengeldzuschüsse, zu befassen. Auch auf dieses Urteil kann sich daher die Bfin. nicht mit Erfolg berufen.
Im Gegensatz zu diesen und ähnlichen Befreiungsvorschriften werden durch § 39 EStG in Verbindung mit der Grundtabelle A (Ziffern 2 a, 2 b und 4) und § 41 EStG in Verbindung mit den §§ 20, 20 a - c und 25 LStDV nicht einzelne Lohnvergütungen als Bestandteile des Bruttoarbeitslohns von der Lohnsteuer freigestellt, vielmehr bleiben lediglich zum Zweck der Steuerberechnung ziffernmäßig bestimmte Beträge unberücksichtigt. Der Abzug dieser Beträge von den der Lohnsummensteuer zu unterwerfenden Vergütungen, der ein Eingehen auf die persönlichen Verhältnisse jedes einzelnen Arbeitnehmers erfordern würde, würde im übrigen auch dem Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer, zu der die Lohnsummensteuer gehört, widersprechen.
Zusätzlich wird bemerkt, daß die Grundtabelle A durch das Gesetz zur änderung steuerlicher Vorschriften und zur Sicherung der Haushaltsführung vom 24. Juni 1953 (Bundesgesetzblatt I S. 413) mit Wirkung ab 1. Juni 1953 beseitigt und zusammen mit der Tabelle B (Einkommensteuer für Einkommen bis 5.000 DM) durch die Einkommensteuertabelle (Anlage zu § 32 EStG) und Jahreslohnsteuertabelle (Anlage zu § 39 EStG), die beide nur Tarifzahlen enthalten, ersetzt worden ist. Auch hieraus ergibt sich, daß die nunmehr in diesen beiden Tabellen aufgegangenen Bestimmungen der Grundtabelle A nur der Steuerberechnung gedient, also lediglich Tarifcharakter besessen haben.
Hiernach war die Rb. als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 408434 |
BStBl III 1956, 130 |
BFHE 1956, 350 |
BFHE 62, 350 |